Kaltes Grab

  • HarperCollins
  • Erschienen: Januar 2002
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  • London: HarperCollins, 2002, Titel: 'Blood on the Tongue', Seiten: 424
  • München: Manhattan, 2004, Seiten: 544, Übersetzt: Gerald Jung
  • München: Goldmann, 2005, Seiten: 538
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Sabine Reiß
83°1001

Krimi-Couch Rezension vonMär 2004

Der Krimi steht nicht so sehr im Vordergrund

Der Wintereinbruch in Derbyshire hat nicht nur zur Folge, dass Personalmangel bei der Polizei aufgrund von diversen Krankheiten herrscht, sondern auch, dass die Besatzung eines Schneeflugs die Leiche eines Mannes zu Tage fördert. "Der Schneemann", so wird er von den Beamten genannt, hat nichts bei sich, was die Identifizierung ermöglicht. Einige Tage später wird die Leiche einer jungen Frau in den Hügeln gefunden, bei der nicht klar ist, ob es sich um Selbstmord oder Mord handelt. Sie hat vor kurzem ein Baby geboren, doch von ihm findet sich keine Spur. Einen Abschiedsbrief hat sie nicht hinterlassen.

Alle Hände voll zu tun also für Detective Sergeant Diane Fry und Detective Constable Ben Cooper. Da fehlt es noch, dass eine Frau aus Kanada namens Alison Morrisey auftaucht, die mehr über den Verbleib ihres Großvaters herausfinden möchte. Daniel Mc Teague gehörte zur Besatzung eines Lancaster-Bombers, genannt Sugar Uncle Victor, der im Zweiten Weltkrieg an der Spitze des Irontongue Hill abgestürzt ist. Fünf der sieben Besatzungsmitglieder starben, Mc Teague ist seitdem verschwunden und gilt als Deserteur. Der andere Überlebende, eine Pole namens Zygmunt Lukasz, der in Edendale nahe der Absturzstelle wohnt und dessen Cousin ebenfalls bei dem Absturz umgekommen ist, könnte möglicherweise zur Aufklärung beitragen, schweigt jedoch beharrlich.

Es gehört zwar nicht zu Ben Coopers Aufgaben, Alison zu helfen, aber er hatte schon immer die Neigung, alles zu einem bestimmten Thema herausfinden zu wollen. Deshalb macht er sich neben den Untersuchungen im Schneemann-Fall auf eigene Faust auf den Weg um herauszufinden, was damals vor 57 Jahren passierte.

Gekonnte Verknüpfung von Gegenwart und Vergangenheit

Das Thema fesselt: Nicht nur die Nachforschungen zum Verbleib des verschollenen Piloten, sondern generell die Untersuchungen des Flugzeugabsturzes und der damit verbundene Blick auf das Leben der polnischen Gemeinde. Was zunächst zusammenhangslos erscheint, wird vom Autor gekonnt verknüpft - Gegenwart und Vergangenheit. Kaum eine Frage bleibt offen und man merkt deutlich, dass der Autor seine Handlung gut strukturiert hat, ohne zu Beginn gleich alles offen zu legen.

Die Grundstimmung ist nicht mehr so düster wie im Debütroman "Kühler Grund" und die Landschaftsbeschreibungen, die dort teilweise noch übertrieben wirkten, hat der Autor zurückgenommen. Nur noch manchmal muss man sich über Sätze wie den folgenden wundern:

 

"Bis zum Morgen war Marie Tennents Körper in seiner Fötus-Stellung erstarrt und wie ein Tiefkühlsuppenhuhn im Supermarkt mit Frost überzogen." (S. 18)

 

Wenn man sich daran gewöhnt hat, liest sich der Krimi trotz des Umfangs leicht. Auch wenn Stephen Booth dazu neigt, fast alles recht ausführlich bis ins kleinste Detail zu beschreiben, kommt keine Langeweile auf. Allerdings hätte der Verzicht auf einige Einzelheiten auch nicht geschadet.

Die Entdeckung der Langsamkeit

Auch die Beziehung des ungleichen Ermittlerduos mit Diane Fry als Person, die nur auf Fakten vertraut, und Ben Cooper als Menschen, der ganz und gar seinen Gefühlen folgt, nimmt nicht mehr ganz so viel Raum ein wie im ersten Band der Reihe. Inzwischen ist sie seine Vorgesetzte, was neuen Zündstoff in sich birgt.

Fakt ist: Der Krimi steht nicht so sehr im Vordergrund, es ist das Gesamtpaket, das die Spannung erzeugt. Positiv wie negativ: Es geschehen viele Dinge gleichzeitig, ohne dass wirklich etwas passiert. Einen typischen Inspector-Krimi sollte man von Stephen Booth nicht erwarten, der Autor ist ein Geschichten-Erzähler, der die Langsamkeit zelebriert.

Kaltes Grab

Stephen Booth, HarperCollins

Kaltes Grab

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