15 Sekunden (Die Wase-Rahimi-Reihe 1)
- Penguin
- Erschienen: Mai 2025
- 0


Hier passt nicht alles zusammen...
Die Gerichtsmedizinerin Farah Rosendahl hatte sich von Anfang an nicht so recht auf dem Empfang wohlgefühlt. Da war die zu erwartende Selbstbeweihräucherung ihrer Chefin, gleichzeitig das Verschweigen ihrer Leistungen am Projekterfolg und nicht zuletzt die allgemein lahme Veranstaltung. Farah beschließt, schnell zu verschwinden. Nicht einmal dem attraktiven Kollegen Lars gelingt es, ihre Meinung zu ändert. Natürlich dachte sie später manchmal, dass es besser gewesen wäre, noch ein wenig auf der Feier zu bleiben. Denn dann wäre sie später nach Hause gefahren und der Mann wäre nicht plötzlich am Fahrbahnrand aufgetaucht und vor ihren Wagen gerannt. Er hätte sich nicht wie ein Zombie wieder aufgerappelt und hätte nicht in ihren Armen mit letzter Kraft eine Warnung vor einer anderen Person ausgestoßen - vor einer Person, die gefährlich sei und die ihm in der Dunkelheit auf der Spur sei.
Schwieriger Auftakt
Die deutsche Autorin Chris Warnat erzählt in ihrem ersten Thriller von der Rechtsmedizinerin Farah Rosendahl. Sie wird auf ihrer Heimfahrt an einem Verkehrsunfall beteiligt, an dem sie keine Schuld trägt, der aber eine ganze Kette von Ereignissen lostritt. Bei weiteren Untersuchungen des Unfallumfeldes wird eine verborgene Hütte entdeckt, in der es Spuren von großen Blutmengen gibt. Die Polizei nimmt unter der Leitung von Kommissar Wase Rahimi die Ermittlungen auf und stellt alsbald fest, dass sie möglicherweise einem/r Serientäter*in auf die Spur gekommen ist. Warnat erzählt diese Verstrickungen glaubhaft und routiniert. Lebensecht wirken auch ihre Beschreibungen des Polizeialltags.
Ein paar Schwierigkeiten hatte ich allerdings mit dem Auftakt ihrer Geschichte. Würde sich die Polizei nach einem klaren Autounfall mit einfacher Schuldfrage tatsächlich die Arbeit machen, das Unfallumfeld noch einmal genauer zu inspizieren? Selbst dann, wenn die Unfallbeteiligte eine alte Freundin wäre? Würde sie eine Hütte dann tatsächlich nach allen Regeln der Kunst von der Spurensicherung untersuchen lassen, nur weil möglicherweise ein Jäger ein erlegtes Wildschwein ausbluten ließ? Einiges wirkt hier schon ein wenig "zurechtgebogen". Mich wunderte auch, dass immer wieder auf dramatische Ereignisse aus dem Vorleben der beteiligten Polizisten eingegangen wurde. Manchmal hatte ich den Eindruck, ich hätte den Auftakt zu einer Serie verpasst - möglicherweise ist ein Vorgänger zu den "Fünfzehn Sekunden" auch noch nicht erschienen. Dennoch irritierten mich diese teilweise weitschweifigen Hinweise auf die Vergangenheit der Ermittler immer wieder.
Gerne mehr von Wase Rahimi
Nicht so recht warm wurde ich auch mit der Heldin Farah Rosendahl und mit den Beschreibungen ihres Lebens. Zu ihrer Person hatte ich den Eindruck, dass zwar eine klare, eigenständige Figur präsentiert werden sollte, die aber dann, wenn es ungemütlich wird, praktischerweise immer eine Schulter zum Ausweinen in nächster Nähe hatte. Vollkommen unverständlich war für mich die Liebesgeschichte, die sich zwischen ihr und dem eifersüchtigen Rechtsanwalt Frederick abspielte. Ebenso schwer nachvollziehbar war für mich, warum eine Angestellte im öffentlichen Dienst wegen eines Unfalls mit schwebender Schuldfrage tatsächlich suspendiert werden kann. Hier hätten sicher einige Punkte noch einmal kritisch überarbeitet werden können.
Auch an der Auflösung des Falles gefielen mir einige Aspekte nicht. Wenn ein*e Täterin*in tatsächlich so dämlich ist, die Körper ihrer Opfer in einem bestimmten Umfeld zu begraben, sollte das nicht die Ermittlungen in eine ganz bestimmte Richtung lenken? Tatsächlich dachte ich manchmal, dass der knapp 450 Seiten starke Thriller schneller hätte aufgelöst werden können.
Wer sich aber jetzt fragt, warum ich bei allem Gemecker dann doch noch 75° vergebe, der sei auf den Ermittler Wase Rahimi hingewiesen. Seine sensiblen und feinfühligen Ermittlungen bilden sicherlich einen Höhepunkt des Buches. Rahimi kümmert sich nicht nur um den Schmerz der Opferangehörigen, sondern auch um den seiner Kollegen und Freunde. Er ist im ansonsten problemgeplagten literarischen Ermittlerumfeld eine neue, frische Erscheinung. Von ihm möchte man tatsächlich mehr lesen.
Fazit
Chris Warnat präsentiert zum Auftakt ihrer Serie über den Kommissar Wase Rahimi und der Gerichtsreporterin Farah Rosendahl einen abschnittsweise spannenden und manchmal etwas überkonstruierten Thriller. Manchmal ist noch Luft nach oben, aber dennoch kann man sich sicherlich auf den nächsten Band um dieses Duos freuen.

Chris Warnat, Penguin
Deine Meinung zu »15 Sekunden (Die Wase-Rahimi-Reihe 1)«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!