Das Gebot der Rache

  • HarperCollins
  • Erschienen: Mai 2023
  • 0
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Carola Krauße-Reim
50°1001

Krimi-Couch Rezension vonJul 2023

Am Anfang steht ein Grab

Das Oberhaupt der tonangebenden Verbrecherfamilie Schottlands wurde ermordet. Seine Leiche wird unter einer schweren Grabplatte auf einem verlassenen Friedhof gefunden. Detective Max Craigie und seine Kollegin Janie Calder ermitteln, doch sie werden von ihren Vorgesetzten zeitlich enorm unter Druck gesetzt und auch die Familie des Toten erwartet Ergebnisse. Während der losgetretenen Blutrache zeigt sich, dass der Familienclan immer einen Schritt voraus ist und scheinbar sehr großen Einfluss auf höchste Polizeikreise nehmen kann. Das stellt Craigie und Calder zusätzlich vor mehr als eine Herausforderung.

„Dieses Grab niemals öffnen“

Neil Lancaster kennt das Metier. Als ehemaliger Militärpolizist und Detective bei der Metropolitan Police in London weiß er wovon er in seinen Krimis spricht, die er seit seiner Pensionierung 2015 schreibt. Mit dem vorliegenden Buch beginnt er eine neue Serie rund um Max Craigie, der wie Lancaster selbst in Schottland wohnt und arbeitet. Laut eigenen Angaben, war es ein Fan, der Lancaster von einem Grab auf einem heruntergekommenen Friedhof in den Highlands erzählte, auf dem die Inschrift „Dieses Grab niemals öffnen“ prangte. Beide, Fan und Autor, fanden, es sei ein guter Anfang für einen Krimi: „In meinem Schädel brodelten die Ideen, und ein paar Tage später begann ich zu schreiben, und ein paar Monate später war „Das Gebot der Rache“ fertig“. Vielleicht hätte sich Lancaster ein wenig mehr Zeit lassen sollen, denn überzeugend ist sein Hard-Boiled-Krimi nicht durchgehend.

Ein Verbrecherclan auf Rachefeldzug

Dass die Organisierte Kriminalität auch im beschaulichen Schottland Einzug gehalten hat, wird wahrscheinlich niemand verneinen, doch was Lancaster hier abliefert, dürfte nur zum Teil realistisch sein. Es ist plausibel, dass die Familie wissen will, wer hinter dem Mord an ihrem Oberhaupt steckt, doch der Grund warum sie eine Blutrache lostritt und wirklich absolut Unschuldige an der ganzen Angelegenheit ermordet, ist mehr als fraglich. Auch die Tatsache, dass für sie diese ausufernde Vendetta die alleinige Lösung ist, sie aber dennoch die Polizei „engagieren“, und das obwohl sie sowieso Einfluss auf höchste Polizeikreise haben, ist überhaupt nicht nachvollziehbar. Doch selbst wenn man das alles hinnimmt und das eigene logische Denken außer Kraft setzt, dürfte der Krimi nur ausgesprochene Hard Boiled Fans begeistern.

Die harten Jungs von der Polizei

Die bedauernswerteste Person in diesem Krimi ist nicht der Ermordete, sondern Detective Janie Calder. Als intelligente und gebildete Frau mit einem Verhalten, das so ganz anders ist als das ihrer männlichen Kollegen, hat sie es nicht einfach. Blöde Sprüche sind da noch das Harmloseste. Sexistische Anmache und offene Ablehnung muss sie jeden Tag erfahren. Wenn man bedenkt, dass Lancaster selbst Polizist war, kann man nur hoffen, dass nicht ausgerechnet hier die Realität dargestellt wird. Mit ihrem Partner Max Craigie hat Calder allerdings Glück. Der sieht in ihr einen Detective mit viel Potential und sonst nichts. Überhaupt hat er selbst mehr als ein Problem an der Backe, was ihn wesentlich mehr beschäftigt. Leider sind die beiden Hauptfiguren dennoch nur zum Teil gelungen. Sowohl bei Craigie als auch bei Calder scheint man immer nur an der Oberfläche zu kratzen. Nur selten lässt der Autor einen tieferen Blick in ihr Wesen zu. Cragie wird als eine Art Lonesome Rider dargestellt, der selbst untersagte Ermittlungen anstellt, ganz ohne Rücksicht auf die eigene Person. Und natürlich ist in erster Linie er es, der dem ganzen Schlamassel ein Ende setzt. Das in Verbindung mit der fehlenden Realitätsnähe des Plots, verhindert weitgehend die Spannung. Selbst die Sorge um weitere Opfer der Vendetta und die Frage, wer denn nun alles bei der Polizei geschmiert wird und wer der Maulwurf ist, fesselt kaum.

Fazit

Ein Krimi, der wenig überzeugt und sich durch nichts aus der Masse an Hard-Boiled-Krimis abhebt. Höchstens für Fans dieses Genres vielleicht ein gelungener Serienauftakt. Alle anderen müssen auf die Folgebände hoffen, von denen es bereits vier weitere im englischen Original gibt.

Das Gebot der Rache

Neil Lancaster, HarperCollins

Das Gebot der Rache

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