Die Klinik

  • Rowohlt
  • Erschienen: Februar 2023
  • 11
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Thomas Gisbertz
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2023

Gelungene Fortsetzung um Hamburger Ermittlerteam

Sechs Monate nach ihrer Zusammenarbeit im Fall des Influencermörders von Hamburg ermitteln Hauptkommissarin Franka Erdmann und ihr junger Kollege Alpay Eloğlu erstmals wieder gemeinsam. Dabei bekommen sie es mit einem seltsamen Fall zu tun. Der Architekt Malte Ostersetzer stürzt mit seinem Fahrrad und fällt so unglücklich mit dem Kopf auf den Bordstein, dass er mit einer schweren Schädelverletzung ins Koma versetzt wird. Als der junge Familienvater nach Tagen des Bangens nicht mehr in akuter Lebensgefahr schwebt und aus der künstlichen Bewusstlosigkeit erwacht, stirbt er plötzlich vollkommen unerwartet. Seine Frau Anna ist überzeugt, dass er umgebracht wurde. Niemand glaubt ihr, bis die Rechtsmedizin ihren Verdacht bestätigt: Malte wurde mit Betablockern getötet. Die Frage, die sich nicht nur das Ermittlerteam stellt: Wurde er versehentlich falsch behandelt oder absichtlich getötet? Bei der Untersuchung des Falls stoßen Erdmann und Eloğlu auf weitere mysteriöse Todesfälle in der Klinik. Treibt dort etwa ein Todesengel sein Unwesen?

Fortsetzung der Erdmann-Eloğlu-Reihe

Autor Hubertus Borck, geboren 1967 in Lübeck, ist ein deutscher Kabarettist, Schriftsteller, Drehbuch- und Theaterautor. Er war viele Jahre der kreative Kopf des Hamburger Musik-Kabarett-Duos Bo Doerek. Borck arbeitet heute als Theater- und Drehbuchautor und schrieb u. a. für „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“, „Wege zum Glück“ und die NDR-Produktion „Rote Rosen“.

Der sympathische Wahl-Hamburger und Preisträger des Schreibwettbewerbs „Rowohlt Rotation“ legt nach „Das Profil“, dem fulminanten Start seiner Erdmann-Eloğlu-Reihe, bereits wenige Monate später den zweiten Band um das ungleiche LKA-Ermittlerduo nach. Dieser ist ebenso flüssig zu lesen und extrem unterhaltsam, weist aber kleinere Schwächen auf.

Die Erlöserin

Hubertus Borck beweist mit dem zweiten Band seiner Reihe, dass sein herausragender Debütroman kein Zufall war. Die Geschichte um die mysteriösen Todesfälle in der Hamburger Karesis-Klinik ist klug aufgebaut und eher ungewöhnlich. Schnell merkt der Leser nämlich, dass man es mit zwei unterschiedlichen Tätern zu tun bekommt, die aus scheinbar ganz unterschiedlichen Motiven heraus handeln. Eine clevere Idee, die der Autor aber leider allzu früh aufdeckt. Im Mittelpunkt des Thrillers steht zunächst Mecki, eine 42-jährige Intensivpflegekraft, die wegen ihrer Fähigkeiten von Ärzteseite sehr geschätzt wird. Aber die Krankenschwester hat ein dunkles Geheimnis: Sie tötet Patienten, um sie von ihren Ängsten, Schmerzen und einem aussichtslosen Überlebenskampf zu erlösen. Menschen zu helfen, bringt ihr Befriedigung, sie aber zu erlösen ist für sie die wahre Erfüllung. Die Hingabe für Menschen, die aus ihrer Sicht Hilfe brauchen, bringt Sinn in ihr Leben. Bislang ist Mecki dabei so geschickt vorgegangen, dass ihre zahlreichen Morde in verschiedenen Kliniken unentdeckt blieben. Eine unliebsame Kollegin, die vor Jahren Verdacht schöpfte, wurde kurzer Hand - mit einem Blumenkohl als Mordwerkzeug - aus dem Weg geräumt. Nicht nur hier beweist Borck den für ihn typischen feinen Humor. Nun droht aber die gut gemeinte „Hilfestellung“ Mickis aufzufliegen, obwohl sie diesmal tatsächlich unschuldig ist.

Mörder gesucht

Der zweite Täter, der den schwerverletzten Malte auf dem Gewissen hat, ist leider allzu leicht und viel zu früh für den Leser erkennbar. War es im ersten Band der Reihe eine der großen Stärken des Romans, dass man als Leser stets das gleiche Wissen über den Täter besaß wie das Ermittlerduo, so schwächelt genau hier der zweite Band. Zwar hofft man als Leser bis zum Schluss, dass Borck noch eine falsche Fährte eingebaut hat, wird am Ende aber leider nur bestätigt.

Dies gilt auch für Meckis letztes „Opfer“. Auch hier ahnt man bereits in ersten Drittel des Romans, worauf die Handlung hinauslaufen könnte. Phasenweise scheint Borck die Leichtigkeit des ersten Romans zu fehlen. „Die Klinik“ wirkt vereinzelt zu konstruiert, weil nur so bestimmte Abläufe und „Zufälle“ funktionieren können. Dies trübt das Lesevergnügen etwas, auch weil die Spannung darunter mitunter leidet.

Was den aktuellen Thriller aber insgesamt so lesenswert macht, ist Borcks kriminalistischer Einfallsreichtum, seine latent ironische Schreibweise samt skurriler Einfälle und die temporeiche Handlung. Der Autor ist einfach ein wunderbarer Geschichtenerzähler, dem man gerne lauscht. Nicht zuletzt haben die Romane des Hamburgers auch stets einen ernsten, kritischen Hintergrund und somit einen Mehrgewinn, was ihn wohltuend vom Thriller-Mainstream abhebt. Diesmal rücken Themen wie Pflegenotstand, Überbelastung vom Pflegepersonal oder Profitmaximierung von Kliniken immer wieder - besonders am Ende - in den Fokus.

Fazit

Mit „Die Klinik“ gelingt Hubertus Borck erneut ein guter, aber phasenweise etwas vorhersehbarer Thriller, der aber durch einen wunderbar kurzweiligen, oft ironischen Erzählstil zu überzeugen weiß. Man begleitet dank Borck das Ermittlerduo Erdmann / Eloğlu einfach gerne bei ihrer Mörderjagd. Gerne mehr davon.

Die Klinik

Hubertus Borck, Rowohlt

Die Klinik

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