Die Gottesmaschine

  • Lübbe
  • Erschienen: Juli 2021
  • 4

- TB, 416 Seiten

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Thomas Gisbertz
82°1001

Krimi-Couch Rezension vonAug 2021

Packender Thriller um Wissenschaft und Glauben

Als Gefallen für einen guten Freund reist der römische Weihbischof Stefano Lombardi zu der abgelegenen Abtei L‘Archange Michel im Montblanc-Gebiet. Hier leben nicht nur Mönche des Benediktinerordens sondern auch Wissenschaftler aus aller Welt, die mit einem leistungsfähigen Supercomputer die Geheimnisse der Schöpfung erforschen. Aber der Frieden wird zerstört, als Lombardi den Mönch Sébastien, den er treffen sollte, tot auffindet. Die Leiche weist Spuren eines grausamen Rituals auf und ist mit rätselhaften Symbolen übersät. Gemeinsam mit der Quantenphysikerin Samira Amirpour findet Lombardi heraus, dass Sébastien eine folgenschwere Entdeckung gemacht hat. Und dieses Wissen wird nun auch für Lombardi und Amirpour lebensgefährlich.

Mysteriöse Forschung im Kloster

Der Automobilindustrielle und Vatikan-Kenner Alessandro Badalamenti bittet seinen Freund Weihbischof Stefano Lombardi um Hilfe. Sein Adoptivsohn Sébastien hat vor einiger Zeit seine Karriere am Kernforschungszentrum CERN aufgegeben, um in ein Sankt-Michael-Kloster einzutreten und dort zu forschen. Angeblich steht er kurz vor einer aufsehenerregenden Präsentation. Allerdings ist der Kontakt zu Sébastien plötzlich abgebrochen und Lombardi soll nun zur Abtei reisen, um nach ihm zu schauen. Vor Ort trifft der Bischof eine alte Bekannte wieder: die Physikerin Amirpour. Als ein Unwetter aufzieht und das Kloster von der Außenwelt abgeschnitten wird, müssen die beiden erkennen, dass in der Abtei nichts ist wie es scheint. Für beide beginnt nicht nur ein Kampf um Leben und Tod, sondern sie machen auch eine Entdeckung, die die Welt in ihren Grundpfeilern erschüttern wird.

Wissenschaftler und Autor

Der Österreicher Reinhard Kleindl ist nicht nur Autor, sondern auch begeisterter Kletterer und diplomierter Wissenschaftler. Er studierte an der Grazer Universität Theoretische Elementarteilchenphysik. Nach seinem Abschluss 2004 arbeitete Kleindl als Trainer im Bereich Sportklettern und begann 2006 als freier Journalist für Wissenschaftsthemen zu schreiben. Internationale Bekanntheit erlangte er aber zunächst als Extremsportler mit waghalsigen Slacklineaktionen. Unter anderem überquerte er die Victoriafälle. Bis 2016 betrieb Kleindl die Sportart professionell.

Der Autor gehört zu den aktivsten Wissenschaftserklärern Österreichs und schreibt derzeit freiberuflich für den österreichischen Wissenschaftsfonds FWF.

Nach Romanveröffentlichungen unter Pseudonym erschien 2014 sein erster Kriminalroman Gezeichnet um Chefinspektor Franz Baumgartner beim Haymon Verlag, zwei weitere Bände folgten. 2018 veröffentlichte Kleindl bei Goldmann seinen Thriller Stein. Im November 2019 folgte Die Klamm und nun im August 2021 Die Gottesmaschine bei Bastei Lübbe.

Der Name der Rose 2.0

Zugegeben: Zunächst wirkt der Roman wie eine Mischung aus Umberto Ecos Weltroman, einer Prise Dan Brown und etwas „Assassini“ von Thomas Gifford. Konservative Kleriker, Beschützer der Traditionen, Angst vor Machtverlust und Kirchenvertreter, die für ihren Glauben alles tun würden, sind Grundpfeiler dieser Romane.

Aber Kleindls Thriller bietet mehr, ist anders, ja zeitgemäßer, weil er die Frage aller Fragen zum Mittelpunkt seines Romans macht: Gibt es einen Gott? Oder vielmehr: Lässt sich dessen Existenz mithilfe der Wissenschaften in irgendeiner Form belegen? Wissen und Erkenntnis zu erlangen, gehört seit jeher zu den größten Sehnsüchten der Menschheit. Dies gilt für die Wissenschaft ebenso wie für die Gläubigen gleich welcher Religion. Genau von dieser Sehnsucht wird auch der Mönch Sébastien getrieben. Seine Erkenntnisse aber könnten die Welt aus ihren Angeln heben. Was wäre, wenn man die Existenz Gottes be- oder widerlegen könnte? Wie würden die Menschen weltweit reagieren?

Spannung bietet der Roman dadurch gleich in zweierlei Hinsicht: Zum einen gilt es die Frage zu klären, was Sébastien entdeckt hat und welche Antwort man auf die Frage nach der Existenz Gottes erhält, zum anderen beginnt eine höchst unterhaltsame Suche nach dem Mörder. Atmosphärisch sehr dicht beschreibt der Autor, wie sich Weihbischof Lombardi in der von der Außenwelt abgeschnittenen Abtei auf die Suche nach ihm macht. Die Jagd führt den Bischof, zum Teil gemeinsam mit der Physikerin Amirpour durch unzählige Geheimgänge und dunkle Verliese. Gleichzeitig ist die Abtei technisch aber auf dem neuesten Stand und verfügt über ein hochmodernes Forschungszentrum, das sich durch Spendengelder finanziert und von zahlreichen internationalen Wissenschaftlern genutzt wird.

Reinhard Kleindl ist bei aller Spannung aber kein Actionthriller á la Dan Brown gelungen - und das ist auch gut so. Der Roman bietet keine wilden Spekulationen und mysteriösen Geheimnisse, sondern basiert auf realen wissenschaftlichen Theorien und Fakten. So bieten vor allem die Gespräche zwischen der Physikerin Amirpour und Bischof Lombardi genügend Raum, Themen wie Glauben, Wissenschaft oder Kirchengeschichte sowie ihre Beziehung zueinander zu durchleuchten. Kleindl gelingt es, die Zusammenhänge nachvollziehbar darzustellen und gleichzeitig zum Nachdenken anzuregen. Aber oftmals bleibt weder den Figuren noch dem Leser bei diesem rasanten Thriller genügend Zeit dafür. Lediglich die Darstellung der Ereignisse im Vatikan wirken mitunter etwas unrund und passen nicht immer zum ansonsten guten Erzählstil.

Fazit:

Reinhard Kleindl bietet eine unterhaltsame Aufbereitung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse gepaart mit einer fulminanten Story. Dem Autor gelingt eine spannende Geschichte rund um Glauben, Religion, Wissenschaft, Physik, Mathematik und Kirchengeschichte - wissenschaftlich fundiert, kritisch betrachtet und packend umgesetzt.

Die Gottesmaschine

Reinhard Kleindl, Lübbe

Die Gottesmaschine

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