Todeskäfig

  • Hörbuch Hamburg
  • Erschienen: Januar 2018
  • 6
  • Hamburg: Hörbuch Hamburg, 2018, Seiten: 2, Übersetzt: Peter Lontzek
Todeskäfig
Todeskäfig
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Thomas Gisbertz
50°1001

Krimi-Couch Rezension vonAug 2018

Überzogener amerikanischer Pathos

Special Agent Sayer Altair und ihr Partner Vik Devereaux, aus der Abteilung für Verbrechen gegen Kinder, arbeiten beide für die zentrale Kriseninterventionseinheit des FBI. In ihrem ersten Fall bekommen sie es mit einem perfiden Mörder zu tun, der seine Opfer auf bizarre Art und Weise tötet. Er sperrt die Mädchen über Monate in einem Käfig ein, bis diese schließlich an Dehydrierung, verschärft durch Nahrungsmangel, sterben.

Das besondere ist aber, dass die Opfer einen extrem hohen Cortisolwert im Blut aufweisen. Dies deutet darauf hin, dass sie einem extremen Stresslevel ausgesetzt waren und regelrecht vor Angst starben. Auch weisen die Mädchen Bisswunden und Spuren von Drogen auf. Die Suche gestaltet sich auch deswegen so schwierig, da die Tatorte mit Sprengsätzen und Schussanlagen versehen sind. Auch scheint es eine undichte Stelle im Team zu geben, die den Senator und auch die Presse stets mit Informationen versorgt. Es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, als das nächste Mädchen verschwindet.

Autorin mit Erfahrung als Mordermittlerin

Ellison Cooper ist eine promovierte Anthropologin. Sie spezialisierte sich dabei auf die Bereiche kulturelle Neurowissenschaften, altertümliche Religion, Archäologie und Menschenrechte. Außerdem studierte sie Jura an der Georgetown University und arbeitete als Mordermittlerin beim Washington, D.C. "Public Defender Service", wo sie Einblick in das System der Kriminaljustiz erhielt.

In "Todeskäfig" lässt sie zum ersten Mal die FBI-Agentin Sayer Altair ermitteln.

Leider müssen erfahrene Mordermittlerinnen wie Ellison Cooper nicht auch unbedingt gute Schriftstellerinnen sein. Zumindest gilt dies für diesen Thriller. Der Debütroman ist voll mit patriotischen Plattitüden, stereotypen Figuren und leider auch inhaltlichen Schwächen. Hinzu kommt ein Mordmotiv, das - so außergewöhnlich es auch ist - erfahrene Leser bereits aus anderen Romanen (z.B. Stephen King: "Stark - The Dark Half") kennen.

Pathetische Sprach- und Worthülsen

Cooper versucht sämtliche Bereiche, in denen sie sich beruflich spezialisiert hat, in den Roman einfließen zu lassen. Vieles wirkt daher recht konstruiert und überbordend. Fast unerträglich erscheint ihr amerikanischer Pathos, der immer wieder durchscheint und den man aus amerikanischen Fernsehserien zu genüge kennt. Zahlreiche Aussagen von Sayer Altair ("Hoffen wir, dass wir den Fall noch heute im Laufe des Tages knacken und das vermisste Mädchen pünktlich zur Schlafenszeit wieder zu Hause ist.") oder der stellvertretenden FBI-Direktorin Holt ("Es sieht aus, als hätten Cindy und Ezra eine wichtige Entdeckung gemacht. Die werden wir nutzen, um den Bastard zu finden, der einen meiner Leute auf dem Gewissen hat.") wirken oftmals derart platt, dass man schon lachen muss.

Fehlende Zusammenhänge und widersinnige Inhalte

Leider gibt es im Thriller auch immer wieder inhaltliche Schwächen, die die Handlung unglaubwürdig erscheinen lassen. So ruft das erste Opfer zum Beispiel vor ihrem Tod die Polizei an. Wie das Mädchen, das in einem Käfig gefangen gehalten und dort auch später von den Ermittlern gefunden wird, an ein Telefon mit Festnetzanschluss gelangen konnte, bleib völlig offen. Genauso rätselhaft sind zum Teil die Ermittlungsmethoden. Wo das Mädchen schon einmal ein Telefon hat, ruft sie auch gleich ihren Vater, Senator Van Hurst, an.

Diesem gelingt es, diese Tatsache noch Tage nach dem Tod seiner Tochter geheim zu halten, da das FBI zwar die "unbekannte Nummer" (O-Ton) des ausgehenden Anschluss' überraschenderweise kennt, aber entgegen üblicher Polizeimethoden nicht überprüft, wer von diesem Anschluss außer der Polizei noch alles angerufen wurde.

Konstruierter Lösungsweg

Um Abstand vom Tod ihres Verlobten Jake zu gewinnen, stürzt sich FBI-Agentin Sayer Altair zu Beginn der Handlung in ihre Forschung. Als Neurowissenschaftlerin untersucht sie die Gehirne von Serienkillern. Bei ihren Forschungen geht es darum, derartige Kriminelle frühzeitig zu identifizieren, um zukünftige Taten zu verhindern. Der Leser sollte schon einmal den Pschyrembel neben sich legen, wenn Altair zum Beispiel ihrem Kollegen Devereaux erläutert, was genau sie in den Gehirnen zu finden glaubt. Das mag Neurowissenschaftler wie Ellison Cooper interessieren, den gemeinen Leser aber weniger, zumal es nicht zur Lösung des Falls beiträgt.

Stattdessen stellt die FBI-Agentin hanebüchene Verbindungen zwischen den entführten Mädchen und ihren Studien her, was schließlich sogar zur Lösung des Falls beiträgt. Nett ist an dieser Stelle der Versuch von Ellison Cooper, dies als absolut logisch und nachvollziehbar darzustellen. Mit den ständigen Verweisen auf Mythologie und Altertumskunde kann die Autorin zwar zeigen, was sie beruflich gelernt hat und wo ihre Interessenschwerpunkte liegen, sie wirkt dabei allerdings keineswegs überzeugend, da die Zusammenhänge in ihrer Ganzheit sehr konstruiert wirken.

Platte und stereotype Figuren

Scheinbar lieben die amerikanischen Leser ständig dieselben klischeehaften Figuren und Storys. Die stellvertretende FBI-Direktorin Holt spielt die knallharte, dominante Chefin, die dies besonders durch eine derbe, vollkommen unpassende Wortwahl zum Ausdruck bringt. Enzra, ein junger Kriminaltechniker und Computerexperte, erinnert mit seinen Tattoos, bunten Haaren und seinem exzentrischen, unkonventionellen Auftreten an "Abby" Sciuto, die Forensikwissenschaftlerin aus der TV-Serie "Navy CIS". Und typisch amerikanisch: Dass er bei einem Anschlag ihm Rahmen der Ermittlungen beide Beine verliert, hindert ihn nicht daran, vom Krankenbett aus Jagd auf den Killer zu machen. Auch der Profiler Andy Wagner passt in diese Reihe. Durch sein arrogantes, überzogenes Auftreten eignet er sich sogar prima also möglicher Täter.

Wenig überzeugender Schluss - wie der gesamte Thriller

Wer den Thriller bis zum Ende liest, darf sich dann auch nicht wundern, dass die Auflösung Fragen offen lässt. Der Täter betreibt über ein Jahrzehnt hinweg einen unfassbar hohen Aufwand, indem er immer wieder falsche Fährten legt, um andere in den Fokus der Ermittlungen zu rücken, sich in Sprengstoffkunde und neurowissenschaftlichen Studien weiterbilden muss und gleichzeitig einem geregelten Job nach geht.

Das eigentliche Motiv für seine Taten bleibt unglaubwürdig, da es auch eine ganz einfache Lösung gegeben hätte. Warum die bekannte US-Thrillerautorin Lisa Gardner bei diesem Thriller wahre Lobeshymnen anstimmt, indem sie Cooper bereits jetzt mit Kathy Reichs und Thomas Harris vergleicht, bleibt wohl ihr Geheimnis.

Todeskäfig

Ellison Cooper, Hörbuch Hamburg

Todeskäfig

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