Blutbuche

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2018
  • 1
  • München: Heyne, 2018, Seiten: 400, Originalsprache
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Stephanie Manig
95°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2018

Harte Thriller-Kost vom Feinsten

Wenn es sich bei "Blutbuche" von Ule Hansen um ein Musik-Album handeln würde, bekäme es sicher einen dieser schwarz-weißen Aufkleber verpasst, der vor einem überaus deutlichen Sprachgebrauch warnt: "Parental Advisory Explicit Content" - aufgrund anstößiger Texte nicht für Minderjährige geeignet. Denn das Autoren-Duo, bestehend aus Astrid Ule und Eric T. Hansen, hält in seinem zweiten Thriller um die Berliner Fall-Analystin Emma Carow nicht hinter dem Berg - sowohl was den Schreibstil, aber auch den Plot angeht. Allzu zart besaitete Leser sollten deshalb nicht unbedingt zu "Blutbuche" greifen, aber für Freunde der härteren Gangart bietet dieser Thriller Lesevergnügen par excellence.

Ausgangspunkt der Story sind mehrere mysteriöse Briefe, die der polnischen Polizei zugespielt wurden, und die Emma Carow in Amtshilfe auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen soll. Geschrieben wurden sie von Frauen, vermeintlichen Opfern, die in Polen gefangen gehalten werden. Spätestens als man dort auf mehrere abgetrennte Köpfe stößt, ist klar: Die Botschaften scheinen nicht nur echt zu sein - man hat es gleich mit einer ganzen Serie grausamer Morde zu tun. Und die Spur führt nach Berlin ...

Berliner Schnauze - immer auf den Punkt

Dass dieses Buch in der deutschen Hauptstadt spielt, spiegelt sich schon im Schreibstil von Ule Hansen wider: Schnoddrig, ohne lange Vorreden, derb, auf den Punkt - mitten in die Fresse, wenn man so will.

Beeindruckend ist allerdings, dass es den Autoren dennoch spielend leicht fällt, eine Atmosphäre zu erzeugen, in die der Leser vollständig eintaucht. Beispiel gefällig? Ein verlassenes Militärgelände ist einer der Handlungsorte. Dabei muss man sich als Leser nicht einmal anstrengen, um die modrig-feuchte Luft förmlich riechen zu können.

Emma Carow - harte Schale, weicher Kern

Obwohl man sich in diesem Buch auch gut zurechtfindet, ohne den ersten Band "Neuntöter" gelesen zu haben, ist es absolut kein Fehler, sich die Reihe chronologisch vorzunehmen. Bei Emma Carow handelt es sich nämlich um eine vielschichtige Persönlichkeit, deren Eigenheiten man besser versteht, wenn man den Auftaktband schon kennt.

Apropos: Das Attribut "vielschichtig" passt nicht nur auf die Hauptfigur, sondern auch auf die ganze Geschichte. Langeweile ist für Ule Hansen ein Fremdwort. Und so jagen die beiden Autoren Protagonisten und Leser durch eine temporeiche Story, führen sie auf falsche Fährten, spicken das Ganze mit Zuständigkeitsstreitereien im deutsch-polnischen Grenzgebiet sowie politischer Klüngelei und erwecken grausame Foltermethoden zum Leben.

Emma Carow ist eine Frau voller Widersprüche

Dazwischen: Emma Carow, die sich vor Jahren in der Hand eines Vergewaltigers befand und bis heute mit ihrer Vergangenheit kämpft. Eine psychisch angeschlagene Ermittlerin, die selbst vor hartem Sex mit einem Verdächtigen im Keller nicht zurückschreckt, eine, die ständig über Grenzen geht, die rebelliert. Alles in allem eine starke Frau, diese Emma Carow, aber eben auch schwach und verletzlich. Diese Gegensätze loten die beiden Berliner Schriftsteller hervorragend aus.

Die 480 Seiten dieses Buches lesen sich fast von selbst. Wer der Irre ist, der die Frauen gefangen hält, quält, ermordet und verstümmelt, weiß bis zum furiosen Finale nämlich weder das Ermittlerteam noch der Leser. Und bis dahin macht es das Autorenduo Ule Hansen verdammt spannend.

Blutbuche

Ule Hansen, Heyne

Blutbuche

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