Das Böse vergisst nicht

  • C. Bertelsmann
  • Erschienen: Januar 2017
  • 1
  • Venedig: Marsilio, 2014, Titel: 'Il male non dimentica', Originalsprache
  • München: C. Bertelsmann, 2017, Seiten: 448, Übersetzt: Anja Nattefort
  • München: Penguin, 2018, Seiten: 480, Übersetzt: Anja Nattefort
Das Böse vergisst nicht
Das Böse vergisst nicht
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Jörg Kijanski
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2017

Fulminanter Abschluss der Trilogie des Bösen

Juli/August 2011. Nachdem er vor fünf Jahren bei seinem letzten aktiven Fall angeschossen wurde, hat sich Commissario Michele Balistreri zurückgezogen. Er pendelt fast nur noch zwischen seiner Wohnung und seinem Büro, leitet die Mordkommission Roms, indem er vor allem schier unzählige Papiere unterzeichnet, und verfolgt die Ereignisse in Libyen, wo der Kampf gegen Gaddafi auf der Stelle tritt. Daran ändert sich zunächst auch wenig, als auf einem Kreuzfahrtschiff vor Elba die Hostess Melania mit ihrer zweijährigen Tochter auf mysteriöse Weise ums Leben kommt.

Plötzlich ändert sich die Lage für den Commissario

Doch plötzlich stürzen die Ereignisse über Balistreri herein, denn auf dem Schiff befinden sich unter den illustren Gästen der einflussreiche Senator Busi, die einstige graue Eminenz des Vatikans Mosignore Eugenio Pizzo, der Libyer Mohammad al-Bakri und Balistreris verhasster Vater Salvatore. Damit ändert sich alles, denn die vier betagten Herren waren bereits im August 1969 auf der Insel La Moneta bei Tripolis zusammen, wo Balistreris Mutter Italia unter ungeklärten Umständen starb. Bis heute ist Balistreri daher davon besessen, den Tod seiner Mutter aufzuklären.

"Ich habe mich daran gewöhnt, in einer Welt zu leben, in der die ersten Seiten der Zeitungen voll sind von Leuten, die im Knast sitzen, und Leuten, die eigentlich hineingehören."

Als Balistreri erfährt, dass sich unter den Gästen des Kreuzfahrtschiffes die Journalistin Linda Nardi befindet, steigt er in die Ermittlungen ein, schließlich hatten beide vor fünf Jahren eine kurze, wenngleich platonische Beziehung. Nardi recherchiert auf eigene Faust, ist in einem Geldwäscheskandal auf den Spuren von Busi und Pizzo, wodurch sie in größte Gefahr gerät. Balistreri kämpft plötzlich an etlichen Fronten und muss sich erneut seiner Vergangenheit stellen, denn die aktuellen Morde wären ohne den Tod seiner Mutter womöglich gar nicht erst entstanden. Und wer weiß wie Libyen heute aussähe, wenn der junge Balistreri damals Gaddafi erschossen hätte...

Sex and Crime, Krieg und Korruption, Anfang und Ende eines Despoten

Mike Balistreri wuchs in Libyen auf, sein Vater war dort einst der einflussreichste Italiener des Landes und war an Gaddafis Machtergreifung mit Hilfe seiner oben bereits erwähnten Freunde nicht ganz unbeteiligt. So erscheint es folgerichtig, dass im dritten und somit letzten Teil der "Trilogie des Bösen" die Ermordung Gaddafis gegen Ende der Handlung den zeitlichen Rahmen abschließt.

Der vorliegende Band ist eine kongeniale Fortsetzung von "Du bist das Böse" und "Die Saat des Bösen" und zeigt einmal mehr die unterschiedlichsten moralischen Facetten seines Protagonisten auf. In seiner Kindheit und Jugend war er ein Bandenführer, der vermutlich gänzlich in die Kriminalität abgerutscht wäre, wenn ihn seine Freunde nicht mit einem Komplott außer Landes gejagt hätten.

Zu seinem eigenen Schutz allerdings, denn da hatte sich sein gescheitertes Attentat auf Gaddafi soeben ereignet. Inzwischen steht er kurz vor seiner Pensionierung, lebt zurückgezogen und hat den schönen Dingen dieser Welt weitgehend abgeschworen. Dafür grantelt er gerne mit seinem treu ergebenden Mitarbeiter Corvu.

Gefühlt die Hälfte des Romans entstammt dem Vorgänger

Es tauchen erwartungsgemäß zahlreiche bekannte Figuren aus den Vorgängern erneut auf und die Bezüge vor allem zu "Die Saat des Bösen" sind unübersehbar. Viel mehr noch, man hat das Gefühl als hätte man den halben Roman schon einmal gelesen, denn in zahlreichen Rückblenden werden die Ereignisse rund um Italias Tod erneut erzählt (sprich wiederholt). Und zwar eins zu eins dank "copy and paste". Auch wenn dies einen unschönen Beigeschmack hinterlässt, so ist der - recht verschachtelte - Aufbau des Plots dennoch sehr ansprechend gelungen. Die Rückblenden nehmen das Tempo der aktuellen Ereignisse raus, gleichwohl rufen sie die dunklen Geschehnisse von damals in Erinnerung und treiben letztlich die Spannung damit voran.

Immer mehr versetzt man sich in die Situation Balistreris und will endlich wissen, wer womöglich Italia von dem Felsen gestoßen hat. Dabei muss man jedoch aufpassen, denn die Handlung spielt nicht nur in verschiedenen Zeitebenen, sondern wird auch aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Dass dabei die einzelnen Personen teils sowohl in der dritten wie in der ersten Person auftauchen, macht das Verständnis nicht immer einfacher.

Ein bisschen "Sex and Crime" gepaart mit zahlreichen Szenewechseln, einem ebenso ordentlichen wie titelgerechten Schuss Brutalität, ein ambivalenter Protagonist, den man nicht in sein Herz schließen muss - und einige Überraschungen im Finale machen die Trilogie des Bösen zu einem äußerst bemerkenswerten Gesamtwerk. Dabei sollte man "Das Böse vergisst nicht" trotz der erwähnten zahlreichen Rückblenden erst nach der Lektüre der beiden Vorgänger lesen.

Das Böse vergisst nicht

Roberto Costantini, C. Bertelsmann

Das Böse vergisst nicht

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