Endstation Heißen

  • Sutton
  • Erschienen: Januar 2014
  • 2
  • Erfurt: Sutton, 2014, Seiten: 224, Originalsprache
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Jörg Kijanski
60°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2014

Ermittlungen in Mülheim an der Ruhr, acht Jahre nach Kriegsende.

Kriminalinspektor Alfred Poggel hat eigentlich Grund zur Freude, denn sein bisheriger ChefStaatsanwalt Goeke ist nicht mehr im Dienst. Obwohl er seinen neuen Vorgesetzten, Heinrich Heinermann, noch nicht kennt, macht sich Poggel so seine Gedanken, ob es mit dem neuen Staatsanwalt denn wohl klappen kann. Zunächst aber steht ein Urlaub am Lago Maggiore an, den er seiner Vermieterin Anna Puff zu verdanken hat, denn diese hat keinen Führerschein, so dass Poggel als Fahrer einspringen muss. Kaum zurück überschlagen sich die Ereignisse. An der Endhaltestelle "Heißen Kirche" der Straßenbahnlinie 8/18 werden am 3. und 4 September 1953 zwei junge Frauen ermordet und sexuell missbraucht.

Staatsanwalt Heinermann drängt auf einen Erfolg. Nachdem zwei Zeuginnen Werner Hasenfuß am ersten Tatort gesehen haben wollen wird dieser kurzerhand in Untersuchungshaft genommen. Da er während des kurz danach stattfindenden zweiten Mordes aber ein lupenreines Alibi, eben die Untersuchungshaft, hat, muss er wieder freigelassen werden. Dies ruft einige Mülheimer Bürger auf den Plan, die den mutmaßlichen Sexualtäter am liebsten lynchen würden...

Endstation Heißen ist der zweite Fall des jungen Ermittlers Alfred Poggel aus der Feder des Autoren-Duos Monika Detering und Horst-Dieter Radke. Zahlreiche bekannte Figuren aus dem Debüt Blütenreine Weste spielen erneut mit, darunter die schon erwähnte Anna Puff, Poggels Mitarbeiterin Rosemarie Stankowski und Poggels heimliche Geliebte Thekla Schmitt, die ihren Lebensunterhalt als Prostituierte verdient. Einmal mehr rankt sich der Roman weitgehend um seinen eigenwilligen Protagonisten, der recht unsympathisch daher kommt. Poggel stieg von der Polizei (als Schupo) zur Kriminalpolizei auf und leitet nun die Mordkommission, da die älteren in Frage kommenden Kollegen nach dem Krieg als "vorbelastet" galten. Obwohl Poggel alles andere als ein Nazi ist, hat er größte Schwierigkeiten mit der neuen Zeitrechnung, was vor allem seine Kollegin Stankowski zu spüren bekommt. Dass sein überaltertes Frauenbild dem der Nazis sehr nahe kommt, ist Poggel zunächst nicht bewusst und birgt daher einigen Konfliktstoff.
Ein unsympathischer Ermittler und ein schwaches Finale enttäuschen.

Die Ermittlungen ziehen sich derweil in die Länge, da die wenigen Verdächtigen allesamt über Alibis verfügen. Die Lösung ist nahezu ausschließlich der unbeliebten Kollegin Stankowski zu verdanken und am Ende stellt sich (immerhin) die Frage, ob sich Poggel und Stankowski in einem eventuellen dritten Fall womöglich doch noch "anfreunden" werden. Die Art der Auflösung ist sehr simpel, allerdings darf man nicht vergessen, dass der Fall 1953 spielt und es da einige der heute als selbstverständlich geltenden Hilfsmittel bekanntlich noch nicht gab; gleichwohl hätte man hier etwas mehr erwartet. Erneut ist viel Ruhrpott-Dialekt zu lesen, was dem Roman einen gewissen Charme verleiht.

Die Stadt Mülheim an der Ruhr hätte es einmal mehr verdient gehabt, eindringlicher vorgestellt zu werden. Jürgen Heimbach hat in seinem aktuellen Roman Alte Feinde mustergültig vorgeführt, wie man eine deutsche Stadt in der Nachkriegszeit "äußerst lebendig" darstellen kann. Stattdessen belegt hier eine Side-Story, die keinen Bezug zur Lösung des Falles hat, sehr viel Platz und dies bei einem Roman von ohnehin nur knapp 210 Seiten.

Endstation Heißen

Monika Detering, Sutton

Endstation Heißen

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