Stieranger

  • audio media
  • Erschienen: Januar 2014
  • 4
  • Berlin: audio media, 2014, Seiten: 5, Übersetzt: Michael Schwarzmaier
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Andreas Kurth
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2013

Bajuwarischer Hallodri auf Verbrecherjagd

Karl-Heinz Hartinger, gewiefter Lokalreporter in Garmisch-Partenkirchen, bekommt einen ungewöhnlichen Auftrag, den er allerdings nicht ablehnen kann. "Gonzo", wie ihn seine Freunde nennen, soll dem Unternehmer Oliver Klammert, der in der Doppel-Gemeinde einen neuen Standort sucht, beim Joggen die ganze Gegend zeigen. Der stinkreiche "selfmade-man" hat stets seinen geliebten Hund dabei, und dem Vierbeiner steigt im Grand Hotel Sonnenbichel plötzlich ein Geruch in die Nase, den auch Gonzo sofort identifiziert. Auf dem Dachboden des Hotels liegt eine teilweise mumifizierte Leiche – und damit beginnt für Hartinger ein neuer Fall, der sich einmal mehr als überaus verworren herausstellt. Menschen werden von Neonazis entführt, der umtriebige Bürgermeister mischt wieder einmal bei der ganzen Sache mit, und es gibt Verbindungen in hohe politische Kreise. Hartinger selbst gerät in Gefahr, und muss all seine Talente aufbieten, um heil aus der ganzen Sache heraus zu kommen.

Gonzo ist ein liebenswürdiger Hallodri

Marc Ritter hat zwei Roman-Reihen, die er erfolgreich seinen Lesern anbietet. Während es in den Romanen um den Deutsch-Vietnamesen Thien-Hung Baumgartner um große Verschwörungen und medienwirksame Spektakel geht, kommt Gonzo Hartinger deutlich bescheidener daher. Mit der Reihe um den ausgebufften Fotografen des Lokalblättchens im Möchtegern-Olympiaort bedient Ritter scheinbar eine andere Leserschaft – wobei mir persönlich beide Protagonisten gut gefallen. Hartinger ist ein liebenswürdiger Hallodri, wie man in Bayern sagen würde. Er ist mit reichlich journalistischer Neugier ausgestattet, macht überall seine Bilder, auch wenn er manchmal noch nicht so genau weiß, wofür er sie benötigen wird. Gonzo hat das Talent, immer wieder dort aufzutauchen, wo es interessant wird - er aber eigentlich gar nichts zu suchen hat. Der Lokalreporter gibt dem Leser auch so einiger Einblicke in den speziellen Berufsalltag eines Journalisten in der Provinz. Und Garmisch-Partenkirchen ist - bei allen olympischen Ambitionen – Provinz pur. Derart humoristisch angehauchte Kriminalromane aus dem bajuwarischen Land gleiten schnell mal in den Klamauk ab. Das kann ich bei Marc Ritter nicht feststellen. Er kombiniert die Mundart mit Mutterwitz, Schlagfertigkeit mit einer gewissen Chuzpe seines Protagonisten, und lässt am Rande dann aus dem fernen München etwas große Politik einwirken. Im Grunde eine wirklich gute Mischung.

Bayrische Spezl-Wirtschaft nicht übertrieben

Bei der Frage nach dem denkbaren Realitätsgehalt wird der eine oder andere in dieser Hinsicht kritische Leser wohl etwas die Augen kneifen müssen. In den Hartinger-Romanen trägt Marc Ritter kräftig auf. Die Schlitzohrigkeit – um es diplomatisch auszudrücken – des örtlichen Bürgermeisters halte ich dabei für keineswegs übertrieben. Man kann genug Beispiele für die bayrische Spezl-Wirtschaft in der Sachbuch-Literatur finden, um davon auszugehen, dass Ritter in diesem Punkt eher nicht übertrieben hat. Alles andere mag hier und da dick aufgetragen sein. Aber die historischen Bezüge und Mutmaßungen sind recht gut recherchiert. So ist es bekannt, dass der Alpen-Raum als letzte Bastion der Nationalsozialisten vorgesehen war.

Flüssige und gute Unterhaltung

Neben Gonzo Hartinger lässt Marc Ritter wieder eine ganze Reihe liebenswürdiger Charaktere aufmarschieren, die rund um den umtriebigen Fotografen eine Art Unterstützer-Team bilden. Aber auch die bösen Buben sind auf eine ganz eigene Art liebevoll gezeichnet. Ritters Romane sind flüssig zu lesen, die Dialoge stimmig und authentisch. Die Abenteuer des Gonzo Hartinger kann man flott weglesen, man fiebert mit dem sympathischen Burschen mit und wird bestens unterhalten.

Stieranger

Marc Ritter, audio media

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