Tödliches Landleben

  • Pendragon
  • Erschienen: Januar 2013
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  • Bielefeld: Pendragon, 2013, Seiten: 256, Originalsprache
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Jörg Kijanski
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonDez 2012

Unterhaltsam, kurzweilig, überdreht.

Ende der 1970er Jahre gehörte Anna König einer Terrorzelle an, die man für mehrere Bombenanschläge verantwortlich machte. Ihr gelang die Flucht in die DDR, wo sie nach der Wende aufflog und für über zwanzig Jahre ins Gefängnis wanderte. Seit einem halben Jahr ist sie wieder auf freiem Fuß und versucht nun mit einer kleinen Erpressung des Landrates Maierhofer, ihrer alten Jugendliebe, an Geld zu kommen. Als es in einer Gaststätte zur Lösegeldübergabe kommt, erkennt sie in einer anderen Gruppe an der Stimme ihren alten Weggefährten Dirk Weber, der sie seinerzeit an die Polizei verraten hat um sich selber freizukaufen.

Anna König sinnt auf Rache, doch dann verschwindet sie plötzlich selber von der Bildfläche, was die Kripo Traunstein auf den Plan ruft. Hauptkommissar Gruber und Kriminaloberkommissarin Bischoff übernehmen den Fall und entdecken, dass Dirk Weber unter neuer Identität in der Nähe des Waginger Sees lebt; nicht weit von der Stelle, wo man den Wagen der vermissten König fand. Doch kaum haben die beiden ihre Arbeit begonnen, schaltet sich schon das Landeskriminalamt ein und übernimmt den Fall. Dies will vor allem Gruber nicht hinnehmen, da er vermutet, dass vor allem die Rolle Maierhofers vertuscht werden soll ...

"Wollen Sie mich auf den Arm nehmen, Herr Kollege?"
"Ganz im Gegenteil, ich bin voll und ganz auf Ihrer Seite. Deswegen habe ich bislang auch die Presse aus der Sache herausgehalten. Aber ich werde nicht zulassen, dass hier irgendwas unter den Teppich gekehrt wird, nur weil es politisch vielleicht opportun ist. Immerhin müssen wir inzwischen davon ausgehen, dass die Frau einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist, oder sehen Sie das anders?"
"Ich sehe nur, wie Ihre Karriere sich einem abrupten Ende zuneigt, mehr nicht."
"Meine sogenannte Karriere interessiert mich schon lange nicht mehr."

Straffer Plot mit plötzlichem Showdown.

Andreas Gruber und Ulrike Bischoff ermitteln für die Kripo Traunstein bereits in ihrem fünften Fall, in dem sich dieses Mal zwei Ex-Terroristen im beschaulichen Chiemgau unweit des Urlaubsortes Waging am See niedergelassen haben. Wem dies bereits zu viel an Fantasie ist, der wird im weiteren Verlauf noch weitere "haarsträubende" Entwicklungen erleben. Autor Wolfgang Schweiger hat jedenfalls eine Geschichte konstruiert, die über die normale Vorstellungskraft - sagen wir - leicht hinausgeht. Man würde sie gemeinhin als ziemlich abgedreht bezeichnen, wobei die realen Morde der NSU wohl auch niemand für möglich gehalten hätte.

Sieht man von den letzten hundert Seiten ab, in denen aus einem bis dahin spannenden Plot eine recht konstruiert wirkende Handlung entsteht, welche zudem im Finale recht unglaubwürdig erscheint, so ist "Tödliches Landleben" gleichwohl ein netter Zeitvertreib für zwischendurch. Sehr straff treibt der Autor seine Geschichte voran, es gibt kaum Atempausen und so lassen sich die rund 250 Seiten gut an einem verregneten Nachmittag bewältigen. Die Figurenzeichnung kommt – von Gruber abgesehen – sehr kurz daher, was schade ist, denn die dienstliche Beziehung zwischen Gruber und Bischoff gäbe doch einiges an Brisanz her, zumal im vorliegenden Fall die Beiden zu gänzlich unterschiedlichen Bewertungen der Ereignisse kommen.

Die Auflösung über das Verschwinden der Anna König, dem Ausgangspunkt der Geschichte, erfolgt ebenso plötzlich wie unvermutet. Wie gesagt: Alles ein wenig zu dick aufgetragen. Vom Schreibstil her dennoch angenehm zu lesen und wer in Traunstein oder Waging am See mal Urlaub machen möchte, findet hier durchaus die dazu passende Lektüre.

Tödliches Landleben

Wolfgang Schweiger, Pendragon

Tödliches Landleben

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