Kings of Cool

  • Der Audioverlag
  • Erschienen: Januar 2012
  • 8
  • Berlin: Der Audioverlag, 2012, Seiten: 5, Übersetzt: Dietmar Wunder
Kings of Cool
Kings of Cool
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Tim König
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2012

Keep coolly cool, boy! Don't get hot, ´cause man, you got some high times ahead.

Ein leichtes Buch, das sich optisch kaum von einer VHS-Hülle unterscheidet. Ein Buch, das man nicht liest, sondern konsumiert und verbraucht. Die schwarz bemalten Blattränder lösen sich mit einem leichten Reißen voneinander. Der Klappentext zählt 15 Wörter und eine Internetadresse. Das verrät ungefähr so viel über den Inhalt des Buches wie Street Art über die Buchregale einer Stadt.

Das ist Kings of Cool von Don Winslow und soll von Beginn an seinem Titel entsprechend cool wirken. Es erscheint in der "suhrkamp nova"-Reihe (ja, klein geschrieben). Noir hat ausgedient, stattdessen werden schwarz gebundene und bemalte Bücher verkauft, die von der Sonne Kaliforniens erzählen. Obligatorisch: Das Sequel des Buchs, Savages (dt.: Zeit des Zorns), startet nahezu zeitgleich in den Kinos. Das Buch ist offensichtlich nicht mehr als der Bestandteil einer Reihe von Produkten.

Was interessanterweise Raum für stilistische Freiheit gibt: Denn Kings of Cool ist ein Gedicht, das uns als Buch verkauft wird. Dabei natürlich kein Schiller, aber ein Bukowski, wo es brutal ist; ein E. E. Cummings, wo es erotisch ist und eine Plath, wo der Tod aus Verachtung vor der Gesellschaft geliebt wird. Doch Dichter sind kaum in Schlagworten festzuhalten ihr Wesen ist komplexer. Dennoch: Es gibt Gedichte, die cool sind, die sexy sind. Und dort bedient sich Don Winslow nur zu gerne.

Nicht nur Ophelia, die schöne Tote, ist eine Hauptperson ihr Name wird im gleichen Zug verstümmelt. Sie heißt schlicht O. Ein lyrisches Motiv der Moderne, eines, in dem Bambi -natürlich ironisiert- das Zeichen für Romantik sein kann und der Spruch ,old guys rule' der T-Shirt-Aufdruck eines alten, harten Hundes ist. Die Poesie ist also noch da aber als Werbetafel, als effizienter Dialekt der Coolness.

Damit schleift sich die Sprache von Kings of Cool einprägsam ins Gehirn. Der eigenwillige, aber effiziente Stil regt zum rhetorisch geformten Denken an. Wer Kings of Cool liest, und nicht stoppt, weil ihm die Zeilensprünge, das Spiel von Beschleunigung und Entschleunigung, hyperrealer Beschreibung und Aussparung der Bühnenhintergründe ein Ärgernis ist, der wird selbst zum King of Cool; zumindest in seiner eigenen Fantasie. Wer nicht nur weiter liest, sondern weiterdenkt, wird aber bald merken, dass Redundanzen auftreten und die Coolness ausgedient haben könnte. Cool ist nicht mehr cool. Zumindest ab Seite 200.

Öde wird nämlich es immer wieder, wenn mediale Ereignisse die persönliche Entwicklung der Charaktere erklären sollen. Das erscheint nicht falsch, wenn man an den Vietnam-Krieg oder 9/11 denkt und sich erinnert, was diese Ereignisse mit dem amerikanischen Selbstbild getan haben. Gleichzeitig ist es aber ein Gemeinplatz, der dem Leser kaum mehr Erkenntnisse über psychologische und kulturgeschichtliche Entwicklungen liefert, als Oliver Geissen in einer 60er-Show auf RTL.

Meistens erzeugt es aber ein gewaltiges Selbstbewusstsein, da man plötzlich alles zu überblicken glaubt: Warum die Hippiekultur untergegangen ist, mexikanische Drogenkartelle brutal sind und wie man sich als 20jähriger in einem Krieg wiederfinden kann, der von den Eltern begonnen wurde und weiter von ihnen genährt wird. Da ist RTL weit weg, weil man eben nicht immer alles überdenkt und Don Winslow ein Autor ist, der sein Handwerk versteht.

Praktisch heißt das, dass Don Winslow zwei Erzählstränge aufmacht, die Schritt für Schritt zusammenlaufen. Der erste Strang verläuft in der Gegenwart: Schnell, rhythmisch, überzeugend. Der zweite in der Vergangenheit: langsam, erst romantisierend, dann entromantisierend, tendenziell langweilig.

Dabei ist der Teil, der sich von den 60ern bis in die 80er zieht, keinesfalls schlecht neben der überaus starken Gegenwart bleibt er allerdings zurück, wirkt zuweilen gar gekünstelt. Eine Gratwanderung, die meistens gelingt und manchmal dumpf langweilt.

Wenn wir Don Winslow dies verzeihen, sehen wir ein tolles Buch vor uns. Ein Konsumgut vielleicht, aber eines, das sich konsequent literarische Freiheiten nimmt und dabei zu unterhalten weiß. Die großen Erklärungen bietet Kings of Cool wohl nur vordergründig und doch will man ihm glauben. Vielleicht, weil die Fiktion zu oft von der Wirklichkeit übertroffen wird; besonders, wenn es um Drogen, Waffen und Gewalt geht.

Kings of Cool

Don Winslow, Der Audioverlag

Kings of Cool

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