Die Gesichtslosen

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2011
  • 6
  • München: Heyne, 2011, Seiten: 368, Originalsprache
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Jörg Kijanski
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonOkt 2011

Gelungener Einstand für die Rechtsmedizinerin Carina Kyreleis.

Nach einem beruflichen Zwischenstopp in Mexico-Stadt ist die junge Knochen- und Mumienexpertin Carina Kyreleis nach München zurückgekehrt, um dort am Institut für Rechtsmedizin zu arbeiten. Dabei gibt es auch ein Wiedersehen mit ihrer Schwester Wanda, die als alleinerziehende Mutter für reichlich Durcheinander sorgt und ihrem Vater Matthias, genannt "Matte", dem legendären Leiter der Münchener Mordkommission. Doch mit ihren familiären Problemen kann sich Carina nur zeitweise aufhalten, denn kaum hat sie im Institut angefangen, wird sie durch ihren Vater schon in den ersten Mordfall hineingezogen. Eine Frau wurde in ihrer Wohnung aufgefunden, bedauerlicherweise ohne Gesichtshaut. Carina schaut sich die vermeintlich Ermordete näher an und stellt überrascht fest, dass die Frau noch lebt. Wenig später wird jedoch tatsächlich eine Leiche gefunden. Eine Teenagerin liegt seit längerer Zeit unter einem Kinderspielplatz begraben, ihr Schädel wurde skelettiert. Carina macht sich an die Rekonstruktion des Schädels und erzielt dabei überraschende Ergebnisse. Gemeinsam mit ihrem Vater nimmt sie die Jagd nach einem Serienmörder auf. Eile ist geboten, denn plötzlich ist Wanda wie vom Erdboden verschwunden.

Doch was hat das alles mit der Ermordung von Alfred Herrhausen im November 1989 zu tun und welche Rolle spielte hierbei die Stasi-Behörde der DDR?

Der Debütroman der 1967 geborenen Autorin Stephanie Fey spielt auf zwei Handlungsebenen. Einerseits in der Gegenwart mit dem oben angerissenen Plot, andererseits mit der Geschichte (im doppelten Wortsinn) Ende der 1980er Jahre. Hier arbeitet Rosa als Chefsekretärin des bayerischen Staatssekretärs im Innenministerium, wo sie heimlich für ihren Geliebten, der für die Stasi arbeitet, spioniert. Dabei stolpert sie eines Tages über Pläne, die später bei der Ermordung des Vorstandssprechers der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, eine wichtige Rolle spielen. Doch wieso hatte der Staatssekretär Monate vor dem tödlichen Attentat Kenntnis über die Pläne der "Dritten Generation" der RAF und vor allem, warum wurde der Anschlag nicht verhindert? Gekonnt werden die Ereignisse rund um das bis heute ungeklärte Attentat mit den gegenwärtigen Verbrechen verwoben und letztlich zu "einer" Geschichte zusammengeführt. Dies ist spannend, zumal man über weite Strecken nicht erahnen kann, wo zwischen den beiden Handlungssträngen der gemeinsame Nenner liegen soll. Zum Ende des Romans wird es ein wenig übertrieben, zu sehr konstruiert und vor allem geht plötzlich alles ganz schnell, aber dies schmälert im vorliegenden Fall den positiven Gesamteindruck nur bedingt.

Hier liefert eine neue Krimiautorin ein unbeschwert daher kommendes Debüt ab, welches sich vor der internationalen Konkurrenz nicht verstecken muss. Fans von Kathy Reichs und Co. sollten den "Gesichtslosen" durchaus eine Chance geben. Es könnte der Start zu einer vielversprechenden Serie sein. Die Protagonistin dürfte jedenfalls viele (weibliche) Fans gewinnen, denn sie agiert mit reichlich "weiblicher Intuition" bei gleichzeitiger Missachtung zahlreicher Vorschriften. Sich mit ihrer Chefin abzustimmen, ach was, da spielt man doch lieber ungefragt Miss Marple. Die Leserinnen und Leser (!) freut es, denn die knapp 370 Seiten lesen sich in einem Rutsch und das zeichnet gute Krimis letztlich aus. Man mag sie nicht aus der Hand legen.

Die Gesichtslosen

Stephanie Fey, Heyne

Die Gesichtslosen

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