Der Mord am Viadukt

  • Rowohlt
  • Erschienen: Januar 1963
  • 4
  • London: Methuen & Co., 1925, Titel: 'The viaduct murder', Seiten: 248, Originalsprache
  • Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1963, Seiten: 157, Übersetzt: Gerda Hieronymus
  • München: Heyne, 1974, Seiten: 159, Übersetzt: Gerda Hieronymus
  • Berlin: Tally-Ho!, 2011, Seiten: 241, Übersetzt: W. Rønne
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Wolfgang Weninger
25°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2011

Das große Gähnen

Der Tally-Ho! Verlag Robert Schulze aus Berlin hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine Serie von Krimis rund um das Golf-Spiel auf den Markt zu bringen. Bei Band 2 dieser Serie greift der Verlag auf einen "Oldtimer" zurück, denn der "Mord am Viadukt wurde bereits 1925 vom anglikanischen Priester Ronald Arbuthnott Knox geschrieben. Auf 241 Seiten, übersetzt aus dem Englischen von W. Rønne, werden wir auf den Golfplatz der fiktiven Ortschaft Paston Oatville entführt, wo sich die Herren, die sonst weiter nichts zu tun haben, als im Clubhouse zu sitzen oder auf dem Green zu wandern, zum nächsten Spiel aufmachen.

Carmicheal, Gordon, Reeves und Marryatt, alles laute illustre Mitglieder des Golfclubs, obwohl einer von ihnen sogar Pfarrer des Ortes ist, kommen aber nicht weiter als zum dritten Loch, denn einer der Bälle landet im Rough. Aber anstatt den Ball zu finden, entdeckt man eine Leiche mit zerschmettertem Gesicht, die offensichtlich aus einem Zug gefallen ist, der hier das Viadukt quert.

Weder haben die Herren genügend Vertrauen in die Polizei, noch kann sie ein simpler Tod davon abhalten, das vermeintliche Rätsel um die Identität des Toten zu lösen und danach, wie weiland Sherlock Holmes und Mr. Watson, auf die Jagd nach dem Mörder zu gehen.

Dass man dabei jegliche Kenntnis von Tatortsicherung und forensischen Methoden vermisst, ist auf Grund des doch schon sehr betagten Romans nicht verwunderlich, aber wie man hier mit dem Toten verfährt, ist schon grob fahrlässig und die Herren sind sich auch durchaus der Behinderung der Polizeigewalt bewusst. Doch zum Einen ist es für die Golfrunde zum Rätselspiel geworden und zum Anderen kann es eben nur einer aus dem Kreis der Golfer gewesen sein und das betrifft sowohl Opfer als auch Mörder.

Natürlich wirkt die Sprache dieses Romans deutlich antiquiert, kann aber doch in manchen Sequenzen einen durchaus schlitzohrigen Humor zu Tage befördern. Und wenn dieser nicht wäre, müsste man Der Mord am Viadukt ob seiner vielen Längen und seiner fast schon nicht vorhandenen Handlung vorzeitig zur Seite legen, so trivial läuft der Stoff ab. Alles ist schon mal dagewesen, alles ist vorhersehbar und alles bringt den Leser, der sich nicht auf ein historisches Sittengemälde vom Golfplatz eingestellt hat, zum Gähnen.

Es mag schon sein, dass es wichtig ist, solche alten Schmöker zu bewahren und gelegentlich als Spaß am damaligen Zeitgeist zur Erbauung zu lesen, aber dieser Erstling von Ronald A. Knox lässt jegliche Spannung vermissen. Die vier Hauptverantwortlichen für diese kriminalistische Leichenfledderei haben samt und sonders einen gehörigen Spleen und sind so abgehoben, dass sie dem heutigen Leser nicht sympathisch werden. Sie purzeln durch die konstruierte Handlung von einem Fettnäpfchen ins nächste und stellen sich an, als hätte man Mr. Bean neunzig Jahre zurück versetzt.

Sorry, Mr. Knox, aber dieses Überbleibsel aus der Mitte der Zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts hätte ich mir liebend gerne erspart. Und es gibt genügend positive Beispiele aus dieser Zeit, die auch heute nicht antiquiert und langweilig wirken, auch wenn ich mich diesbezüglich sehr kontrovers zum amerikanische Kritiker und Verleger Howard Haycraft stelle, der dieses Buch in seine berühmte Liste der Meilensteine des Genres aufnahm.

Der Mord am Viadukt

Ronald A. Knox, Rowohlt

Der Mord am Viadukt

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