Die Violine des Teufels

  • Droemer Knaur
  • Erschienen: Januar 2011
  • 1
  • Barcelona: Plaza Janés, 2009, Titel: 'El violín del diablo', Seiten: 424, Originalsprache
  • München: Droemer Knaur, 2011, Seiten: 530, Übersetzt: Alice Jakubeit
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Carsten Jaehner
58°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2011

Mord für die Konzertpause

Ane Larrazábal ist ein aufstrebendes Geigentalent mit gerade beginnender Weltkarriere, was natürlich auch Neider auf sich zieht. In der Pause eines Konzerts in Madrid wird sie stranguliert im Chorsaal aufgefunden, nachdem sie soeben noch das Capriccio Nr. 24 des "Teufelsgeigers” Paganini vor jubelndem Publikum aufgeführt hat. Sie ist tot, ihre Stradivari-Geige ist spurlos verschwunden, und auf ihrem Körper wurde ein Wort auf arabisch niedergeschrieben.

Im Publikum saß Polizeiinspektor Raúl Perdomo mit seinem Sohn, und da ein Polizist benötigt wird, ist er zur Stelle. Er besichtigt den Tatort, ehe die tatsächlich zuständigen Polizisten eintreffen. Commissario Manuel Salvador wird mit der Aufklärung des Mordes beauftragt, kommt aber kurz darauf bei einem Autoanschlag ums Leben, so dass Perdomo das Ressort wechselt und den Fall übernimmt.

Bei seinen Nachforschungen kommt er nicht nur der Familie der Geigerin und ihrem Verlobten Andrea Rescaglio, Cellist des Madrider Orchesters, näher, sondern auch der Posaunistin Elena Calderón. Verdächtige wie der Hausdirigent gibt es reichlich, zudem Neider wegen der Stradivari, die weiterhin verschollen bleibt. Diese Geige soll Paganini persönlich gehört haben und es wird gesagt, dass ein Fluch auf ihr laste und jeder seiner Besitzer sei bislang tragisch ums Leben gekommen, seit sie Paganini auf dem Sterbebett gestohlen wurde. Der seit eineinhalb Jahren verwitwete Perdomo forscht gegen Flüche und die Kapriolen seines pubertierenden Sohnes an und kommt mit Hilfe einer Wahrsagerin schließlich auf eine entscheidende Spur.

Musikkrimi mit mystischem Hintergrund

Joseph Gelinek, spanischer Musikwissenschaftler, hat mit Die Violine des Teufels nach Die 10. Symphonie seinen zweiten Musikkrimi vorgelegt. Dieses Mal geht es allerdings nicht um Beethoven, sondern um Niccolò Paganini, Komponist und Teufelsgeiger, der zu seiner Zeit berühmt und berüchtigt war, was an seiner hageren Statur und seinen großen Händen lag, mit denen er besonders schnell spielen und komplizierte Griffe machen konnte. In seinem Besitz befanden sich mehrere Stradivaris, von denen eine auf Umwegen zu Ane Lazarrábal gekommen sein soll, Wunderkind und frühe Leiche. Den Kopf der Geige hatte sie von einer Schnecke in einen Teufelskopf ändern lassen.

Der Fall der toten Geigerin ist dabei recht spannend geraten. Der Leser erhält Einblicke in die Konzertwelt, und dass auch dort nicht alles Gold ist, was glänzt, sondern dass Musik auch harte Arbeit macht, gerade Musik auf gehobenem Niveau. Neben dem Fall spielt auch Inspektor Perdomos Privatleben eine größere Rolle. Er ist seit eineinhalb Jahren verwitwete, seine Frau kam bei einem Tauchunfall ums Leben, und kümmert sich seitdem alleine um seinen Sohn, der auch selbst Geige spielt und in das besagte Konzert wollte. Immer wieder vermischen sich Berufsleben und Privatleben, bis sie sich sogar ergänzen.

Als Perdomo herausfindet, dass sich sein explodierter Vorgänger Salvador gelegentlich der Dienste eines spirituellen Mediums bedient hatte, um sich bei komplizierten Fällen helfen zu lassen, sieht er dem mehr als misstrauisch entgegen, sucht sie aber auf und unterhält sich lange mit ihr, kann mit ihren Methoden aber nichts anfangen und macht ihr das auch deutlich. Spätestens hier wird dem Leser deutlich werden, dass er sie natürlich noch einmal aufsuchen wird und sie um Hilfe bitten wird.

Große handwerkliche Schwächen

Wenngleich der Erzählstil flüssig ist und die Handlung zum Teil sogar spannend, kann der Roman nicht über seine handwerklichen Schwächen hinwegtäuschen. Wie schon in seinem ersten Roman deutlich merkbar, streut der Autor immer wieder kleinere "Wissensberichte” ein, die mit "Wussten Sie übrigens, dass...”, "Interessant ist auch, dass...” und ähnlichen Formulierungen beginnen und eingeleitet werden, und die mehr die Form eines Kurzreferates haben und daher sehr plump in die Dialoge einstreut werden. Dies macht er so deutlich und so häufig, dass es jedem geneigten Leser aufstossen und auf Dauer nerven muss. Schon in der "10. Symphonie” war dies überdeutlich, und seitdem hat sich vom diesem nervigen Erzählstil her nichts geändert.

Dass diese "Kurzreferate” nicht immer benötigt werden und auch gut hätten weggelassen werden können, ohne dem Leser zu große Wissenslücken zu bereiten, macht diesen Umstand noch ärgerlicher. Dabei erfährt der Leser durchaus interessante Sachen über Geigen an sich, die Geigen Stradivaris im besondern und andere wissenswerte Dinge, mit denen man mit Glück einmal bei "Wer wird Millionär” als Telefonjoker auftrumpfen kann, aber der Handlung dienlich sind diese Exkurse meist nicht.

Immerhin ist die Handlung an sich logischer und stringenter als in Gelineks Romandebüt, das teilweise noch recht hanebüchen daherkam. Die Figuren sind passend gezeichnet, der Musikerbetrieb nicht übertrieben gut oder schlecht dargestellt, und es gibt von Anfang an mehrere Verdächtige, was der Spannung durchaus dienlich ist. Hinzu kommt Perdomos sich anbahnende Liebelei mit der Posaunistin Elena, die man ihm gönnt. Einige Situationen jedoch geraten so durchsichtig, dass man problemlos einige Kapitel überspringen könnte, ohne den Faden zu verlieren. Ein kleiner Gag am Rande ist, dass Perdomo zwar nicht im ersten Roman Gelineks vorkam, wohl aber über den Fall in der Zeitung gelesen hat. Gut, dass dies nicht überfrachtet wird.

Zwiespältiger Eindruck

Interessant und stimmungsvoll sind die Szenen geraten, die in der Geschichte spielen und die letzten Stunden in Paganinis Leben und dessen Tod beschreiben. In diesen Momenten liegt die Stärke des Autors, und es zeigt sich, dass er mehr kann als nur kleine Kurzreferate mit einer Kriminalhandlung zu verbinden. Vielleicht sollte tatsächlich einmal versuchen, einen historischen Roman ohne erhobenen Zeigefinger zu schreiben.

Insgesamt ist Die Violine des Teufels besser gelungen als ihr Vorgänger, aber trotz allem weit weg von anderen Romanen des Musikkrimi-Genres. Sollte der Autor es schaffen, seine unnötigen Kurzreferate entweder wegzulassen oder geschickter und nicht so platt und offenölsichtlich in die Handlung einzubauen, würde man in seinen Romanen nicht so sehr vom Schreibstil abgelenkt werden und könnte sich mehr auf den Inhalt konzentrieren. Bleibt zu hoffen, dass er an seinem Stil arbeitet. So nimmt er sich selbst die Spannung, und das muss ja nicht sein.

Die Violine des Teufels

Joseph Gelinek, Droemer Knaur

Die Violine des Teufels

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