Der Frauenjäger

  • Argon
  • Erschienen: Januar 2011
  • 20
  • Berlin: Argon, 2011, Seiten: 6, Übersetzt: Andrea Sawatzki
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Jörg Kijanski
60°1001

Krimi-Couch Rezension vonDez 2010

Origineller Plot mit einigen Schwächen.

Marlene Weißkirchen erwacht in totaler Finsternis in einer Höhle. Doch wie kam sie dorthin und vor allem, wie kommt sie wieder heraus? Langsam und beschwerlich erforscht Marlene ihre Umgebung …

Über zwanzig Jahre vorher: Marlene, Karola, Annette und Ulla sind die besten Freundinnen und lernen in einer Diskothek die Freunde Werner, Christoph, Matthias und Andreas kennen. Wie es der Zufall will, finden sich vier Paare zusammen und so kommt es alsbald zu Nachwuchs und Hochzeiten. Doch die Ehen verlaufen sehr unterschiedlich. Karola wird nach dem zweiten Kind von Andreas sitzen gelassen (er verschwindet spurlos im Mai 2006) und lediglich Marlene hat in Werner den "perfekten" Ehemann gefunden, mit dem ein sorgenfreies Leben für alle Zeit garantiert scheint.

Januar 2010 - Wenige Tage vor Marlenes Verschwinden: In Annettes kleinem Buchladen hält die Autorin Heidrun Merz eine Lesung, in dem sie aus den Tagebüchern ihrer ermordeten Schwester Mona Thalmann vorliest. Merz wendet sich seit einiger Zeit an die Öffentlichkeit, in der Hoffnung, deren Mörder zu finden. Nach Merz’ Auffassung hat der Täter bereits mehrere Frauenmorde begangen. Mona hatte keine finanziellen Probleme, litt jedoch an schweren Depressionen und gab sich daher einem fremden Mann her. Ein fataler Irrtum. Angeblich habe Mona den Mann einmal als Andy, den Jäger, bezeichnet. Eine Anspielung auf Karolas Mann Andreas Jäger? Bei der Lesung ist nur ein einziger Mann anwesend und dieser stellt zum Schluss der Veranstaltung einige Fragen, die den Eindruck erwecken, als wäre die ganze Geschichte erfunden. Karola, inzwischen als Radiomoderatorin tätig, will die Geschichte am nächsten Tag groß in ihrer Sendung herausbringen, da überschlagen sich die Ereignisse. Merz stirbt auf der Heimfahrt bei einem Verkehrsunfall, den sie anscheinend hoch alkoholisiert verschuldet hat. Doch vor ihrer Rückfahrt hatte sie nichts getrunken. Zudem kommt Werner mit blutverschmierter Kleidung nach Hause…

Es ist nicht ganz einfach, den Plot der vorliegenden Geschichte zusammenzufassen, ohne das ganze Buch vorweg zu nehmen. Folgt man beispielsweise der kurzen Inhaltsangabe auf der Buchrückseite, so muss man bis zu der dort genannten Begegnung zwischen Marlene und Andreas bereits über 350 Seiten (von rund 430) gelesen haben. Der Frauenjäger ist trotz des ebenso reißerischen wie zutreffenden Titels eine interessante Geschichte, in der ein Mann Jagd auf Frauen macht, die seiner Meinung nach (selber "nutzlos" sprich untätig) vom Geld ihrer Männer leben und womöglich diesem noch Hörner aufsetzen. Wie man schnell erfährt, ist Marlene bereits die "Nummer neun".

Die Geschichte pendelt ständig zwischen Marlene in ihrem Gefängnis und den Ereignissen der letzten Tage und führt die Leser so langsam aber sicher zu jenem folgenschweren Ereignis, welches zu dem Verschwinden Marlenes geführt hat. Erstmals spannend wird es jedoch erst als Heidrun Merz aus dem Tagebuch ihrer Schwester vorliest und man merkt, dass es deutliche Parallelen zu Marlenes eigener Lebenssituation gibt. Bis dahin sind aber schon hundert Seiten ins Land gegangen, denn zunächst werden die Figuren ausführlich vorgestellt. Vier Frauen, vier Männer, dazu noch deren Kinder, da kommt einiges an (häuslichen und sonstigen) Problemen zusammen. Hier wäre eine Straffung und dadurch ein höheres Erzähltempo mehr als wünschenswert gewesen. Wie ein schwer beladener Tanker nimmt die Geschichte Fahrt auf, doch erst Mal auf Touren geht es spannend weiter. So wird das pro und contra um die Echtheit des Tagebuches umfassend diskutiert und ganz unterschwellig kommt die Gefahr für Marlene immer näher. Dumm nur, dass die Leser – dank des Buchrückens – schon vorab wissen, dass man erst einmal auf die Rückkehr des verschwundenen Andreas Jäger warten muss, bevor es zum finalen Showdown kommt. Und da dieser lange Zeit nicht kommt, nimmt dies doch ein bisschen von der Spannung, denn die Frage ist ja von vorneherein klar. Ist der mehrfache Frauenmörder, in dessen Fängen sich nun Marlene befindet, tatsächlich Andreas oder eben doch ein anderer Mann? Leider dürfte die Beantwortung dieser Frage vielen Lesern nicht all zu schwer fallen, da man die Zahl der hierfür in Frage kommenden Personen an einer Hand abzählen kann.

Eigentlich ein guter, da origineller Plot, der vor allem durch die Schilderung von Marlenes klaustrophobischer Situation in der Höhle glänzt. Die genannten Schwachstellen sorgen aber für deutliche Punktabzüge.

Der Frauenjäger

Petra Hammesfahr, Argon

Der Frauenjäger

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