Totenfeuer

  • Piper
  • Erschienen: Januar 2010
  • 3
  • München; Zürich: Piper, 2010, Seiten: 300, Originalsprache
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Andreas Kurth
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonOkt 2010

Schwierige Ermittlungen im eigenen Dorf

Bodo Völxen hat dem Drängen seiner Frau nachgegeben, und wird an den volkstümlichen Bräuchen in seinem Wohnort Holtensen am Deister teilnehmen. Dabei interessiert ihn weniger das archaische Osterfeuer, vielmehr will er bei Bier und Schnaps mit den Nachbarn in Ruhe klönen. Als dann bei Zusammenschieben des Feuers plötzlich eine angekohlte Leiche auf der Frontlader-Schaufel liegt, ist es mit der Ruhe vorbei. Der Hauptkommissar muss sein Team alarmieren und den Fall vor der eigenen Haustür aufklären. Als die Identität des Toten endlich feststeht, wird es richtig kompliziert für die Mordkommission Hannover, denn die Kumpanei im Dorf macht die Ermittlungen zu einer wahren Tortur.

In einem Interview nach dem ersten Roman um die Ermittler in der niedersächsischen Landeshauptstadt hat Susanne Mischke im Gespräch geäußert, sie wisse noch nicht, wie viele Folgen dieser Reihe sie schreiben werde. Schließlich wolle sie sich nicht auf so eine Serie festlegen lassen. Das muss sie auch nicht, aber dem mittlerweile dritten Band über das Team um Bodo Völxen und seine teilweise recht eigenwilligen Mitstreiter sollte sie noch einige Episoden folgen lassen. Denn es gelingt der Autorin, die Figuren glaubwürdig und sympathisch weiter zu entwickeln. Und das macht für Leser und Schriftstellerin den großen Reiz einer solchen Serie aus – da steckt noch genug Potenzial drin.

Das Privatleben des Teams wird recht unaufdringlich und authentisch begleitet. So steht das Küken des Teams, Jule Wedekin, kurz vor ihrer Verbeamtung - und ist höchst unglücklich in einen verheirateten Kollegen aus einer anderen Abteilung verliebt. Veteranin Oda Kristensen macht sich Sorgen um ihre 16-jährige Tochter, und Heißblut Fernando Rodrigez wohnt als 35-Jähriger immer noch bei seiner Mutter - denkt aber endlich ernsthaft ans Ausziehen. Und Bodo Völxen selbst hat nach wie vor seine liebe Not mit Familie und Schafherde. Da kommen die Mord-Ermittlungen im eigenen Dorf zur absoluten Unzeit. Wer selbst mal in so einem kleinen "Kaff" gewohnt hat, kennt die sozialen Zwänge, von denen sich auch der Leiter einer Mordkommission in der Landeshauptstadt nicht freimachen kann. Kenntnisreich und wortgewandt schildert Susanne Mischke diese dynamische Gemengelage aus Landjugend, örtlichen Jägern, Handwerkern und Landwirten. Und auch der Dorf-Pastor darf in der Geschichte nicht fehlen.

Wie gewohnt baut die Autorin einen gefälligen Spannungsbogen auf, der durch falsche Fährten, knifflige Vernehmungen und persönliche Befindlichkeiten immer wieder mit Nahrung gefüttert wird. Einmal mehr überzeugt Mischke mit gründlicher Recherche und der detailreichen Kenntnis der Gegebenheiten in Hannover und Umgebung. Dieser von ihr gewohnte Standard wird mit einer gut konstruierten Erzählung untermauert. Zwar betont die Autorin in einer kurzen Nachbemerkung ausdrücklich, dass es keine realen Vorbilder für die von ihr geschilderten Lebensgeschichten gibt, aber dass es solche oder ähnliche Biografien in Deutschland gab und gibt, ist ja kein Geheimnis. Selbst wenn man den Teil der Geschichte, in dem es um die Aneignung des Gutes im Dritten Reich geht, unberücksichtigt lässt, steckt genug Brisanz in der geschilderten Familiengeschichte. So genannte Altenteiler, die sich nahezu bis zum Lebensende ein Mitspracherecht auf landwirtschaftlichen Betrieben oder ehemaligen Höfen herausnehmen, dürften zu etlichen familiären Dramen führen – mehr darf hier nicht verraten werden. Auf jeden Fall ist die Erzählung für mich rundum glaubhaft und nachvollziehbar. Einmal mehr also ein echtes Lesevergnügen aus der Feder von Susanne Mischke – und ich freue mich jedenfalls auf eine weitere Episode mit dem knurrigen Völxen und seiner Truppe.

Totenfeuer

Susanne Mischke, Piper

Totenfeuer

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