Sententia

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  • Erschienen: Januar 2010
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  • --: --, 2010, Titel: 'Grievous error', Originalsprache, Bemerkung: nur als e-book erhältlich
Sententia
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Jürgen Priester
60°1001

Krimi-Couch Rezension vonJul 2010

Wir Mädels müssen zusammenhalten!

In schöner Regelmäßigkeit veröffentlicht der Fischer-Verlag die Romane von Elise Title. Mit aufeinander abgestimmten Covern und meist dem Lateinischen entlehnten Titeln, auch wenn sie selten Sinn machen, haben die Bücher einen hohen Wiedererkennungswert. Weder in Deutschland noch in den USA ist der Autorin mit ihren Thrillern der große Durchbruch gelungen, obwohl Romeo und Eros, ihre beiden ersten bei uns erschienenen Romane durchaus vielversprechend waren. Elise Title kommt aus der Romantik-Ecke und mit fünfzig Liebesromanen als Referenz wird sie wohl zurecht von Krimilesern mit Skepsis betrachtet. Ihr vorletzter Output Noxia war eine krude Thriller-Mixtur, die vom Krimi-Couch-Rezensenten zurecht mit 33° abgestraft wurde. Nun liegt mit Sententia ein weiteres Werk der Amerikanerin vor, das mit verständlicher Zurückhaltung betrachtet werden muss. Sententia pendelt zwischen Romantic Suspense und Krimi/Thriller ein unterhaltsamer, teilweise auch spannender Roman über ein lange zurückliegendes Verbrechen, das seinen Schatten bis in die Gegenwart wirft.

Peri Gold, die Heldin, hieß bei ihrer Geburt Pilar Lopez. Jetzt ist sie Anfang 30, gebildet, gutaussehend und erfolgreich im Gastronomie-Gewerbe. Sie durchlief die satte Leben eines typischen "All-American-Girl". Als ihr Vater Raphael Lopez, aus Puerto Rico stammend, damals seine Frau Alison Gold kennenlernte, war er nur einfacher Tellerwäscher in der Restaurantkette seines künftigen Schwiegervaters. Die Golds waren und sind alter New Yorker Geldadel mit jüdisch-konservativer Tradition. Familienoberhaupt Morris Gold, von der Liaison seiner Tochter gar nicht begeistert, schien seine negative Einstellung bestätigt zu bekommen, als Alison einige Jahre später vergewaltigt und ermordet aufgefunden wird. Ihr Ehemann Raphael wurde der Tat verdächtigt und in einem Indizienprozess zu lebenslanger Haft verurteilt. Beider Elternteile beraubt, wuchs die kleine Pilar, von da an Peri, im Hause des Großvaters auf. Das Trauma des Verlustes war schnell verdrängt, dafür hat der Großvater schon gesorgt. Unter seinen Fittichen und in seinen Betrieben reüssierte Peri als Managerin und soll jetzt eine Filiale eigenständig leiten.

Als der Enthüllungsjournalist Sam Berger, der eine Dokumentation über Peris inhaftierten Vater schreiben will, Kontakt zu ihr aufnimmt, brechen die alten, längst vergessen geglaubten Wunden wieder auf. Peri wird bewusst, wie perfekt sie die Erinnerungen an die vergangenen Ereignisse verdrängt hat. Nun, durch Bergers Initiative angestachelt, will sie sich der Vergangenheit stellen. Zusammen mit Bergers Exfrau Karen Meyers, die Peri eine gute Freundin ist, sucht sie nach den Zeugen, die ihren Vater vor 23 Jahren schwer belastet haben. Je weiter Peri vordringt, je deutlicher zeichnet sich das Bild ab, dass damals einige Leute daran interessiert waren, dass ihr Vater verurteilt wurde und dass er zwei Jahrzehnte unschuldig im Gefängnis saß. Peri beschließt, eine Revision des Urteils zu beantragen. Damit weckt sie schlafende Hunde, die sich gewalttätig zur Wehr setzen.

Elise Title bedient sich einer bewährten Krimi-Strategie, des Aufrollens eines alten Falls, die wir natürlich schon hundertmal gelesen haben. Sie fügt dem bekannten Konzept auch nichts Neues hinzu. So könnte sie nur mit einem eindrucksvollen Ambiente und ausgefeilten Charakteren punkten. Das tut sie in beschränktem Maße. Gut gelingt ihr, die Atmosphäre im "Melting Pot" New York mit seinen ethnischen Exklaven einzufangen. In Sententia treffen zwei sehr unterschiedliche Bevölkerungsgruppen aufeinander das distinguierte jüdische Großbürgertum und hispanische Familien nahe dem Prekariat. Wie sie sich arrangieren und dabei sind ihre Frauen hervorzuheben ("Wir Mädels müssen zusammenhalten!") um erst einmal die gemeinsame Familiengeschichte aufzuarbeiten und dann vereint auf Mördersuche zu gehen, macht den Reiz von Titles Geschichte aus. Aber amerikanische Familiengeschichten sind leider auch mit Dutzenden von Klischees behaftet, die wohl unvermeidlich sind. Vielleicht leben die Amerikaner ihr eigenes Klischee. Nicht ohne Grund tauchen bei den verschiedensten Autoren immer die gleichen Stereotype auf.

Sententia als Thriller zu bezeichnen ist eher gewagt. Elise Title setzt auch keine Thriller typischen Elemente ein. Sie verlässt sich vielmehr auf ihr erzählerisches Talent und legt mit Sententia einen soliden vielschichtigen Spannungsroman vor, zudem sie viel aus ihrem persönlichen Erfahrungsschatz beisteuern kann. Als gebürtige New Yorkerin, aufgewachsen in der Bronx, kennt sie das Milieu und als ehemalige Psychologin im Strafvollzug weiß sie um die Defizite und Diskriminierungen im amerikanischen Justizsystem. Sehr amerikanisch, aber nicht konform, sondern kritisch.

Sententia

Elise Title, --

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