Rattenmörder

  • Federfrei
  • Erschienen: Januar 2008
  • 2
  • Marchtrenk: Federfrei, 2008, Seiten: 300, Originalsprache
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Wolfgang Weninger
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonSep 2009

Viele, kleine Nager

Der federfrei-Verlag aus Marchtrenk wurde 2007 gegründet und mit Eva Reichl hatte er gleich eine passende Autorin zur Hand, die dem Ziel des Verlags, regionale Krimi und Thriller zu veröffentlichen, bestens nachkommt.

Leona Simbacher gebiert während der Stallarbeit einen Jungen. Aber sie hat keine Zeit, sich um den Kleinen zu kümmern, denn die Arbeit auf dem kleinen Einödhof ist hart und kann auch die kleinste Familie kaum ernähren. Aber Leona ist hübsch und der Fahrer des Milchtankwagens entschädigt sie finanziell dafür, dass sie bei der Abholung der Milch die Beine breit macht. Und das spricht sich unter den Männern im Dorf herum und nicht wenige kommen, um gegen einen entsprechenden Obulus ihre körperlichen Bedürfnisse zu befriedigen.

Während sich Leona und ihre Freier in der Horizontalen bewegen, muss der kleine Erik in den Keller gesperrt werden. Voller Unverständnis über diesen Liebesentzug weint sich das Kleinkind bei den Ratten aus und über kurz oder lang werden diese seine Spielgefährten. Bis man eines Tages Leona Simbacher ermordet in ihrem Bett findet und Erik blutverschmiert an ihrer Leiche hockt.

Erik kommt zu Pflegeeltern bis er alt genug ist, um für sich selbst verantwortlich zu sein und den Bauernhof zu übernehmen. Fünf Jahre war das Haus leer gestanden und auch die Ratten haben es verlassen. Aber Erik zieht ein und findet in der Tochter des verhassten Schullehrers eine heimliche Liebe. Und er lockt auch wieder Ratten ins Haus. Bis eines Tages die Meldung in der Zeitung steht, dass die leiblichen Kinder seiner Pflegeeltern durch den Genuss von Rattengift gestorben waren. Und prompt klingelt die Polizei an Eriks Tür ...

Die Idee der Autorin ein Psychogramm eines Menschen aufzubauen, der mit den putzigen Tierchen im Keller besser auskommt, als mit seinen Mitmenschen und seine Ethik aus dem Umgang mit den Vierbeinern holt, ist erfrischend anders und auch sprachlich gibt es an der Umsetzung nichts zu bemängeln. Frau Reichl widmet sich so intensiv der Figur des Erik Simbacher, dass die eigentliche Handlung zweitrangig wird und für manchen Leser ein Horrorszenario entsteht.

Ebenso präsent in diesem Krimi sind die zwielichtigen Moralvorstellungen der dörflichen Bevölkerung und der Kleinstadtmief Mauthausens, so wie ihn die Autorin beschreibt. Die sittsamen Bürger mit ihrem Doppelleben werden dem Leser im Zuge der Lektüre unsympathischer als Erik und seine Ratten und im Verlauf der eher wenig spannenden Handlung bleibt nur ein operettenhaftes Polizistenduo übrig, das in seinem Drang, die Handlung aufzuklären, stets im Dunkeln tappt.

Rattenmörder liest sich sehr gut, wenn man vom Lektorat absieht, das offensichtlich mit der Silbentrennung auf Kriegsfuß steht und nicht immer weiß, ob es sich der alten oder der neuen Rechtschreibung bedienen soll. Bis zur eher langweiligen, aber schlussendlich doch stimmigen Auflösung der Geschichte hat man so viel über die kleinen Nager gelesen und man möchte am liebsten selbst in den Keller gehen und sich nach Ratten umsehen.

Rattenmörder

Eva Reichl, Federfrei

Rattenmörder

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