Treu und Glauben

  • Argon
  • Erschienen: Januar 2009
  • 2
  • New York: William Morrow, 2008, Titel: 'The Dark Tide', Seiten: 438, Originalsprache
  • Berlin: Argon, 2009, Seiten: 6, Übersetzt: David Nathan
  • Frankfurt am Main: Fischer, 2010, Seiten: 384
Treu und Glauben
Treu und Glauben
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Jörg Kijanski
40°1001

Krimi-Couch Rezension vonMär 2009

Körperliche Qualen

Für die zweifache Mutter Karen Friedman bricht eine Welt zusammen als bei mehreren Explosionen in der Grand Central Station über hundert Menschen sterben. In dem Zug, in dem sich zwei der insgesamt vier Explosionen ereigneten, saß auch ihr Mann, der Hedgefondsmanager Charlie. Nur wenig später wird der Leiter der Abteilung für Kapitalverbrechen der Polizei von Greenwich, Lieutnant Ty Hauck, zu einem Verkehrsunfall gerufen, bei dem ein Mechaniker einer Autowerkstatt überfahren wurde. Offensichtlich geschah dies vorsätzlich, denn zwei Zeugen berichten, dass der Unfallwagen kurz zuvor beschleunigt und nicht gebremst habe. In der Brusttasche des Opfers findet Hauck einen Notizzettel mit dem Namen und der Telefonnummer von Charlie Friedman

Sechs Monate nach dem verheerenden Anschlag erhält Karen Besuch von zwei angeblichen Wirtschaftsprüfern, die ihr eröffnen, dass die Firma ihres Mannes einen Fehlbetrag von 250 Millionen Dollar aufweise und ihre Geldgeber gerne wüssten, wo ihr eingebrachtes Kapital geblieben sei. Als auch noch Tochter Samantha bedroht wird, organisiert Hauck Polizeischutz für Karen und ihre Familie. Es kehrt Ruhe ein, doch diese wird jäh unterbrochen als Karen nach einem Jahr eine Dokumentation über die Explosionen im Fernsehen sieht. Bei einer unscheinbaren Amateuraufnahme sieht Karen nämlich deutlich ihren Mann im Bild. Daraufhin betrachtet sie einen Memozettel Charlies, der ihr nach dessen Tod anonym zugesandt wurde, mit neuen Augen. So stößt sie auf ein geheimes Bankfach, in dem sich mehrere Millionen Dollar und ein Pass sowie mehrere Kreditkarten mit Charlies Foto, aber unter einem anderen Namen, befinden. Der letzte Zugriff auf das Bankfach erfolgte von Charlie und zwar viereinhalb Stunden nach der Explosion. Karen wendet sich an Hauck und bittet ihn um Hilfe. Dabei stellt sich heraus, dass Charlie geheime Depots von Offshorefirmen verwaltete und das es offenbar einen engen Zusammenhang mit dem Tod des überfahrenen Automechanikers gibt.

Leere Öltanker, eine dubiose Firma auf den British Virgin Islands, hunderte Millionen Dollars. Wer war Charlie Friedman wirklich?

Nette Idee, schlechte Umsetzung

Eigentlich würde es ausreichen, die Rezension des Romans Blut und Lüge zu lesen, nur dass sich hier der Schreibstil des Autors nochmals dramatisch verschlimmert hat. Die Geschichte ähnelt in ihrem Aufbau sehr stark dem Vorgänger, was an sich nicht weiter schlimm ist. Einmal mehr geht es um die Frage, wer ein bestimmter Mensch wirklich war und was er in seiner "zweiten Identität" getan hat. Allerdings hat man verstärkt den Eindruck einen "Lückentext" zu lesen. Die Zeitsprünge in der Handlung sind völlig unerklärlich und tragen zum negativen Gesamteindruck bei. So erhält Karen erst sechs Monate nach Charlies Tod plötzlich Besuch von zwei Männern. Diese bedrohen sie und kurz darauf ihre Tochter, da ihrem Auftraggeber angeblich noch 250 Millionen Dollar zustehen. Doch warum warten diese dann über ein halbes Jahr, wenn sie sonst ganz locker über Leichen gehen? Sie tauchen auf, drohen und verschwinden wieder - für weitere Monate. Auch seltsam, warum Karen etliche Gelegenheiten, mehr über Charlies Geschäfte zu erfahren, ungenutzt verstreichen lässt.

Beim Lesen des Romans bleibt einem (nicht nur auf Seite 358) fast das Herz stehen

Doch das Schlimmste kommt ja noch. Der Schreibstil des Autors verursacht geradezu körperliche Qualen. Eine bruchstückhafte Handlung aus dem Baukasten, eindimensionale Charaktere und zudem finden sämtliche Klischees ihre Anwendung. Was glauben Sie: Wird der sympathische Ermittler mit der (natürlich) attraktiven Karen ... ?

Vielleicht ja wirklich. Vielleicht ja tatsächlich.

Abschließend drei Beispiele für die Eloquenz des Autors:

  • "Sie griff nach der Fernbedienung und wollte gerade den Fernseher ausschalten." Acht (!) Zeilen (!!) später: "Sie wollte gerade ausschalten, als..."
  • "Vielleicht hatten sie die Täter ja wirklich zu ihm geführt, gestand sich Karen ein. Immer wieder sah sie das schreckliche Bild vor sich. Vielleicht hatten sie die Leute ja tatsächlich auf Charlies Spuren gebracht." (S. 327; ungekürzter Ausschnitt)
  • "Sein Herz blieb stehen. Karen hatte ein orangefarbenes Top getragen. Vor Angst blieb ihm fast das Herz stehen." (S. 358; ungekürzter Ausschnitt )

Treu und Glauben

Andrew Gross, Argon

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