Mord bei Pooh Corner

  • Goldmann
  • Erschienen: Januar 2008
  • 1
  • München: Goldmann, 2008, Seiten: 352, Originalsprache
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Jörg Kijanski
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2008

Pu der Bär, Rolling Stones & English Crime

Robert Marley, Krimischriftsteller aus Brighton, hat soeben seinen neuesten Roman vollendet und benötigt nun dringend eine Pause. So fährt er auf Empfehlung eines Reisebüros nach Hartfield, einem kleinen Städtchen, welches nicht nur in England bekannt ist. Hier steht nämlich die berühmte Cotchford Farm, in der der Schriftsteller Alan Alexander Milnes die berühmten Kindergeschichten von dem Bären Winnie-the-Pooh schrieb und in deren Swimming Pool außerdem Brian Jones, der legendäre Gründer der Rolling Stones, auf bis heute unbekannte Weise zu Tode kam.

Von Ruhe kann für Marley jedoch keine Rede sein, nicht zuletzt weil unzählige Touristen aus der ganzen Welt den Ort überlaufen. Kaum in Hartfield angekommen erfährt Marley zudem, dass ein kleiner Junge namens Ronnie verschwunden ist. Es dauert nicht lange und dessen Leiche wird in einem Fluss unter der Posingford Bridge gefunden. Schnell ist für die Einheimischen klar, dass sein inzwischen ebenfalls verschwundener Onkel Kenneth Greggs der Hauptverdächtige ist, lies dieser doch keine Gelegenheit aus, in betrunkenem Zustand über seinen Neffen und vor allem über dessen Vater Gordon Cobbler herzuziehen. Cobbler war früher mit Greggs Schwester verheiratet, doch als diese bereits schwer krank im Sterben lag, verliebte er sich in deren Pflegerin. Wenige Monate nach dem Tod von Cobblers Frau wurde Ronnie geboren. Aber warum sollte sich Gregg jahrelang Zeit lassen, wenn Rache das Motiv ist?

Marleys Schwester Dorothy ist Chief Inspector der Brighton Police Division und steht mit ihrem Team vor einem Rätsel. Keine Augenzeugen, Gregg bleibt verschwunden und zu guter Letzt stellt sich heraus, dass in Ronnies Lunge kein Flusswasser, sondern stattdessen gechlortes Leitungswasser gefunden wurde. Für Reverend Chubb ein klares Anzeichen dafür, dass es zwischen dem Tod des kleinen Ronnie und dem Tod von Brian Jones einen Zusammenhang gibt...

Gerald Hagemann gelingt ein Krimi in bester englischer Tradition

Mit seinem Buch Tatort Großbritannien bewies Autor Gerald Hagemann (Jahrgang 1971) bereits seine profunden Kenntnisse über den True-Crime-Schauplatz Großbritannien. Einiges von seinem Wissen lässt er gleich zu Beginn seines neuen Romans einfließen, denn als Marley einen abgelegenen Urlaubsort sucht, fallen ihm zu jedem vorgeschlagenen Ort gleich die dazugehörigen Serienmörder ein. Zudem hat Hagemann sich umfangreich mit dem Werk von A. A. Milnes beschäftigt, denn die Geschichte von Winnie-the-Pooh (Pu der Bär) selber sowie deren zahlreiche Handlungsorte und Figuren sind während des gesamten Plots allgegenwärtig. Zudem werden umfangreiche Details aus der Biografie von Milnes und dessen Sohn Christopher Robin, der gleichzeitig auch der fiktive Spielgefährte von Pu ist, bekannt.

"It never rains in a Pub."

Ebenfalls ausführlicher dürfte sich der Autor mit dem kurzen Leben und vor allem dem Ableben von Brian Jones beschäftigt haben, der kurz nach seiner Trennung von den Stones tot in seinem Swimming Pool aufgefunden wurde. Bis heute unter bekanntlich ungeklärten Umständen und so dürfen sich natürlich auch die Einwohner des beschaulichen Hartfield nach Belieben den Mund darüber zerreißen, wie es wohl gewesen sein könnte. Diese treffen sich alltäglich im Anchor Inn und tratschen was das geliebte Guinness hergibt. Gelungen und eindrücklich wird die beschauliche Kneipenidylle beschrieben und so ist Mord bei Pooh Corner allen Fans englischer Kriminalromane ausdrücklich zu empfehlen.

Mitunter etwas vom Thema abkommend bestimmt zwar besagte Kinderbuchfigur und dessen Freunde Trigger, Ferkel und all die anderen das Geschehen, doch dies stört hier nur ganz selten den durchweg stimmigen Gesamteindruck. Zu diesem tragen auch mehrere, überwiegend schrullige Dorfbewohner bei, die sich (natürlich) im Laufe der Geschichte allesamt mal mehr oder weniger stark verdächtig machen. Mitraten ist also ausdrücklich erlaubt und vielleicht kommen Sie ja vor dem Finale auf die Lösung. Apropos, was glauben Sie, wer auf die Lösung (im Roman) zuerst kommt? Wie dem auch sei, vermutlich liegen Sie falsch.

 

Es mochte ja Menschen geben, die den Torf aus einem Whisky herausschmeckten, das Heidekraut und den bitteren Geschmack von Disteln, an denen der Herbstwind zerrt, das heisere Blöken der Schafe... Dororthy hingegen war alles andere als Whiskykennerin. Sie schmeckte nichts von alledem.

 

Nachdem Gerald Hagemann in seinem Debütroman Dem Tod geweiht sein vorhandenes Potential bereits stellenweise aufblitzen lies, ist ihm nun mit seinem zweiten Buch ein großer Wurf gelungen. Angesichts des noch jungen Alters des Autors darf man dessen weiteren Werdegang in doppelter Hinsicht mit Spannung erwarten.

Mord bei Pooh Corner

Gerald Hagemann, Goldmann

Mord bei Pooh Corner

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