Glatteis

  • Bastei Lübbe
  • Erschienen: Januar 1982
  • 4
  • Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe, 1982, Seiten: 190, Originalsprache
  • Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe, 1986, Seiten: 197, Originalsprache
  • Zürich: Diogenes, 2001, Seiten: 266, Originalsprache
  • Zürich: Diogenes, 2008, Seiten: 266, Originalsprache
  • Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe, 1996, Seiten: 425, Originalsprache
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Thomas Kürten
82°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2008

Ein perfekter Mord?

Jupp Scholten ist sauer. Für ihn liegt es auf der Hand, dass sein ungeliebter Chef Kurt Wallmann sich mit unlauteren Mitteln (zu gut deutsch: Mord) seiner vermögenden Frau Erika entledigt hat. Nur beweisen kann es niemand. Erika ist am Wallmann'schen Ferienhaus eine Treppe zum See hinab gestürzt und ertrunken. Kurt jedoch kann seine Frau nicht gestoßen haben, er hat für die Tatzeit ein perfektes Alibi. Aber was ist mit Kurts Geliebter, der Sekretärin Fräulein Faust? Die war angeblich die ganze Woche lang zu einer Taufe in Passau. Ob mal jemand auf die Idee kommt, dieses Alibi zu überprüfen? Wahrscheinlich muss erst mal jemand der Polizei einen Tipp geben.

Aufs Glatteis geführt

Erika war eine echte Klassefrau. Scholten kannte sie schon seit 31 Jahren, als sie damals als 15-jährige in die Firma des Vaters eintrat. Wohingegen Scholtens Frau Hilde die reinste Nervensäge ist. Zieh dir die Schuhe aus, trink nicht aus der Flasche, mach das Fernsehen nicht so laut, mit wem hast du da gerade im Treppenhaus geredet. Nachdem mit Wallmann als neuem Chef das Leben im Büro nicht gerade angenehmer geworden ist, wird Scholten auch abends noch von seiner holden Gattin traktiert. Wie schön gelegen kommt da das Angebot, mal wieder das Wallmann'sche Segelboot für den Sommer fit zu machen und hinaus ins Ferienhaus zu fahren. Inzwischen ist die Frage nach dem Alibi des Fräulein Fausts obsolet, sie war wirklich in Passau. Wie kann Wallmann dann allein die Treppe manipuliert haben, ohne Spuren zu hinterlassen? An diesem Wochenende im späten April soll Wallmann eine Antwort finden. Aber ist es die richtige? Und was macht er damit?

Seit gut 30 Jahren unterhält uns der ehemalige Zeitungskorrespondent Hans Werner Kettenbach in lockerer Folge mit Kriminalromanen. 2008 wird der Autor 80 Jahre alt. "Glatteis" ist neben "Minnie oder Ein Fall von Geringfügigkeit" der große Klassiker Kettenbachs, der seit seiner Erstveröffentlichung 1982 bereits mehrere Neuauflagen erfahren hat.

Charakterstudie eines Verlierers

"Die Leute glaubten, es sei ein Unfall gewesen. Scholten glaubte das nicht."

"Glatteis" ist ein von der ersten Zeile an fesselnder Roman. Beginnend auf der Beerdigung der von Jupp Scholten hoch verehrten Erika Wallmann, zeichnet Kettenbach eine bemerkenswert intensive Charakterstudie eines Mannes, der im Leben stets den Kürzeren ziehen musste. Erikas Tod und die damit verbundene Ungerechtigkeit, nämlich dass nun der verhasste Kurt Wallmann, der vom Baggerfahrer zum Unternehmer mutiert ist und dem das Vermögen seiner Frau allein zufällt, die Geschicke der Firma lenkt, bringen das Fass für Scholten zum überlaufen. Er, der stets gepeinigte, macht sich als einziger auf die Suche nach den wahren Umständen des Unfalltodes seiner Ex-Chefin. Beeindruckend dabei, in welch klaren Worten der Autor das ganze Elend seines Protagonisten greifbar macht.

Scholten, stets schwankend zwischen Lethargie und Selbstmitleid, scheint zum ersten mal in seinem Leben aus eigenem Antrieb gegen eine Ungerechtigkeit anzukämpfen. Und während er sich zunächst in etwas zu verrennen scheint, findet er schließlich des Rätsels Lösung. Aber wie kann er daraus für sich Gewinn erzielen? Genau an dieser Stelle, wo der Autor über den gewöhnlichen Krimistoff hinausgeht, wird der Roman richtig gut. Eine wunderbare Tragödie offenbart sich, die glaubhaft und erbarmungslos, aber in ihrer Härte auch überraschend klar zuschlägt. Seit 1982 hat es nicht viele deutsche Kriminalromane gegeben, die sich an "Glatteis" messen können.

Glatteis

Hans-Werner Kettenbach, Bastei Lübbe

Glatteis

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