Das Skalpell

  • Ehrenwirth
  • Erschienen: Januar 1999
  • 24
  • London: Heinemann, 1998, Titel: 'Skalpel', Seiten: 423, Originalsprache
  • München: Ehrenwirth, 1999, Seiten: 431, Übersetzt: Lore & Hubert Straßl
  • Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe, 2001, Seiten: 431
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Peter Kümmel
52°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2003

Zwei mittelmäßige Krimis ergeben keinen guten

Gleich zwei Kriminalfälle in eine Handlung verpackte Paul Carson in die Geschehnisse von 11 Tagen, die in diesem Roman geschildert werden. Beide Handlungsstränge nehmen ihren Ausgangspunkt bei der dramatischen Geburt von Gordon O'Brien in der Dubliner Zentralentbindungsklinik. Der reiche Industrielle Henry O'Brien hat nach schweren Schicksalsschlägen für die Geburt seines Sohnes versucht, jedes Risiko auszuschließen, nur das Beste verlangt und der Klinik 2 Millionen Pfund versprochen, wenn sein Sohn gesund zur Welt kommt. Nur durch einen Kaiserschnitt, bei dem der Gynäkologe Dr. Dean Lynch für seinen Kollegen, der unauffindbar ist, einspringen muß, kann das Kind gerettet werden.

Und nun trennen sich die Wege von Dr. Dean Lynch und von Gordon O'Brien, die von nun an im Mittelpunkt zweier getrennter Kriminalfälle stehen werden, wobei sich der Leser fragt: Gibt es eine Verbindung zwischen den beiden unabhängig erscheinenden Geschichten?

Dean Lynch ist heroinsüchtig und fühlt sich seit Tagen unwohl. Eine vermeintliche Erkrankung versucht er mit Antibiotika zu bekämpfen, was jedoch ohne Erfolg bleibt. Groß ist sein Schreck, als er bei sich Anzeichen feststellt, die ganz klar auf Aids hindeuten. Um sich Gewissheit zu verschaffen, reicht er im klinikeigenen Labor seine eigene Blutprobe unter falschem Namen ein. Die Laborantin stellt nicht nur ein positives Ergebnis fest, sondern durchschaut den Arzt, was sie mit ihrem Leben bezahlen muß. Durch den Stich eines Skalpells in den Hals wird sie von dem Arzt umgebracht. Mit der Gewissheit seines nahenden Todes beginnt Dean Lynch nun einen rücksichtslosen, aber sorgfältig ausgeklügelten Rachefeldzug mit dem Bestreben, so viele Leute wie möglich in den Tod mitzunehmen.

Unterdessen ersinnt der Ganove Tommy Malone ein Verbrechen, das ihm und seinen Mitstreitern 3 Millionen Pfund einbringen soll. Das nur wenige Tage alte Baby der O'Briens soll aus dem elterlichen Wohnsitz entführt werden. Über seine Freundin, die bei den O'Briens putzt, erfährt er die benötigten Einzelheiten. So verläuft der Raub des Kindes planmäßig. Doch durch die Strapazen wird der kleine Gordon schwer krank und die Entführer werden zunehmend nervöser.

Eine ganze Menge hat Paul Carson also in seinen Krimi hineingepackt. Außer den Morden und der Entführung gibt es für den Leser noch Einblicke in die Geschehnisse einer Entbindungsklinik mit den klischeehaften Eifersüchteleien unter den Ärzten. Dann wird einem die Arbeitsweise der Garda Siochan, der irischen Polizei vermittelt, wobei insbesondere Kompetenzstreitigkeiten eine große Rolle spielen, bei denen sogar die Justizministerin eingreift. Eine tragende Rolle spielt schließlich auch noch die Polizistin Kate Hamilton, die so nach und nach zur Protagonistin herausgebildet wird. Nicht ganz einfach, wie sie ihr Leben als alleinerziehende Mutter eines schwierigen Kindes mit ihrem Beruf in Einklang zu bringen versucht.

Sehr variabel springt der Autor von Thema zu Thema, mal in außerordentlich kurzen, dann auch wieder in sehr langen Abschnitten, in denen er gelegentlich auch Rückblicke in die Vergangenheit seiner handelnden Personen unterbringt. Auch die Charaktere seiner Figuren bringt Carson dem Leser nach und nach näher, teilweise sehr gut, manche leider nur sehr oberflächlich oder klischeehaft. Gut dargestellt wird das Leben in der irischen Hauptstadt, das nicht nur allgemein sehr hektisch wirkt, sondern auch für viele ihrer Bewohner aus unterschiedlichen Gründen doch recht schwierig ist.

Die Schilderung der Ereignisse erfolgt chronologisch, wobei die Kapitel und Unterabschnitte oftmals mit Ort der Handlung, Tag und Uhrzeit überschrieben sind. Auffallend hierbei sind Übersetzungsfehler, bei denen die Uhrzeit teilweise im deutschen und teilweise im englischen Format angegeben sind. So folgt z.B. auf ein 15.30-Uhr-Kapitel ein 6.15-Uhr-Abschnitt in 12-Stunden-Schreibweise. Dieser Fehler fällt mir bei diesem Buch jedoch nicht zum ersten Mal auf. Doch auch der Roman selber weist einige Ungereimtheiten auf. So einigen Schlüssen der Polizisten sowie auch des Mörders kann man nicht so richtig folgen. Außerdem bewegt sich der Täter oftmals verblüffend schnell von einem Ort zum anderen.

Der Roman weist einige gute Ansätze auf und vermag abschnittsweise zu fesseln. Durch das ständige Hin und Her wird man jedoch immer wieder herausgerissen, so daß sich immer wieder nur kurze Spannungsbögen bilden können. Erst zwischen den Seiten 300 und 400 wird das Buch so richtig packend, bevor es dann auf den letzten 30 Seiten nach doch recht einfacher - meiner Meinung nach viel zu einfacher - Klärung wieder abflacht.

Die Rechenmethode führt leider bei diesem Thriller nicht zum gewünschten Ergebnis: zwei mittelmäßige Krimis nebeneinander addieren sich leider nicht zu einem guten, sondern bleiben eben auch in ihrer Gesamtheit nur mittelmäßig. Der Debütroman von Paul Carson ist dennoch mal zum Abschalten lesenswert, wenn auch anspruchslos und schnell wieder vergessen.

Das Skalpell

Paul Carson, Ehrenwirth

Das Skalpell

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