Die schwarze Dorothea

  • berlin.krimi.verlag
  • Erschienen: Januar 2005
  • 2
  • Berlin: berlin.krimi.verlag, 2005, Seiten: 249, Originalsprache
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Jörg Kijanski
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonMär 2006

Atmosphärisch dicht mit gut aufgebautem Plot

Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm ist schwer erkrankt und kämpft mit dem Tode. Kein Wunder, dass seine Gemahlin Dorothea da mal wieder ins Gerede kommt, denn sie möchte natürlich das vor allem ihre Söhne bei einer möglichen Nachfolgeregelung gebührend berücksichtigt werden. Aus Friedrich Wilhelms erster Ehe entstammen drei männliche Nachkommen, von denen zwei vermutlich durch Gifteinwirkung ums Leben kamen. Nur noch Kurfürst Friedrich, der "schiefe Fritz", lebt noch und floh ins hannoversche Asyl, aus Angst vor seiner Stiefmutter Dorothea, die - der Giftmorde verdächtigt - im Volksmund nur die "schwarze Dorothea" genannt wird. Doch durch Vermittlung seines Kammerjunkers von Wedell soll es zu einer Versöhnung Friedrichs mit dem Großen Kurfürsten kommen.

Unterdessen plagen den jungen Barbier und Chirurgen Christian Fahrenholtz gänzlich andere Probleme, denn er sucht verzweifelt nach einer festen Anstellung. Sein überschaubares Einkommen sichert er sich durch vereinzelte Tätigkeiten als Barbier. Zu seinen wenigen Stammkunden gehört Major von Kalckhorst, welcher im Haus der Kaufmannsfamilie Jenisch einquartiert wurde. Diese Arbeit erfreut Fahrenholtz umso mehr, da er nicht nur ein bescheidenes Zubrot verdient, sondern dabei mit der hübschen Tochter der Jenischs, Henriette, anbändeln kann. Eines Tages will Fahrenhorst zu seinem neuen Kunden, dem Kammerjunker von Wedell, gehen, als er Henriettes Mutter Elisabeth fluchtartig dessen Haus verlassen sieht. Kurz darauf findet er den toten von Wedell vor, der sich scheinbar vergiftet hat. Einige Tage später hat Elisabeth Jenisch eine Audienz bei Dorothea, der sie das Rezept für eine heilbringende Kräutermischung übergeben soll. Als Elisabeth zwei Tage nach ihrem Besuch im Schloss unter denkwürdigen Umständen stirbt, gerät die "schwarze Dorothea" einmal mehr ins Gerede des Volkes. Fahrenholtz hingegen sieht die Chance, "seiner" Henriette endlich entscheidend näher zu kommen und versucht die Hintergründe der beiden merkwürdigen Todesfälle zu ergründen. Doch zunächst wird er selber verdächtigt und festgenommen...

Wer die ersten Seiten dieses Romans überstanden hat, kennt nicht nur bestens die Familienverhältnisse des Großen Kurfürsten, sondern ahnt bereits, dass diese zwangsläufig Ränkespiele zur Folge haben müssen. Dorothea kämpft für die Rechte ihrer insgesamt sieben Kinder, der "schiefe Fritz", Kurfürst Friedrich, Sohn aus erster Ehe mit Luise Henriette, hingegen verfolgt seine eigenen Interessen, die Kinder der verhassten Stiefmutter stören da nur. Schließlich geht es um Macht, Ländereien und natürlich um das liebe Geld, von dem auffallend viel in Umlauf ist:

Die Gulden oder Zweidrittelstücke, wie man sie nannte, galten 16 Gute Groschen oder 24 Mariengroschen gleich 172 Pfennige oder 344 Heller-Zahlen mit denen der gemeine Mann nur schwer umzugehen wusste, zumal trotz anders lautender kurfürstlicher Edikte Münzen aus aller Herren Länder und mit unterschiedlichem Gewicht im Umlauf waren.

Angesichts solcher Münzvielfalt ist man geneigt, ein Loblied auf den Euro anzustimmen. Jan Eik verknüpft geschickt historische Fakten aus der Familienchronik der Hohenzollern mit der fiktiven, oben kurz angerissenen Romanhandlung. Immer wieder erhält somit der Leser neben einem spannenden und gut aufgebauten Plot auch gleich noch einige Kapitel Geschichtsunterricht, denen man übrigens gut folgen kann.

Erstaunlich ebenfalls, wie atmosphärisch dicht auf nur 250 Seiten die Story erzählt wird, brauchen die meisten Autoren für Mittelalterromane ja meist mindestens doppelt soviel Platz, um ihre Geschichte aufzubauen. Doch hier hat der berlin.krimi.verlag eine schöne Edition aufgelegt. Krimis, die einen direkt in eine andere Zeit katapultieren und dabei einen Lesespaß mit überschaubarem Umfang bieten. Ein Verweis auf die Preußen-Krimis von Tom Wolf sei an dieser Stelle erlaubt.

Die Charakterzeichnungen tragen dem Buchumfang Rechnung, wobei die Figur des Christian Fahrenholtz besonders gelungen ist. Nicht nur, dass er keine feste Anstellung findet, er wird auch noch von seinem Oheim, dem Hausvogt Lonicer, in den Turm der Residenz gesperrt, da Fahrenholtz irrtümlich des Mordes an Wedell beschuldigt wird. So riskiert dieser nach seiner monatelangen Haft erneut recht viel, als er den wahren Täter finden will. Er stößt auf ein ebenso undurchsichtiges wie eindrucksvolles Ränkespiel, bei dem nicht immer klar ist, wer gerade auf wessen Seite steht. Dieser Punkt hätte vielleicht ein wenig mehr ausgeschmückt werden müssen und bei der Auflösung wäre ebenfalls ein bisschen mehr Detailarbeit erfreulich gewesen, denn Fahrenholtz kommt so eher zufällig auf die entscheidende Spur.

Dennoch ist im Ergebnis festzuhalten, dass Jan Eik mit "Die schwarze Dorothea" einen kurzweiligen und interessanten Roman vorgelegt hat. Mehr davon, möchte man dem Autor zurufen, aber wer weiß, vielleicht haben wir in dem jungen Barbier ja schon einen neuen Serienhelden kennen gelernt.

Die schwarze Dorothea

Jan Eik, berlin.krimi.verlag

Die schwarze Dorothea

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