Das verschwundene Mädchen

  • Goldmann
  • Erschienen: Januar 2001
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  • München: Goldmann, 2001, Seiten: 448, Übersetzt: Christian Quatmann
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Peter Kümmel
71°1001

Krimi-Couch Rezension vonOkt 2005

Weicht vom üblichen Grundschema ab

Etwa 80 Seiten benötigt man, bis man aus Prolog und verschiedenen Handlungssträngen vor seinem geistgen Auge eine zusammenhängende Handlung konstruiert hat. Kinder entdecken in einem schwer zugänglichen Gang eines Höhlenlabyrinths ein Skelett. Die Polizei stellt fest, dass es sich um die Überreste eines Kindes handelt, dem der Schädel eingeschlagen wurde. Die feuchte Luft und die Ratten unter der Erde sorgten für eine schnelle Zersetzung des Leichnams, so daß man von einer Liegezeit von etwa 20 Jahren ausgeht.

Als Protagonist des Krimis fungiert ausnahmsweise kein Kommissar oder anderer hochgestellter Kriminalbeamter, sondern ein kleiner Sergeant, und zwar ein sehr sympathischer names Tom Ward. Nach einer Fortbildung und darauf folgendem Wochenende wird er von dem beschriebenen Fall überrascht und von seinem Vorgesetzten zum Aktenwälzen eingeteilt, um aus den Vermisstenmeldungen der letzten Jahrzehnte die Identität der Toten herauszufinden. Leider entspricht dieser Vorgesetzte einem Klischee, das in den wenigsten Kriminalromanen fehlt: er ist nicht besonders helle, dafür überaus geltungssüchtig und lässt seine Launen gern an seinen Untergebenen aus. Insbesondere an Tom Ward, da der dem gegensätzlichen Klischee entsprechende studierte Sergeant ihm intelligenzmäßig überlegen ist. Tom wandelt dabei immer auf einem schmalen Grat am Rande der Befehlsverweigerung. Er löst die ihm übertragene Aufgabe auf seine Weise, indem er eine Journalistin recherchieren lässt. Bei dem toten Mädchen handelt es sich um Bonnie Bryant, die vor siebzehn Jahren verschwand. Bisher vermutete man, dass sie im nahe gelegenen See ertrank, da dort ihr Fahrrad gefunden wurde.

Ein weiterer Handlungsstrang erinnert sehr an den Film "Der Feind in meinem Bett". Jay Darke hält seine hübsche Frau Juliette quasi als Gefangene. Bei sämtlichen Unternehmungen begleitet er sie, und wenn Jay das Haus verlässt, bleibt Juliette eingeschlossen und durch Kameras überwacht in der Wohnung zurück. Doch Juliette nutzt ihre Chance, entkommt durch ein eingeschlagenes Fenster und flieht zu ihrer Großmutter nach Frankreich.

Ein Zusammenhang erschließt sich dem Leser, als Tom Ward nach Mitschülern des toten Mädchens ermittelt. Eine seltsame Gruppierung erregt seinen Argwohn. Zu der Gruppe, die sich oft in der Höhle herum trieben, zählten sowohl Jay als Anführer als auch seine jetztige Frau Juliette.

"Das verschundene Mädchen" ist ein Thriller, der erfreulicherweise ein wenig vom üblichen Grundschema abweicht. Der Schreibstil der britischen Autorin sorgt sofort für Spannung und Neugier, nachdem man die ersten Fäden verknüpft hat. Einzig die häufigen und abrupten Perspektivwechsel lassen den Spannungsbogen doch des öfteren abreißen.

Gut gelungen ist die Widergabe der dörflichen Atmosphäre, nicht ganz so überzeugend dagegen die Darstellung der Charaktere. Diese sind weitgehend klischeehaft angelegt und bilden sich bis auf den des Tom Ward erst gegen Ende des Romans besser heraus.

Dennoch bietet der Fall einen hohen Unterhaltungswert, obwohl oder eher weil er sehr konstruiert angelegt wurde.

Das verschwundene Mädchen

Aline Templeton, Goldmann

Das verschwundene Mädchen

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