Deutzer Blut

  • Horlemann
  • Erschienen: Januar 2004
  • 0
  • Bad Honnef: Horlemann, 2004, Seiten: 176, Originalsprache
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Jörg Kijanski
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonOkt 2005

Ein großartiger Einblick in ein Stück unserer Vergangenheit

Köln und Deutz im Jahr 1803: Während das linksrheinische Köln zu Frankreich gehört unterliegt das rechtsrheinische Deutz der nassau-usingischen Staatsgewalt und so kommt es beinahe alltäglich vor, dass zahlreiches Gesindel von Köln nach Deutz übersetzt, da dieses nicht das strenge französische Scharfgericht kennt, sondern einen eher großzügigen Umgang mit den Kleinganoven pflegt. Und so tauchen neben anderen die stadtweit gesuchten Ganoven Heckmann und Coloredo vorübergehend in Deutz unter.

Als zwei Frauen (Mutter und Tochter), die sich auf einer Wallfahrt zu einem Gnadenbild befanden, in den Poller Weyden ermordet werden, übernimmt zunächst der Deutzer Amtmann von Sandt die Ermittlungen. Umgehend geraten natürlich die gesuchten Heckmann und Coloredo auf die Liste der Verdächtigen, doch auch ein junger Mann namens Mangelschütz, der sich zwischenzeitlich von der französischen Armee hat anwerben lassen, ist hochverdächtig, denn er kommt am fraglichen Tag mit blutverschmierter Kleidung in sein Gasthaus zurück. Und welche Rolle spielte der Kölner Vikar Schaefer, in dessen Begleitung sich die beiden Frauen befanden? Seine Kleidung ist blutverschmiert, angeblich nach einer Auseinandersetzung mit den Mördern, kurz bevor ihm selbst die Flucht gelang.

Da von Sandt mit dem Fall überfordert scheint, sendet er ein Zirkular an die Kölner Kriminalpolizei, in dem er versteckt um Amtshilfe bittet. Prokurator Keil, dem die lasche Polizeipraxis in Deutz ohnehin ein Dorn im Auge ist, übernimmt die Ermittlungen mit Hilfe seiner Kommissare Orban und Schöning, die bereits nach kurzer Zeit Ergebnisse liefern.

Der historische Kriminalroman von Klas Everwyn gibt einen hervorragenden Einblick in ein Stück Kölner Stadtgeschichte, basierend auf einer wahren Begebenheit (den Doppelmord in den Poller Weyden). Sprachlich und atmosphärisch fühlt man sich um 200 Jahre zurückversetzt inmitten der Wirren um die politischen Verhältnisse der damaligen Zeit: das nassau-usingische Fürstentum einerseits und die erstarkten Franzosen unter deren Ersten Konsul Napoleon andererseits. So ist es dann kein Wunder, dass angesichts des Umstandes, dass einer der Verdächtigen (Vikar Schaefer) aus Köln kommt, die dortige Kriminalpolizei den Fall sogleich als den ihren reklamiert, nicht zuletzt um in Deutz, der "Schäl Sick" (frei übersetzt: "der falschen (Rhein-)Seite"), Stärke zu demonstrieren.

Gerade die politischen Verhältnisse sorgen zu Beginn des Romans für einige Verwirrung, doch wenn man sich nach einigen Seiten in die Geschichte hineingelesen hat, kann man die einzelnen Parteien gut auseinander halten und erfährt zum Beispiel, auf welcher Seite die Österreichischen Husaren für Ordnung sorgten. Die einzelnen Figuren bleiben recht eindimensional, ebenso ist die Lösung des Falles mehr als vorhersehbar. Zu schnell werden zwei von drei möglichen Varianten ausgeschlossen, was allerdings bei dem geringen Umfang des Buches unvermeidlich erscheint.

Wer sich für Geschichte, Kirchengeschichte und/oder historische Kriminalromane interessiert, kann hier zugreifen, da es sich vorliegend nicht um einen "Regionalkrimi moderner Prägung" handelt (wie z. B. die Werke aus dem Gmeiner-Verlag). Große Action bzw. Spannung wird nicht geboten, dafür aber ein großartiger Einblick in ein Stück unserer Vergangenheit.

Deutzer Blut

Klas Ewert Everwyn, Horlemann

Deutzer Blut

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