Tiefe

  • Der Hörverlag
  • Erschienen: Januar 2005
  • 38
  • Stockholm: Leopard, 2004, Titel: 'Djup', Originalsprache
  • München: Der Hörverlag, 2005, Seiten: 4, Übersetzt: Leonard Lansink, Bemerkung: gekürzt
  • München: Der Hörverlag, 2007, Seiten: 4, Übersetzt: Leonard Lansink
  • Augsburg: Weltbild, 2006, Seiten: 365
Tiefe
Tiefe
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Peter Kümmel
82°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2005

Tiefe als Metapher für den Abgrund des Bösen

Schlicht und einfach Tiefe - das schwedische Djup bringt es noch kürzer auf den Punkt - betitelt Henning Mankell seinen Roman um einen Seevermesser zur Zeit des ersten Weltkriegs. Dabei steht die Tiefe an sich und insbesondere die Tiefe des Meeres als Symbol für das Unergründliche der menschlichen Seele.

Im Mittelpunkt des Romans steht Lars Tobiasson-Svartman, Kapitän ohne Kommando und Seevermessungsingenieur. Geboren als Lars Svartman hat er nach dem Tod des ungeliebten Vaters seinen Namen ändern lassen und den Geburtsnamen seiner Mutter als Schutz zwischen seinen Vornamen und den Namen des Vaters stellen lassen.

Militärischer Geheimauftrag vor der Schärenküste

Diesen Namen Lars Tobiasson-Svartman führt der Autor bei jeder Erwähnung vollständig auf und schafft so eine Distanz zwischen dem Leser und seinem Protagonisten, der allmählich auch die Nähe zu sich selber verliert und sich immer fremder wird. Distanzen - Maße in jeglicher Hinsicht sind es, die das Leben von Lars Tobiasson-Svartman von klein auf bestimmt haben, zu denen er eine besondere Beziehung entwickelte. Und so war es fast unausweichlich, dass er den Beruf des Vermessungsingenieurs erlernte. Sein kostbarster Besitz ist sein Koffer mit einem Messinglot aus dem 18. Jahrhundert, das er immer bei sich trägt und das ihm Sicherheit gibt, wenn er es fest umklammert.

1914 führt ihn ein militärischer Geheimauftrag mit dem Panzerschiff Svea in den Kalmarsund vor die schwedische Schärenküste. Der Erste Weltkrieg ist im Gange. Das Land Schweden bezweifelt, dass es seine Neutralität wahren kann. So sucht die schwedische Marine neue Fahrwasser für die immer größer werdenden Schiffe. Mit dieser Aufgabe wird der junge Kapitän viele Woche lang beschäftigt sein. Seine Frau Kristina Tacker wartet derweil in der Stockholmer Wohnung auf seine Rückkehr.

Kein Entkommen aus dem Lügengeflecht

Sein Leben nimmt eine unerwartete Wendung, als er auf einer kleinen Schäre auf ein einsames Haus stösst, in dem die junge Sara Fredrika nach dem Tod ihres Mannes völlig einsam lebt. Er verliebt sich auf den ersten Blick in sie. Solange sein Schiff vor der Küste liegt, rudert er, sooft es seine Arbeit zulässt, im Morgengrauen zu ihr. Er erzählt ihr, er sei ebenfalls Witwer. Seine Frau und seine Tochter seien bei einem Unfall ums Leben gekommen. Die erste Lüge zieht weitere nach sich. Durch einen Betrug nach seiner Rückkehr schafft er sich die Möglichkeit, wieder zu der Schäre zu reisen, um Sara Fredrika wiederzusehen. Als er sieht, dass Sara nicht alleine ist, sondern sich ein Soldat in deutscher Uniform in ihrem Haus befindet, erwacht rasende Eifersucht in ihm.

Wer Henning Mankell bisher von seinen Wallander-Romanen kannte, weiß, dass er auch die Sicht des Bösen, das Geschehen aus dem Aspekt des Täters gut beschreiben kann. Hier hat er die Gelegenheit ergriffen, diese Sichtweise nicht nur sporadisch einfließen zu lassen, sondern langsam zu entwickeln und über den gesamten Zeitraum des Romans bis zur Eskalation zu begleiten. Er nimmt sich viel Zeit, die Gefühlswelt seines Protagonisten dem Leser näherzubringen. Trotz seiner bekannten Schreibweise mit kurzen Sätzen vermag er damit enorm viel auszudücken. Etwas zerrissen wirkt der Text manchmal durch die vielen kurzen Abschnitte, denn die 365 Seiten hat der der Autor in insgesamt über 200 Kapitelchen zerlegt.

Subtile Spannung trotz simplem Plot

Die Psychostudie eines Mannes mit ihrer subtilen Spannung erinnert stark an Patricia Highsmiths Ripley, der sich ebenfalls immer tiefer in Unwahrheiten verstrickte, bis er seinem Lügengeflecht nicht mehr entrinnen konnte.

Henning Makell beweist hier einmal mehr, welch variantenreicher Schriftsteller er ist. In Tiefe hat der schwedische Erfolgsautor einen simplen aber dennoch überaus raffinierten Plot entwickelt, der den Leser trotz zeitweise dahin dümpelnder Handlung stets bei der Stange hält und ihn immer mehr in seinen Bann zieht.

Tiefe

Henning Mankell, Der Hörverlag

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