Der Marlowe-Code

  • Random House Audio
  • Erschienen: Januar 2005
  • 15
  • New York: Atria, 2004, Titel: 'The Intelligencer', Seiten: 338, Originalsprache
  • Köln: Random House Audio, 2005, Seiten: 6, Übersetzt: Nina Hoger & Stephan Benson
  • Augsburg: Weltbild, 2006, Seiten: 415
Der Marlowe-Code
Der Marlowe-Code
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Jörg Kijanski
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2005

Wer Dan Brown verschlungen hat, wird Leslie Silbert in sein Herz schließen

Viele feiern Leslie Silbert als "weiblichen Dan Brown". Nach dessen überwältigenden Erfolgen mit Illuminati und Sakrileg ein Grund mehr, sich den "Marlowe-Code" genau anzusehen.

In einem noblen Londoner Viertel lässt der Financier Cidro Medina neue Büroräume einrichten. Dabei stoßen Arbeiter auf einen Hohlraum, in dem sie ein jahrhundertealtes Buch entdecken. Eine Woche später überrascht das Wachpersonal Medinas einen Einbrecher, der es auf das Buch abgesehen hat. Eine Vernehmung ist jedoch nicht mehr möglich, da sich der Einbrecher zuvor mit Zyankali umbringt. Um hinter das Geheimnis des Buches zu kommen, wendet sich Medina an die Slade Group, eine Detektei, die aber gleichzeitig auch eine inoffizielle Abteilung des CIA ist.

Die Anatomie der Geheimnisse

Agentin Kate Morgan, die zuvor Geschichte mit Schwerpunkt auf die Renaissance studiert hat, findet bei einer ersten Ansicht des Buches zahlreiche Hinweise. Es handelt sich um "Die Anatomie der Geheimnisse"; Thomas Phelippes' gesammelte Geheimdienstberichte. Phelippes war im 16. Jahrhundert die rechte Hand von Sir Francis Walsingham, dem Chef-Spion von Königin Elisabeth I... Zunächst will sich Morgan Rat bei Prof. Rutherford holen, doch dieser wurde bereits ermordet...

Neben ihren Recherchen zu Phelippes Buch erhält Morgan darüber hinaus einen weiteren Auftrag: Das CIA ist auf Kontakte zwischen dem italienischen Kunsthändler Luca de Tolomei und dem ranghohen iranischen Geheimdienstmitarbeiter Hamid Azadi aufmerksam geworden, nachdem de Tolomei diesem zuvor 11 Mio. Dollar auf sein Privatkonto überwiesen hat. Azadi will sein Land verlassen und benötigt das Geld unter anderem für eine neue Identität, um sich vor dem "Komitee für Geheime Operationen" zu schützen, die Verrätern nach dem Leben trachten. Doch wofür hat er das Geld bekommen?

Währenddessen treibt ein Öltanker der russischen Mafia im Mittelmeer, wo auf offener See eine mysteriöse Kiste übergeben werden soll. Ein amerikanischer Spionagesatellit zeichnet die Übergabe auf...

Zeitreise: zurück ins Jahr 1593, zu Spionen und Edelsteinen aus Fernost

Nach dem Tod Walsinghams bleibt der Posten des Staatssekretärs unbesetzt. Um ihn kämpfen zwei konkurrierende Geheimdienstchefs. Auf der einen Seite Sir Robert Cecil, auf der anderen Robert Devereux. Als überraschend an der Londoner Börse unbekannte Edelsteine aus dem Fernen Osten auftauchen, vermutet Phelippes, mittlerweile Stellvertreter von Devereux, dass die "Moskoviter Gesellschaft" die geheimnisvolle Nordost-Passage entdeckt hat. Diese wäre für Schiffe die ideale Zufahrt in den Orient, da diese dann nicht mehr über das von Piraten bedrohte Mittelmeer fahren müssten. Phelippes hofft, den Perlenschmuggel aufdecken zu können und somit den entscheidenden Treffer für Devereux im Kampf um den Posten des Staatssekretärs zu landen. Er beauftragt seinen besten Spion, den Schriftsteller Christopher Marlowe, mit den Ermittlungen. Dieser fragt sich, worin die Gegenleistung für die gelieferten Perlen bestand? Wurde etwa der illegale Waffenhandel wiederbelebt, an dem zu seinen Lebzeiten schon Walsingham beteiligt war?

43 Personen, 3 Handlungsstränge, 410 Seiten

Zu viele Handlungsstränge? Dabei war das lediglich ein Blick auf die ersten 85 Seiten. Hinzu kommt, dass in diesem knapp 410 Seiten umfassenden Roman insgesamt 43 namentlich genante Personen mitspielen. Ferner beinhaltet das Buch (letztlich) drei Erzählebenen:

  • Kate Morgan versucht die Codes der einzelnen Berichte zu knacken und herauszufinden, welche brisanten Informationen darin enthalten sind. Denn noch immer sterben Menschen wegen diesem Buch.
  • Parallel dazu werden die Geschehnisse des Jahres 1593 beschrieben
  • und auf der dritten Ebene kommt dann de Tolomei ins Spiel.

Die Schwächen des Buches kann sich anhand der vorgenannten Angaben jeder denken. Bei einem derart vielschichtigem Aufbau und über 40 Personen, bleibt angesichts des überschaubaren Buchumfanges kein Platz für die Ausbildung von Charakteren oder Raumdarstellungen. Nahezu jede Romanfigur kann von jedem x-beliebigen Schauspieler verkörpert werden - und dies ist zumindest für Hollywood wichtig, denn mit einer Verfilmung darf man schon heute rechnen.

Extrem hohes Tempo, immer neue Wendungen, wie eine Achterbahnfahrt

Die Story selbst geht extrem hohes Tempo. Immer neue Wendungen sowie ständige Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart gönnen dem Leser nur selten eine Verschnaufpause. Ruhigere Passagen findet man nur bei den Ränkespielen der elisabethanischen Epoche. Die Gegenwart gleicht hingegen einer Achterbahnfahrt. Eben noch in Amerika ist man schon in London, Tunesien, dem Iran oder im Vatikan. Und je mehr sich dieser Pageturner dem Schluss nähert, desto heftiger werden die Kapriolen, mit denen Leslie Silbert ihren Lesern nochmals alles an Konzentration abverlangt. Hierbei wirkt die Story mitunter sehr konstruiert.

Wer Dan Brown verschlungen hat, wird den "Marlowe-Code" sicher in sein Herz schließen. Wer sich für Geschichte interessiert, der könnte sich - der vorgenannten Schwachstellen bewusst -, an diese neue Autorin ebenfalls heranwagen. Silbert ist Renaissance-Expertin.

Der Marlowe-Code

Leslie Silbert, Random House Audio

Der Marlowe-Code

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