Eiskalt

  • Knaur
  • Erschienen: Januar 2004
  • 26
  • New York: Bantam, 2002, Titel: 'Cold Heart', Seiten: 304, Originalsprache
  • München: Knaur, 2004, Seiten: 459, Übersetzt: Paul Lukas
  • München: Knaur, 2005, Seiten: 459
  • Daun: TechniSat Digital, Radioropa Hörbuch, 2006, Seiten: 9, Übersetzt: Ari Gosch
  • München: Knaur, 2008, Seiten: 459
Eiskalt
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Peter Kümmel
36°1001

Krimi-Couch Rezension vonNov 2004

Atemberaubende Spannung und ein origineller Handlungsort sind nicht genug

Der Prolog hat was von Spielbergs "Duell": Die Polizistin Micky ist mit ihrem Kollegen und Geliebten Wade auf Streife, als sie plötzlich einen Truck im Rückspiegel auftauchen sieht, der keinen Versuch macht, anzuhalten. Da kracht er auch schon in den Streifenwagen hinein. Daß es der Fahrer speziell auf ihr Auto abgesehen hatte, merken die beiden bei seinem zweiten Anlauf. Micky kann aus dem Auto entkommen, doch ihr Freund hat keine Chance. Schwer verletzt kann Micky flüchten, aber die beiden Insassen des Fahrzeugs machen weiter Jagd. Bewaffnet und mit gepanzerten Schutzanzügen verfolgen sie Micky. Polizisten können die Angreifer schließlich überwältigen.

Bereits vor 15 Jahren hatte Micky ein Erlebnis, von dem sie sich psychisch nie erholt hat: Hilflos musste sie aus ihrem Versteck mit ansehen, wie ihre Eltern ermordet wurden. Seitdem verfolgt sie dieses Geschehen in ihren Träumen. Nach diesem erneuten Schock und langem Krankenhausaufenthalt lebt sie bei ihrem Onkel so vor sich hin, bis sich ihr alter nach Alaska ausgewanderter Freund Damon meldet und sie zu sich einlädt.

Aus einer Woche Alaska werden zunächst drei, und die Handlung macht einen Sprung um vier Jahre. Micky bewohnt eine der neun Hütten der abgelegenen Siedlung, die nur durch ein regelmäßig eintreffendes Flugzeug Kontakt zur Außenwelt hat.

So groß die Handlungssprünge auf den ersten 70 Seiten des Buches sind, so gering sind sie auf den restlichen etwa 400 Seiten. Geschildert werden nun in atemberaubendem Tempo mit schnellen Szenenwechseln die Geschehnisse von sechs Stunden, in denen die Bewohner des Dorfes einer nach dem anderen von einem Amokläufer getötet werden.

Der Autor hat selber einige Zeit in Alaska verbracht und so hätte es ihm eigentlich besser gelingen sollen, diesen originellen Schauplatz seinen Lesern nahe zu bringen. Die Atmosphäre der Schneelandschaft kommt jedoch niemals wirklich rüber. Die Story ist eigentlich ziemlich belanglos. Die Handlung besteht prinzipiell aus einem über 300 Seiten langen Showdown, der sich dank einfachster Schreibweise und simplen Dialogen gnadenlos schnell überfliegen lässt.

Keine Chance lässt der Autor seinen Charakteren, die so schnell niedergemetzelt werden, dass ihre Beschreibung absolut oberflächlich bleiben muß. Dabei wäre es bei den teilweise recht verschrobenen Bewohnern der abgelegenen Siedlung eigentlich ein Leichtes gewesen, diesen mehr Flair einzuhauchen. Doch selbst seine Protagonistin Micky bleibt nur als psychisches Wrack in Erinnerung. Die Motive für ihre Entschlüsse, Polizistin zu werden und später nach Alaska zu ziehen, werden nur angerissen.

Ihr Freund Damon hat nur einen kurzen Auftritt zu Beginn des Buches und ist schon fast in Vergessenheit geraten, bevor er am Ende noch mal auftauchen darf. Obwohl McGrew auch hier einen guten Ansatz geschaffen hatte - Damon war vor seiner Auswanderung nach Alaska als Psychologe tätig -, bleiben jegliche psychologische Betrachtungsweisen zugunsten detaillierter Ekelszenen wie dem Zerstückeln von Leichen oder der Beschreibung, wie ein Mensch nach dem Angriff eines Grizzly-Bären aussieht, außen vor.

Zu vieles bleibt Stückwerk, als daß man von einem gelungenen Debüt sprechen könnte. Die einzelnen Teile sind lieblos aneinander geklatscht. Die Motive und die Vergangenheit des Psychopathen bleiben im Dunklen. Der völlig überdrehte Prolog macht keinen Sinn in der Gesamthandlung und ist stümperhaft beschrieben. So ist zunächst von zwei Insassen des Trucks die Rede, doch scheint einer davon plötzlich im Nirwana verschwunden zu sein.

Überrascht ist man dann am Ende des Buches, als der Autor schließlich noch mit einem nicht mehr erwarteten Clou aufwartet. Der aber ist so abgedreht, dass es wohl besser gewesen wäre, ganz darauf zu verzichten.

Ein origineller Handlungsort und eine atemberaubende Handlung machen leider noch keinen guten Kriminalroman. Alles andere an McGrews Thriller ist ziemlich mißlungen.

Eiskalt

Chandler McGrew, Knaur

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