Riptide

  • Droemer
  • Erschienen: Januar 2000
  • 28
  • New York: Warner, 1998, Titel: 'Riptide', Seiten: 417, Originalsprache
  • München: Droemer, 2000, Seiten: 504, Übersetzt: Thomas A. Merk
  • München: Droemer Knaur, 2001, Seiten: 504
  • München: Droemer Knaur, 2003, Seiten: 504
  • Bergisch Gladbach: Lübbe Audio, 2008, Seiten: 6, Übersetzt: Thomas Piper
Riptide
Riptide
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Michael Drewniok
65°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2003

Von Piraten, Schatzsuchern und giftigen Meteoriten ...

1696: Der gefürchtete Pirat Edward "Red Ned" Ockham überfällt ein spanisches Schatzschiff, das auf den Weg zu den amerikanischen Kolonien ist. An Bord befindet sich der geniale Architekt Sir William Macallan, der seine englische Heimat verlassen musste und nun im Dienste des Königs von Spanien steht. Ockham metzelt die Besat zung nieder, verschont aber Macallan - er soll ihm ein Versteck für die Schätze bauen, die der Pirat auf seinen Raubzügen zusammengerafft hat. Vor der Küste von Maine beginnt Macallan auf der kleinen Insel Ragged Island sein Werk. Der geniale Baumei ster ersinnt eine gut gesicherte, mit Fallen gespickte Schatzgrube, die ohne Kenntnis des Schlüssels nicht betreten werden kann. Freilich ahnt Macallan, dass Ockham nach Beendigung des Werks keine Mitwisser dulden wird, und er rächt sich an seinem Peini ger, indem er sich heimlich einige ganz besondere Fallstricke einfallen lässt ...

1971: Seit zwei Jahrhunderten bemühen sich Schatzsucher aus der ganzen Welt, das Rätsel von Ragged Island zu lösen. Die Insel ist inzwischen von Tunneln durchbohrt wie ein Schweizer Käse. Viele haben Hab und Gut oder gar ihr Leben verloren. Niemandem ist es jedoch gelungen, Macallans Grube zu ergraben. Insel und Schatz gelten längst als verflucht.

Seit dem Zweiten Weltkrieg ist Ragged Island im Besitz der Familie Hatch. Auch sie hat den Fluch zu spüren bekommen; der Grossvater ruinierte sich, sein Sohn trägt noch immer an den Schulden. Da schleichen sich die Brüder Johnny und Malin Hatch zur Insel. Sie finden einen bisher unbekannten Zugang zur Schatzgrube, doch Johnny fällt einer von Macallans Todesfallen zum Opfer. Die Familie kommt über die Tragödie nicht hinweg; der Vater stirbt kurz darauf auf Ragged Island, und seine Frau verlässt mit dem überlebenden Sohn die Küste.

Heute: Malin Hatch ist ein anerkannter Mediziner geworden, der sich in der Forschung einen Namen zu machen beginnt. Den Verlust seines Bruders hat er nie verwunden und weitere Schatzsuchen auf Ragged Island verboten. Da stellt sich ihm Kapitän Neidelman vor, dessen Lebenstraum es ist, Ockhams Schatz zu heben. Er verfügt über die Mittel, die Ausrüstung und die Leute, es zu versuchen - und er hat das geheime Tagebuch William Macallans gefunden, das dieser als Ockhams Gefangener geführt hat.

Nach anfänglichem Widerstreben schliesst Hatch sich Neidelman und seinen Bergungs spezialisten an. Nach anfänglichen Rückschlägen macht die Suche gute Fortschritte - bis sich zeigt, dass der schon dreihundert Jahre tote Macallan noch einige Asse im Är mel versteckt hält ... Im bizarren Labyrinth der Schatzgrube gibt es bald die ersten To ten. Hatch rät zum Rückzug, doch Neidelman und seine Crew hat das Goldfieber ge packt. Allen Warnungen zum Trotz graben sie weiter, bis sich der Fluch schliesslich erfüllt: Macallans letzte Falle schliesst sich über dem Schatz und allen, die ihre Gier nicht zügeln konnten. Nur Malin Hatch und die junge Archäologin Bonterre können dem Inferno entkommen.

"Riptide" lehnt sich eng an eine reale Geschichte an. Auf der kleinen Insel Oak Island vor der Küste Neuschottlands in Kanada fanden drei Jugendliche, die hier Enten jagen wollten, im Jahre 1795 eine zugeschüttete Grube und zurückgelassenes Werkzeug, dessen Alter man auf etwa ein Jahrhundert schätzte. In den folgenden Jahren setzten aufwändige, letztlich aber ergebnislose Versuche ein, den vermuteten Schatz in der Erde zu bergen. Der Prolog, mit dem Preston und Child ihren Roman einleiten, ist fak tisch eine Zusammenfassung tatsächlicher Ereignisse. Dann wird die Geschichte aller dings fiktiv, denn bis heute ist es niemandem gelungen, auch nur in die Nähe des sa genhaften Schatzes zu kommen. Auch die Historiker tappen noch völlig im Dunkeln, was den wahren Erfinder der genialen Gruben-Konstruktion angeht.

Piraten, vergrabene Schätze, Labyrinthe voller Todesfallen, Skelette, uralte Flüche - kann man sich eine Ansammlung abgedroschenerer Klischees vorstellen? Wohl kaum! Gibt es etwas Spannenderes? Oh, nein! "Riptide" (das Wort bezeichnet eine gefähr liche Rückströmung auf dem Meer) ist ein Garn, gesponnen von zwei ausgefuchsten Meistern dieses Metiers (u. a."Das Relikt", eine Geschichte um ein Monster in einem Museum, sowie "Attic", die Fortsetzung, und "Mount Dragon", ein Medizin-Thriller, alle erschienen bei Droemer Knaur). Wie das häufig so ist, fragt man sich, nachdem man das Buch gelesen hat , wieso vorher noch niemand auf die Idee gekommen ist, das Rätsel von Oak Island als Aufhänger für eine Geschichte zu wählen, denn ein idea leres Fundament lässt sich schwer vorstellen.

Preston und Child bringen das ehrwürdige Genre des Abenteuer-Romans auf den neuesten Stand. Ihre Schatzgräber rücken der verfluchten Insel mit allen Wundermitteln zu Leibe, die Wissenschaft und Technik zu Beginn des 21. Jahrhunderts aufbieten kön nen. Die Autoren gelingt es, Geheimnis und High-Tech in Einklang zu bringen. Die entstandene Geschichte erinnert an Werke zweier weiterer Meister des modernen Wissenschafts-Thrillers: Michael Crichton (hier besonders "Congo") und Philip Kerr ("Esau").

Bei aller Hochspannung weist "Riptide" leider einige blinde Flecken auf. Wieso verwan delt sich Kapitän Neidelman, den die Autoren als besonnenen Bergungsfachmann mit jahrzehntelanger Erfahrung einführen, praktisch von einem Moment zum anderen in einen schäumenden, mordlustigen Irren? Ist es eigentlich eine unumstössliche Regel, dass, sobald irgendwo ein Schatz gehoben werden soll, ein fanatischer Priester auf der Bildfläche erscheint, der einen Feldzug gegen solches aus immer unerfindlich bleiben den Gründen sündhafte Tun anzettelt? Wie kommt Dr. Hatch zu seinem Ruf als Medi ziner, wenn selbst der dümmste Leser schon hundert Seiten vor ihm weiss, dass radio aktive Vergiftung die Schatzsuchern mattsetzt?

Ein wenig übel stösst einem schliesslich die allzu gefällige Auflösung des Abenteuers auf. In der zusammenstürzenden Grube kämpfen die "Guten" mit den "Bösen" und um ihr Leben, während unter ihnen Ockhams Schatz in einem gähnenden Abgrund versinkt und über ihren Köpfen ein Gewittersturm wütet. Auf der Leinwand wird das später sicher toll aussehen, aber eine Überraschung ist dieser Schluss nicht.

Doch von solchen Einschränkungen abgesehen, verfliegt die Zeit bei der Lektüre dieses Romans wie im Fluge. "Riptide" raubt seinen Lesern die Nachtruhe, weil es schwer ist, sich loszureissen, sobald einen die Geschichte erst einmal in ihren Bann gezogen hat.

Riptide

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