CSI - Miami, In der Hitze der Nacht

  • vgs Egmont
  • Erschienen: Januar 2004
  • 2
  • Köln: vgs Egmont, 2004, Seiten: 304, Übersetzt: Antje Görnig
CSI - Miami, In der Hitze der Nacht
CSI - Miami, In der Hitze der Nacht
Wertung wird geladen
Michael Drewniok
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonOkt 2004

Kein drittklassiger Drehbuch-Verschnitt, sondern ein eigenständiger `Fall`

Standesgemäß und spektakulär kommt Kurt Wallace zu Tode: Aus einem fahrenden Auto erschießt man Miamis berüchtigten Bandenchef mit einem schweren Sturmgewehr. Acht weitere Menschen - meist Unbeteiligte - kostet der Anschlag ebenfalls das Leben. Droht ein Machtkampf unter organisierten Verbrechern in einen Bandenkrieg auszuarten? Das Gleichgewicht des Schreckens unter den Gangs der Stadt ist ohnehin labil. Ein Vorfall wie dieser reicht aus die Lunte zu zünden. Die Polizei will dies unbedingt verhindern. Deshalb muss der Schuldige rasch gefunden werden.

Da dieser scheinbar keine Spuren am Tatort hinterlassen hat, geht das beste Team der Crime Scene Investigation, kurz C.S.I. genannt, unter Lieutenant Horation Caine von der Miami-Dade Police an seine schwierige Arbeit. Während Feuerwaffenexpertin Calleigh Duquesne und ihre Kollegen Tim Speedle und Eric Delko mit modernster kriminalistischer Technik und Alexx Woods in der Pathologie Indizien sichern, sieht sich Caine rasch den üblichen Zuständigkeitsquerelen unter verschiedenen Bundesbehörden ausgesetzt. Da der Mord an acht Menschen von den Medien ausgeschlachtet wird, drängen sich außerdem Karrieristen und kommunale Politiker in die Ermittlungen, um sich als möglichst tatkräftige Volksvertreter zu profilieren.

Korruption ist mit im Spiel

Unter diesen sticht der ehrgeizige Bezirksbundesanwalt Kenneth LaRussa hervor. Gleichzeitig gehört er zu den Verdächtigen: Die C.S.I.-Gruppe findet heraus, dass die Tatwaffe eigentlich im Beweismitteldepot seiner Behörde liegen müsste, nachdem sie im Rahmen eines früheren Verbrechens konfisziert wurde. Sie ist auch an Ort und Stelle, was die Frage aufwirft, wie sie aus dem Depot und nach der Mordattacke wieder hinein kam. Ist etwa Korruption im Spiel?

Der Verdacht erhärtet sich, als der unbekannte Mörder gezielt wieder zuschlägt. Er schießt auf den DEA-Agenten und Bandenspezialisten Jeremy Burnett, tötet aber "nur" dessen Ehefrau. Als sich einige Gangbosse an einem geheimen Ort versammeln, um über einen Waffenstillstand zu beraten, werden auch sie umgebracht. Der Bandenkrieg in den Straßen von Miami ist da, die Zahl der Opfer steigt - und immer wieder ist der mysteriöse Mörder genau dort, wo er das Feuer weiter schüren kann. Wer informiert ihn, wer deckt ihn, wer ist er? Zäh arbeiten sich Caine und seine Leute an die Lösung des Rätsels heran, aber ihr Weg ist lang, bitter und gefahrenreich ...

C.S.I. - auch als Kopie ein Original

Seit 2002 jagt es für das Fernsehen im US-Sonnenstaat Florida mit Köpfchen, Reagenzglas & Superkleberdampf fast perfekte Mörder: das Team des "C.S.I. Miami", ein Spin-Off der ungemein erfolgreichen Serie "C.S.I. Las Vegas" (seit 2000), welche 2004 sogar noch einen zweiten "Ableger" bekam: "C.S.I. New York".

Das Konzept der drei Serien ist grundsätzlich identisch: Mit modernstem Methoden der Ermittlungstechnik und der Gerichtsmedizin werden Verbrechen geklärt, die zunächst unter die Kategorie "unlösbar" fallen. Angelehnt an den aktuellen Stand der Wissenschaft (wobei dieser TV-gerecht angehoben bzw. auch ignoriert wird, wenn es der Story nützt), verpackt in schnelle, bunte Bilder und besetzt mit fabelhaft kooperierenden Darstellern, finden die spannenden Storys ein begeistertes Publikum.

Dieses Potenzial wird von der Fernsehindustrie schon längst für Zusatzgeschäfte genutzt. Es gibt u. a. C.S.I.-Games, C.S.I.-Comics - und C.S.I.-Romane. Diese "tie-ins" weisen eine für solche "Literatur" ungewöhnliche Qualität auf. Normalerweise fabrizieren No-Name-Schreiberlinge möglichst billig "Bücher zum Film", die als Verbrauchsware mit frühem Verfallsdatum gelten. Aller drei C.S.I.-Serien hat sich mit Max Allan Collins jedoch ein ungemein professioneller und mit eigenen Werken bekannt und erfolgreich gewordener Thrillerautor angenommen.

Kein Aufguss, sondern ein nicht verfilmter Fall

Die Lektüre verrät den Unterschied: "C.S.I. Miami: In der Hitze der Nacht" ist zwar immer noch kein wirklich "guter" Krimi, aber kein TV-Abfallprodukt. Collins hat sich gut in die Materie eingearbeitet. Der gelungene Plot hält sich dicht an das oben skizzierte Konzept. Die aus dem Fernsehen bekannten Figuren erkennt man sofort wieder - ein wichtiger Aspekt für die Leser eines "tie-ins". Die Handlung ist rasant und erinnert mit ihren schnellen, aber nicht übertriebenen Sprüngen an den Schnittstil der TV-Vorlage. So liest man eine nicht verfilmte "C.S.I. Miami"-Episode und kann die Bilder sehr gut vor dem geistigen Auge selbst ablaufen lassen.

Die meisten Verfasser von "tie-in"-Romanen stören sich nicht an den Beschränkungen, die ihnen das Genre auferlegt: Sie sind in ihrer schriftstellerischen Freiheit deutlich eingeschränkt. Die Figuren müssen in Verhalten und Sprache ihrem Kino- oder TV-Pendant entsprechen. Abweichungen - zu denen auch eigene Einfälle zählen - führen leicht zu Irritationen. Ein weiteres Problem entsteht aus der Tatsache, dass Film und Buch zwei unterschiedliche Medien sind: Film rafft ein Geschehen, das im Buch beschrieben werden muss. Collins beherrscht die Kunst, "Drehbuchlücken" mit eigenen Inhalten zu füllen, ohne dass diese auf das C.S.I.-typisch hohe Handlungstempo drücken.

Liebe alte Bekannte, die man wiedererkennt

Größer ist der Spielraum für die Charakterisierung von Nebenfiguren, wobei natürlich die Crux darin besteht, dass sich die Leser primär für das C.S.I.-Team interessieren. Die bekannten Wesenszüge (und Macken) der einzelnen Hauptpersonen weiß Collins geschickt zu vertiefen, ohne das TV-Konzept (oder Korsett) zu sprengen. Horatio Caine wirkt sogar authentischer als im Fernsehen, weil Collins jenen Manierismus unberücksichtigt lässt, der den Schauspieler David Caruso penetrant zur Seite und ins Leere starren lässt, wenn er mit einem Verdächtigen spricht und bedeutungsschwanger wirken möchte.

Kein Wunder, dass Collins seine Helden am liebsten dort zeigt, wo sie auch die Fans gern sehen: bei der Arbeit. Leider wirken die oft verblüffenden (oder verblüffend gut erfundenen) Methoden der Spurensicherung in der Beschreibung nicht durchgängig so überzeugend wie im Fernsehen. Collins kompensiert dies, indem er dosiert Hintergrundinfos zur jeweils eingesetzten Methode einfließen lässt. Das gelingt nicht immer harmonisch, d. h. wirkt manchmal aufgesetzt, aber in der Regel funktioniert es. Zudem beherzigt der Verfasser eine Fernseh-Grundregel: Gib' dem Spektakulären stets den Vorzug vor der Logik! Also fährt Calleigh Duquesne mit einem AK-47-Sturmgewehr in ein Schwimmbad, um es dort zu Testzwecken ins Wasser abzufeuern. So kennt man es, so will man es, so bekommt man es: keine Klagen seitens des Lesers. Den Schwarzen Peter darf man getrost dem Unglückswurm zuschieben, der (oder die) den Einfall hatte, den Originaltitel "Heat Wave" ausgerechnet mit "In der Hitze der Nacht" zu "übersetzen" ...

CSI - Miami, In der Hitze der Nacht

Max Allan Collins, vgs Egmont

CSI - Miami, In der Hitze der Nacht

Ähnliche Bücher:

Deine Meinung zu »CSI - Miami, In der Hitze der Nacht«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Dr. Drewnioks
mörderische Schattenseiten

Krimi-Couch Redakteur Dr. Michael Drewniok öffnet sein privates Bücherarchiv, das mittlerweile 11.000 Bände umfasst. Kommen Sie mit auf eine spannende und amüsante kleine Zeitreise, die mit viel nostalgischem Charme, skurrilen und amüsanten Anekdoten aufwartet. Willkommen bei „Dr. Drewnioks mörderische Schattenseiten“.

mehr erfahren