Das Haus des roten Schlächters

  • Eichborn
  • Erschienen: Januar 1993
  • 3
  • London: Headline, 1992, Titel: 'The House of the Red Slayer', Seiten: 280, Originalsprache
  • Frankfurt am Main: Eichborn, 1993, Seiten: 302, Übersetzt: Rainer Schmidt
  • München: Droemer Knaur, 1995, Seiten: 283
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Markus Traud
78°1001

Krimi-Couch Rezension vonNov 2003

Infos werden quasi im Vorübergehen vermittelt

Ein historischer Krimi aus dem 14. Jahrhundert, der in London spielt. "Das Haus des roten Schlächters" ist nach "Galerie der Nachtigall" der 2. Roman von Paul Harding, der sich mit den Fällen von Sir John Cranston, dem Coroner (=Untersuchungsrichter) des Königs und Athelstan, seinem Schreiber, beschäftigt.

Die Einleitung des Buches spielt 15 Jahre vor der eigentlichen Handlung des Romans, die im Jahr 1377 angesiedelt ist. In dieser Einleitung wird nur kurz erzählt, wie ein zypriotisches Schiff mit einem Kreuzritter an Bord von maurischen Piraten, die sich dann als Elitetruppe des Kalifen herausstellen, aufgebracht und versenkt wird. Ob diese Geschichte wohl etwas mit der Haupthandlung zutun hat?

Die eigentlich Geschichte beginnt mit der Ermordung des Constables des Londoner Towers. Im Laufe ihrer Ermittlungen entdecken unsere beiden Hauptakteure, dass dieser Constable scheinbar schon länger in Angst gelebt hat und wenige Tage vor seiner Ermordung auch eine Warnung bekommen hat, wie sie von gedungenen orientalischen Meuchelmördern, sogenannten Assassinen, geschickt wird. Sowohl er als auch einige der im Tower zum Zeitpunkt des Mordes Anwesende haben vor 15 Jahren im Orient gekämpft. (Wie war das mit der Einleitung?) In einer Nebenhandlung wird noch erzählt, wie Leichen vom Friedhof der von Athelstan betreuten Gemeinde Leichen von Menschen ohne Angehörigen verschwinden.

Das Aufkommen der Wissenschaft und die Problematik

Wie schon beim ersten Roman glänzt dieses Buch neben der hervorragenden Krimihandlung mit einer Vielzahl von historischen Details und Informationen, an denen man erkennt, dass Harding, der auch unter dem Namen P.C. Doherty schreibt, studierter Historiker ist. Egal ob es um Dinge wie die damals bevorstehenden Bauernaufstände, die Kreuzzüge oder das Gerichtswesen allgemein geht: es werden Infos quasi "im Vorübergehen" vermittelt, ohne daß dabei doziert wird. Was im hier vorliegenden Buch noch etwas mehr als im ersten Band hervorgehoben wird, ist das Aufkommen der Wissenschaft und die dabei entstehende Problematik. In "Die Galerie der Nachtigallen" wurde es hauptsächlich durch die Neigungen Athelstans in Richtung Logik und Astronomie ins Spiel gebracht, hier wird es zum Teil der Handlung. Weiterhin ist es, wenn man sich etwas im heutigen London auskennt, lustig und interessant, die historischen Parallelen (Ursprung von Namen, Zweck bestimmter Viertel etc.) zu sehen.

Die Figuren sind gewohnt vielschichtig dargestellt, damit man sich mit ihnen identifizieren kann. Auch das persönliche Umfeld der beiden Protagonisten wird wieder ausgiebig mit einbezogen und macht die ganze Sache noch plastischer. Man begegnet mit dem ständig saufenden, fressenden, aber trotzdem scharfsinnigen Richter und seinem zwangsverpflichteten Mönchsscheiber und ihrem Umfeld quasi alten Bekannten, deren Leben weitergeschrieben wird. Aber da dies nie in die eigentliche Handlung einfließt und genügend Infos gegeben werden, muß man den ersten Roman nicht kennen, um dieses Buch genießen zu können.

Kann neben der Cadfael-Reihe durchaus bestehen

Der Titel ist ausnahmsweise mal wirklich einfach übersetzt worden und spielt auf den Tower of London an, um den sich ja schon zur damaligen Zeit viele Sagen rankten und der ja auch Gefängnis und Richtplatz war. Und somit war der rote Schlächter, also der Tod, dort zuhause.

Vielleicht kurz bei diesem Buch die Anmerkung, dass man natürlich Vergleiche mit der Bruder Cadfael-Reihe von Ellis Peters ziehen muß. Aber es können mehrere Reihen ähnlichen Inhalts durchaus parallel bestehen und gut sein.

Insgesamt wieder ein sehr schöner, spannender und mit History gespickter Krimi. Man sollte natürlich nicht zu viel Anspruch erwarten, aber wer so etwas sucht, sollte keine historischen Krimis, sondern Geschichtsbücher lesen. Als Unterhaltungslektüre wärmstens zu empfehlen.

Das Haus des roten Schlächters

Paul Doherty, Eichborn

Das Haus des roten Schlächters

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