Seidenstraße
- Kremayr & Scheriau
- Erschienen: September 2025
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Moderner Politthriller mit Tempo.
18. Mai: Vor den Toren der Hamburger Transportgesellschaft kommt es zu wütenden Protesten wegen eines geplanten Handelsabkommens mit China. Gleichzeitig stirbt in Berlin ein Bundestagsabgeordneter unter ungewöhnlichen Umständen. Kurz darauf ereignet sich in der Hamburger Innenstadt ein brutaler Mord. Das Opfer: Jessica Wang, eine Unternehmensberaterin aus China. Der Zeitpunkt könnte kaum ungünstiger sein, denn der chinesische Ministerpräsident wird zu Besuch in Berlin erwartet. Die Boulevardpresse stürzt sich auf den Fall, in den sozialen Medien kursieren bald seltsame Gerüchte: War die Frau in Wahrheit eine chinesische Spionin? Und gibt es gar eine Verbindung zum mysteriösen Todesfall des Bundestagsabgeordneten?
Schnell gerät die Bewegung „Stoppt China“ unter Verdacht. Doch der ehemalige BND-Agent Max Oster, nun Sicherheitschef des Hamburger Hafens, verfolgt eine andere Spur. Zusammen mit der ehrgeizigen, aber derzeit suspendierten jungen Journalistin Laura Schneider gerät er bei seinen Ermittlungen ins Fadenkreuz von Polizei und Geheimdienst. Dabei kommen sie einer Verschwörung auf die Spur, die die weltweiten politischen Beziehungen aus dem Gleichgewicht bringen könnte.
Forscher und Autor
Autor Robert Lackner ist seit drei Jahren wissenschaftlicher Mitarbeiter am Ludwig-Boltzmann-Institut für Kriegsfolgenforschung in Wien. Nach dem Studium der Geschichte, Germanistik und englischen Philologie in Graz und Paris war er zunächst für internationale Organisationen sowie ein Beratungsunternehmen tätig, ehe er 2011 für seine Dissertation an die Universität zurückkehrte. Als Zeithistoriker mit einem starken Interesse an internationalen Beziehungen liegt sein wissenschaftlicher Schwerpunkt seitdem auf Flucht, Vertreibung und Exil im nachrichtendienstlichen und militärischen Kontext im Zeitalter der Weltkriege. Zu diesen Themen recherchiert er regelmäßig in US-amerikanischen und britischen Archiven.
2024 erschien sein Sachbuch „Wie ein junger Anwalt Tausende Juden rettete: Die abenteuerliche Geschichte des Willy Perl“, welches für das „Wissenschaftsbuch des Jahres“ nominiert war. Ein weiterer Titel, „Die Welt der Nachrichtendienste“, ist in Vorbereitung und diente augenscheinlich auch als Grundlage für Lackers ersten Thriller „Seidenstraße“, der im Wiener Verlag Kremayr & Scheriau erscheint.
Reale Fiktion
Robert Lackners Debütthriller weiß trotz kleinerer Schwächen zu überzeugen. Das Thema könnte kaum aktueller sein. Im Zentrum der Handlung stehen (geo-)politische Spannungen und nationale wie globale Wirtschaftsinteressen. Dabei wird auch die weltweite Rolle der Nachrichtendienste beleuchtet - ein Steckenpferd des Autors. Die Verflechtungen und Beziehungen zwischen den Geheimdiensten und vor allem der Deutschen Regierung werden in klarer, wenn auch in etwas vereinfachter Weise dargestellt. Das ist auch aufgrund der Lesbarkeit des Romans gut so. Schließlich haben wir es mit einem Thriller und nicht mit einem Sachbuch zu tun. Vereinzelt greift Lackner auf reale Ereignisse zurück und verbindet hier gekonnt Wirklichkeit mit Fiktion. Dadurch wirken die dargestellten Ereignisse und Schauplätze absolut glaubwürdig.
Der Agent und die Journalistin
Mit dem ehemaligen BND-Agenten Max Oster und der jungen Journalistin Laura Schneider stehen zwei Figuren im Mittelpunkt, die nichts zu verlieren haben, sind beide doch aktuell von ihren Tätigkeiten freigestellt und familiär nicht gebunden. Ein altbekanntes Motiv, mit dem Lackner seinen Figuren großen Freiraum schenkt. Dass Oster zudem selbst unter Mordverdacht gerät, da er mit der ermordeten Chinesin zuvor den Abend verbrachte, und Schneider als sensationsgierige Journalistin auf der Suche nach dem perfekten Scoop ist, wirkt mitunter aber etwas zu viel des Guten. Auch wie sich beide immer wieder aus brenzligen Situationen befreien, entspricht mehr der Fiktion als der Realität - wie insgesamt die Lösungen im Roman oftmals zu einfach sind. Aber die Zusammenarbeit zwischen beiden funktioniert trotz anfänglichem Misstrauen zunehmend besser und mit manchem Augenzwinkern nimmt die Verbrecherjagd der beiden immer mehr Fahrt auf. Spannung ist dabei garantiert.
Man benötigt als Leser aber etwas Zeit, bis man sich im Roman trotz des spannenden Plots zurechtfindet. Dies liegt vor allem am überbordenden Figurentableau und der Komplexität der politischen Verschwörung. Zum einen bleibt länger unklar, wer überhaupt im Zentrum der Handlung steht. Auch die zahlreichen Handlungsfäden sorgen dafür, dass man schnell die Übersicht verlieren kann: Neben der Tätersuche Osters und Schneiders rücken auch ein Ermittlerteam des LKA Hamburgs, der Verfassungsschutz, die HTG, das Redaktionsteam der FAKT, ausländische Geheimdienste und natürlich die Bundesregierung in den Fokus. Dennoch führt Lackner am Ende alle Handlungsfäden gekonnt zusammen.
Fazit
„Seidenstraße“ ist ein komplexer, vielschichtiger Politthriller, der auch aufgrund seiner aktuellen politischen Brisanz lesenswert ist. Man merkt Robert Lackner in seinem Schreibstil und dem Ton seiner Erzählweise aber noch etwas „Sachbuchhaftes“ an. Dies mag auch daran liegen, dass der Roman sehr viele Fakten, reale Personen und Ereignisse aufweist und die Darstellung der Figuren zum Teil etwas zu oberflächlich gerät. Insgesamt ist „Seidenstraße“ ein interessantes, vielversprechendes Debüt, das durchaus Lust auf weitere Romane Lackers macht.

Robert Lackner, Kremayr & Scheriau

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