Snø – Ohne jeden Zeugen

Die Norwegerin Unni Lindell arbeitete zunächst als Journalistin und Übersetzerin. Bekannt wurde sie aber als Autorin für Jugend- und Kinderliteratur, bevor sie sich auch mit ihren Krimis etablierte. Ihren bisher erschienen Reihen wird nun eine neue hinzugefügt. Jetzt ermittelt die junge Polizistin Snø in Oslo.

Es geschah in einem heißen Sommer

Sonja muss sich um zwei Gärten kümmern. Ihre Eltern und die Nachbarn sind im Urlaub. Während der Arbeit sieht sie einen Schatten im eigentlich leeren Haus der Nachbarn, doch die gerufene Polizei kann nichts Ungewöhnliches finden. Nur die junge Polizistin Snø glaubt ihr. Dann verschwindet Sonja und Snø befürchtet eine Entführung, wenn nicht noch Schlimmeres. Hängt das alles mit dem Verschwinden von mehreren Menschen in letzter Vergangenheit zusammen? Und wieder ist es nur Snø, die sich auf diese Fährte begibt. Die führt sie in die Ölindustrie, dem wichtigsten Wirtschaftszweig in Norwegen. Und dann wird es gefährlich für Snø.

Ein unglaublicher Plot

„Unglaublich“ ist in diesem Fall wörtlich zu nehmen, denn was Lindell hier präsentiert, ist so realitätsfern, wie es nur sein kann. Die Haupthandlung besteht aus völlig unrealistischen Aktionen, die in der wirklichen Welt wahrscheinlich zum sofortigen Rausschmiss bei der Polizei führen würden. Getoppt wird das Ganze nur noch von der Nebenhandlung, die so haarsträubend konstruiert ist, dass man sie von Anfang an nicht ernst nehmen kann. Dadurch leidet die Spannung enorm. Lediglich zum Schluss hin, nimmt sie etwas an Fahrt auf. Doch das Ende ist im Inhalt genauso enttäuschend, wie der Rest. Einzig Snø lässt die Autorin mit einer erschreckenden Tat endlich im richtigen Licht erscheinen.

Eine Polizistin, wie sie nur in diesem Buche steht

Snø agiert egoistisch, ohne Rücksucht auf ihre Kollegen, hält sich an keine Regeln und missachtet jede Vorsichtsmaßnahme. Und das als gerade fertig ausgebildete Polizistin. Das ist ebenso unrealistisch wie langweilig. Ein bisschen mehr Wirklichkeit hätte der eher unsympathischen Protagonistin gutgetan. Wobei Hauptfiguren natürlich nicht angenehm sein müssen, um überzeugend zu wirken. Aber dann müssen sie es zumindest in ihrer Antipathie hervorrufenden Art sein. Doch das schafft Snø auch nicht. Ihr Charakter ist zu eindimensional, wie alle anderen übrigens auch. Das steht im krassen Gegensatz zum ziemlich überfrachteten Plot, der mit Wirtschaftskriminalität, Mord- und Totschlag, Inzest, unglaublicher Brutalität und noch viel mehr Themen daherkommt. Das Ganze wird dazu in einem wenig ausgefeiltem Stil, der sich maximal im sprachlichen Mittelfeld befindet, präsentiert. „Snø – ohne jeden Zeugen“ ist daher wahrscheinlich nur etwas für Fans der Autorin.

Fazit

Unni Lindell hat mit „Snø – ohne jeden Zeugen“ eine neue Reihe begonnen, die allerdings wahrscheinlich nur ihre Fans überzeugen wird. Wer wirklich packende Scandic-Noirs lesen möchte, dürfte bei anderen Autoren und Autorinnen besser aufgehoben sein.