Hieb und Strich
- Berlin Verlag
- Erschienen: April 2025
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Ein kleiner Gruß aus der Küche.
Die drei Freundinnen Myrna, Leona und Chrissy wussten schon immer, dass der Vierten im Bunde, Fern, übel mitgespielt wurde. Einst eine gefeierte Autorin wurden ihre Werke von einer Kritikergruppe so gezielt und gemein verrissen, dass der literarische Absturz folgte. Fern hat sich niemals richtig davon erholt - jetzt am Ende ihres Lebens soll ihr doch wenigstens noch eine kleine Freude zuteilwerden. Natürlich soll das nicht mit ein paar profanen Blümchen oder einer Schachtel Pralinen passieren. Das Trio plant vielmehr die ultimative Rache an der "Kritikerbande". Die ist auch besonders angezeigt, als es sich samt und sonders um Männer handelt, die offensichtlich seinerzeit aus einem einzigen Grund handelten: Eine Frau sollte in ihre schriftstellerischen Grenzen gewiesen werden. Ein derartiges perfides Vorgehen kann eigentlich nur mit der Höchststrafe geahndet werden....
Wenn die Damenriege im Garten ein Verbrechen plant
Margaret Atwood, die vielen sonst wegen ihrer grandiosen Romane um das dystopische Gilead und sein menschenverachtendes System bekannt ist, veröffentlich hier eine kleine Geschichte um eine Riege alter Damen die spät - aber nicht zu spät - Gerechtigkeit fordert. Erzählt wird das in einem sehr hübschen keinen Büchlein mit einen aufgemalten Cocktailglas. Aber - mit dem vorhandenen Umfang von sechzig Seiten wird jedem Krimiliebhaber klar, dass hier sehr schnell und straff erzählt werden muss.
Überrascht stellt man aber irgendwann dann doch fest: Die alten Damen sitzen da und reden. Und reden. Und planen - und verwerfen. Und irgendwann wird dann doch die Zeit bzw. die Seitenzahl ein wenig knapp um ein durchdachtes, ordentliches Verbrechen zu begehen. Es soll nicht in Abrede gestellt werden, dass die alten Mädchen sich durchaus interessant und witzig zu erzählen wissen - aber so richtig krimimäßig kommt eigentlich nichts rüber.
"Warum gibt's eigentlich keine apokalyptischen Reiterinnen?"
Dennoch erfährt der/die Leser*in so einiges über die Hackordnung der schreibenden Zunft in der Vergangenheit und darüber, dass auch dieser Bereich - wie nicht anders zu erwarten war - von Männern dominiert wurde. Das eigentliche Verbrechen dürfte dann auch darin gesehen werden, dass eine gut organisierte Clique in der Lage war, begabte Frauen einfach ins Abseits zu befördern und ihnen einerseits Ruhm und Ehre und andererseits das dringend benötigte Einkommen zu versagen. Dieser Strang bildet die Hauptlinie dieser Geschichte und ist nicht nur interessant, sondern für heutige Frauen auch sicherlich mit Verärgerung zu lesen. Wenn man sich auch sicher fragen darf, ob sich an diversen "Hexen/*r-Jagden" heutzutage so vieles tatsächlich geändert hat.
Mit vielen Vergleichen zu Shakespeares "Macbeth" und Hinweisen zu der berühmten Szene mit den drei Hexen gibt Atwood punktuelle Einblicke in die Racheplanungen ihrer modernen "Hexen". Tatsächlich soll sich dann auch ein Plan entfalten und dann müssen die Verschwörerinnen ohne Kochtopf überrascht feststellen, dass ihnen eine andere Macht bereits zuvorgekommen ist. Irgendwie befriedigend ist dieses Ende schon - aber vollkommen anders als erwartet.
Fazit
"Setze dich an das Ufer eines ruhigen Flusses und warte, bis die Leichen deiner Feinde vorbeitreiben" so orakelt ein chinesisches Sprichwort und insbesondere im Hinblick auf dieses Büchlein war es sicher nie wahrer.

Margaret Atwood, Berlin Verlag
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