Alter Zorn

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2025
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Monika Wenger
73°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 1970

Mit Ausdauer und Vehemenz zum Erfolg.

Zufällig erfährt Ida Rabe, dass am Elbstrand von Övelgönne ein toter Junge angespült wurde. Sofort macht sie sich auf den Weg und radelt zum Fundort. Sie versucht sich ein Bild von der Situation zu machen, bevor ihre Kollegen auftauchen. Mit Entsetzen stellt sie fest, dass sie den Jungen vor einiger Zeit gesehen haben könnte. Da sie von ihrem Vorgesetzten zurückgebunden wurde, darf sie in diesem Fall nicht mitarbeiten. Das hält die junge Polizeibeamtin aber nicht davon ab, auf eigene Faust zu ermitteln.

Misshandlungen

Der tote Junge von Övelgönne kommt Ida bekannt vor. Erst vor wenigen Monaten hat sie einen halbverhungerten Jungen in einem Hauseingang gefunden. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Heike brachte sie das Kind ins Kinderheim. Jetzt ist sich Ida fast sicher, dass es sich um denselben Jungen handelt. Bei der Obduktion der Leiche finden sich zahlreiche Spuren von Misshandlungen. Diese Grausamkeit und die schrecklichen Umstände machen Ida Rabe sehr zu schaffen. Sie muss einfach in diesem Fall selber ermitteln. Sie muss mehr über das Leben des Kindes erfahren. Auf ihrer inoffiziellen Suche nach den Hintergründen stösst Ida auf einen sogenannten Wunderheiler. Er hat sich mit seinen Anhängern auf der Elbinsel Waltershof niedergelassen. Es gibt Hinweise, dass der tote Junge zu dieser Gruppe gehört haben könnte. Ida versucht nun, sich inkognito in die Gruppe einzuschleusen. Noch ahnt sie nichts von dem Verrat und der Gefahr, in der sie sich befindet.

Mit vollem Einsatz

«Alter Zorn» ist bereits der dritte Band der Autorin Lea Stein. Ihre Hauptfigur, Ida Rabe, ist eine der ersten weiblichen Polizeibeamtinnen im Hamburg der späten 1940er Jahre. In dieser von Männern dominierten Welt haben Frauen keinen wirklichen Platz. Ausser im Heim und am Herd. Das wird deutlich, als Idas Vorgesetzter sie in ihr Kellerbüro schickt, um dort Knöpfe anzunähen. Aber da kennt er Ida schlecht. Hat sie erst einmal eine Spur aufgenommen, ist sie nicht mehr zu stoppen. Und gerade dieser Fall geht ihr unter die Haut. Was sie bei ihren Ermittlungen herausfindet, lässt einem die Haare zu Berge stehen. Und dass alte Seilschaften aus der Kriegszeit weiter bestehen und sich die Akteure gegenseitig decken, bringt Ida zum Kochen. Und so ermittelt sie akribisch und unbeirrbar unter hohem Risiko weiter.

Lea Stein rückt ihre Hauptakteurin in diesem dritten Band noch etwas mehr in den Vordergrund. Dennoch fliessen Beschreibungen der zerstörten Stadt Hamburg und ihrer Bewohner mit ein. Die immer noch grosse Not nach dem Krieg ist spürbar und prägt die Menschen. Vor diesem Hintergrund ist die Geschichte zu sehen. Und genau diese Sicht darzustellen, ist der Autorin sehr gut gelungen. Vor allem im ersten und im letzten Teil findet die Autorin eine gute Balance zwischen Spannung und Emotionen. Im Mittelteil verliert sich Lea Stein allerdings in Wiederholungen, die den Lesefluss hemmen. Insgesamt ist die Lektüre aber unterhaltsam und empfehlenswert.

Fazit

Lea Stein gelingt es sehr gut, die Atmosphäre der Nachkriegszeit und die Not der Bevölkerung einzufangen. Dabei gewährt sie faszinierende Einblicke in die damaligen Arbeitsmethoden der Polizei und zeichnet ein eindrucksvolles Gesamtbild. Die eigenwillige und gerechtigkeitsliebende Ida Rabe spielt dabei eine zentrale Rolle, während historisch belegte Ereignisse die Grundlage für die Erzählung bilden. Ein sowohl interessanter als auch spannender Lesestoff.

Alter Zorn

Lea Stein, Heyne

Alter Zorn

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