Es rappelt in der Kiste

  • Heyne
  • Erschienen: Dezember 2024
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Sabine Bongenberg
65°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2025

Viel Schönes um Kölns berühmtesten Friedhof - wenig Krimi.

Konrad Leisegang ist bei seiner Tätigkeit auf Melaten schon so einiges untergekommen. Da galt es immer wieder mal ein paar verwirrte Betrunkene ins "wahre Leben" zurückzuführen, da waren die Nickligkeiten zwischen ihm und seinen Kollegen und sicher waren da auch die vielen Ansprüche, die natürlich nicht von den "Beherbergungsgästen" des Friedhofs, so aber doch von ihren Besucherinnen und Besuchern gestellt wurden. Dennoch - für ihn ist es ein vollkommen neues Feld, als er bei Räumungsarbeiten eines Grabes einen Schädel findet, der hier gar nichts verloren hat und darüber hinaus auch eigenartige Verletzungen aufweist. Sicher lässt sich jetzt nach Lage und Art vermuten, dass er nicht gerade gestern abgelegt wurde, dennoch ist Konrads kriminalistisches Interesse geweckt. Unglücklicherweise hat er kaum Zeit dazu, diese Frage zu klären, denn kaum hat er diese Knochen gefunden, überschlagen sich auf dem Melatenfriedhof die Ereignisse. Ehe er sich versieht, findet sich Konrad mit seinem selbsternannten zehnjährigen Gehilfen Martin mitten in einem Dickicht aus Einbrüchen, verwechselten Körpern in der Rechtsmedizin, kolumbianischen Killern und nicht zuletzt mysteriösen Todesfällen.

Einiges los - am Ort der Ruhe

Thomas Krüger dürfte vielen schon als Autor der "Entenkrimis" um "Erwin Düsedieker" bekannt sein. Als Schauplatz für sein jüngstes Werk wählte er jetzt den berühmtesten Friedhof Kölns und lässt hier einen bunten Reigen von Personen auftreten. Da sind zunächst die beiden Helden, der Friedhofstgärtner Konrad Leisegang und sein leider oft nerviger Sidekick, der zehnjährige und mehr als altkluge Martin. Zu den beiden gesellen sich die fröhliche und manchmal etwas abgehobene Gesellschaft der Obdachlosen, die in einer kleinen Ecke des Friedhofs Asyl gefunden hat, dazu kommen die einzelnen Vertreter der Tai-Chi Gruppe, die hier ihre Übungen durchführt, verschiedene Geschäftsleute der anliegenden Straßen, die Gärtner, die Melaten pflegen und erhalten, die Gerichtsmediziner/*innen der nahen Rechtsmedizin und - last but not least - die ermittelnde Polizei nebst Bösewichten.  Allein wer das hier schon liest, dem wird auffallen, dass hier schon sehr viele Personen aufgezählt werden und für mich war das auch einer der Kritikpunkte dieses ansonsten schönen Cosy-Romans: Es sind einfach zu viele Personen und auch wenn sich der Autor bei jeder einzelnen offensichtlich Gedanken bei der Namensgebung wie Podolski, Schwaderlapp oder auch Rehbein gemacht hat, hätte ich mir hier manchmal etwas weniger gewünscht.

"Auf dem Friedhof benahmen sich sogar die Radfahrer. Meistens jedenfalls."

Der eigentliche Held der Geschichte ist ohnehin der Friedhof Melaten und hier gewinnt Krügers Roman seine besondere Größe. Er erzählt von seiner historischen Bedeutung, von seinen besonderen Gräbern, von der "Millionenallee" und nicht zuletzt - und das ganz besonders - von der großen Vielfalt seiner tierischen Bewohner. Besonders schön dargestellt wird das unter anderem am Fuchs "Socke", einem hart arbeitenden Vierbeiner, muss er doch nicht nur seine Frau sondern auch seine eigentlich schon erwachsenen Jungen durchfüttern. Wenn er über die Eigenarten der Menschen sinniert und ihnen mit großem Unverständnis gegenübersteht, ist das schon großes Kino.

Dennoch sollte ein Kriminalroman, der auch als solcher beworben wird, einen guten Krimi erzählen und hier schwächelt das Buch leider ein wenig. Die Handlung kommt nicht so richtig vorwärts, wirkt manchmal verworren und unklar, tritt auch für meinen Geschmack manchmal zu weit in den Hintergrund. Ich fragte mich auch ehrlich gesagt regelmäßig, warum die ermittelnde Polizei sich oft und gerne mit Friedhofsgärtnern oder zehnjährigen Schülern austauscht. Aber möglicherweise ist das auch dem heutigen Personalmangel geschuldet. Insgesamt hatte ich aber das Gefühl, dass in erster Linie Geschichten über den Melatenfriedhof erzählt werden sollen, die in den Rahmen eines Krimis eingebaut wurden und dass damit Letzterer zu kurz kam.

Fazit

Für Köln-Liebhaber*innen und vor allem Melateninteressierte hat Thomas Krüger ein lesens- und vor allem liebenswertes Werk erschaffen. Für reine Krimi-Liebhaber mag der Roman zu "Cosy" sein und zu wenig Spannungselemente beinhalten. Aber vielleicht es ist so, wie der Kölner letztendlich zu sagen pflegt "Et kütt, wie et kütt" (Es kommt, wie es kommt).

Es rappelt in der Kiste

Thomas Krüger, Heyne

Es rappelt in der Kiste

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