Der Traum vom großen Geld

  • Rowohlt
  • Erschienen: Januar 1969
  • 1
  • New York: Avon, 1960, Titel: 'The Big Gold Dream', Seiten: 160, Originalsprache
  • Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1969, Seiten: 154, Übersetzt: Wilm W. Elwenspoek
  • Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1987, Seiten: 187
  • Zürich: Unionsverlag, 1998, Seiten: 215, Übersetzt: Manfred Görgens
Der Traum vom großen Geld
Der Traum vom großen Geld
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Peter Kümmel
57°1001

Krimi-Couch Rezension vonAug 2003

Düstere Atmosphäre und ebenso düstere Figuren

Ende der 50er Jahre im New Yorker Stadtteil Harlem: Hunderte von Gläubigen haben sich wie immer versammelt, als Sweet Prophet Brown aus seinem Lautsprecherwagen predigt. Darunter auch Alberta Wright, die dem Wanderprediger zunächst ihren Traum schildert, in dem sie drei Apfelkuchen backt und jeder Kuchen mit Hundert-Dollar-Noten gefüllt war. Anschließend lässt sie sich von ihm taufen, erhält für 50 Dollar eine Brotkrume von ihm und lässt dann noch eine Flasche Wasser von ihm segnen. Nachdem sie die Brotkrume mit einem Schluck des gesegneten Wasser hinuntergespült hat, gerät ihr Körper in wilde Ekstase und sie bricht auf dem Platz zusammen. Der Helfer von Sweet Prophet stellt fest, dass Alberta tot ist und der Prediger versucht in Anbetracht dieser Katastrophe vor allem für sein Geschäft, den Aufruhr in Grenzen zu halten und lässt die Tote schnell von einem Bestattungsunternehmen wegbringen, bevor die Polizei eintrifft.

Als Albertas Mann Rufus die Nachricht von Tode seiner Frau, von der er getrennt lebt, erhält, hat er nichts Besseres zu tun, als Albertas komplette Wohnungseinrichtung für ein paar Dollar an einen jüdischen Geschäftsmann zu verscherbeln. Dieser entdeckt später in der Armlehne eines Sofas ein Bündel Tausend-Dollar-Scheine, woran er jedoch nicht lange Freude hat, denn er wird bereits in der folgenden Nacht auf seinem Grundstück erstochen. Aber auch Rufus wird ermordet aufgefunden. Ein kleines Mädchen hat beobachtet, wie eine weiß gekleidete Frau mit einem Messer vom Tatort weggelaufen ist. Die Polizei nimmt sofort die Verfolgung auf und kann die Frau festnehmen. Dabei handelt es sich um die angeblich verstorbene Alberta Wright.

Chester Himes' Protagonisten, die beiden farbigen Polizisten Grave Digger Jones und Coffin Ed Johnson ermitteln in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts im New Yorker Stadtteil Harlem. Dort werden Morde nicht wie in den üblichen Krimis über Spurensuche und Zeugenbefragung aufgeklärt, denn größtenteils handelt es sich bei der Bevölkerung um Kriminelle, von denen man sowieso nichts anderes als Lügen erfahren konnte. Also mußten die Cops sich auf ihre Spitzel verlassen oder sich durch Verhöre mit härteren Methoden ihre Informationen beschaffen.

In diesem speziellen Fall musste es um Geld gehen, da ein Jude ermordet wurde. Hätte es sich bei den Opfern ausschließlich um Farbige gehandelt, so hätte jeder beliebige kleine Streit das Motiv für einen Mord gewesen sein können.

Nicht gerade sympathische Figuren hat sich der Autor für seinen Krimi ausgedacht. Er zeigt dem Leser ein Bild von Haarlem, in dem es fast nur Kriminelle gibt. Mörder, Schläger, Zuhälter, Dealer, Diebe, Betrüger und Betreiber von illegalen Glücksspielen. Bei den weiblichen Charakteren handelt es sich meist um Prostituierte oder dem Alkohol verfallene Ehefrauen von Kriminellen. Weiße gibt es so gut wie gar nicht, und wenn, dann allenfalls als Leiche wie der jüdische Geschäftsmann. Auch die Cops Grave Digger und Coffin Ed, denen Himes die Rolle der Serienstars zugedacht hat, sind keineswegs Sympathieträger. Allenfalls können die Kleinkriminellen oder die geschundenen Ehefrauen noch als solche fungieren. Dadurch bleibt dem Leser nicht die Möglichkeit, sich in das Geschehen hinein zu versetzten, sondern er sieht es mehr als Betrachter von außen.

Himes hat einen wirklich düsteren Roman geschaffen, der auch meist zu nachtschlafenen Zeiten spielt. Dabei fällt oft gar nicht auf, welche Tageszeit gerade ist, denn ob Tag oder Nacht, das Leben pulsiert in Harlem. Und so befinden sich zahlreiche Personen auf der Suche nach dem großen Geld, von dem nur der Leser glaubt zu wissen, dass es überhaupt existiert.

Leider vermag der Autor wenig Spannung zu erzeugen, so daß man selten vom Geschehen gefesselt ist. Man muß sogar aufmerksam lesen, um nicht Personen und Orte der Handlung aus den Augen zu verlieren, denn Himes' Schreibstil ist nicht gerade dazu angetan, den Leser bei der Stange zu halten. Ein Stadtplan von Harlem wäre wirklich sehr hilfreich gewesen, um dem Geschehen von der 145th Street über die Seventh Avenue zur 155th Street und weiter durch Harlems Slums folgen zu können, denn diese und andere Wege werden sehr exakt beschrieben.

Zum Schluß geht dann alles etwas schnell: die bösen Buben bekämpfen sich gegenseitig, das Rätsel wird gelöst und die meisten erhalten eine verdiente Strafe, wenn auch nicht immer die richtige.

Fazit: Action zu Beginn, Action am Ende und viel Leerlauf in der Mitte mit der guten Darstellung einer düsteren Großstadtatmosphäre.

Der Traum vom großen Geld

Chester Himes, Rowohlt

Der Traum vom großen Geld

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