Wenn das Wasser steigt
- btb
- Erschienen: März 2025
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Neues von der spanischen Queen of Crime.
Dolores Redondo fand zwar schon als Jugendliche Gefallen am Schreiben, doch erst im Alter von 40 Jahren veröffentlichte sie endlich. Heute gilt die 56-Jährige als die spanische Krimikönigin. Mit ihrer Baztan-Trilogie rund um Amaia Salazar, die auch im Fernsehen sehr erfolgreich lief, begeisterte sie Krimifans weltweit. In ihren Werken verbindet Redondo Krimihandlung mit dem Leben im Baskenland, den Mythen, der Geschichte und natürlich dem Wetter. Immer spielt der Regen eine Rolle – so auch im vorliegenden Krimi, in dem die Jahrhundertflut von 1983 thematisiert wird, die u.a. große Teile von Bilbao verwüstete.
Noah sucht Bible John
Der junge schottische Polizist Noah Scott Sherrington ist herzkrank, sein Tod lässt wahrscheinlich nicht mehr lange auf sich warten. Doch das hindert ihn nicht, den Serientäter „Bible John“ weiterhin zu jagen. Sein Weg führt ihn nach Bilbao, wo er den Mörder junger Frauen vermutet. Mit Ausdauer beschattet er den Mann, den er für den Gesuchten hält. Dann kommen zwei ungeahnte Vorkommnisse ihm in die Quere: ein sintflutartiger Regen und die Liebe.
Die zweite Perspektive verhindert Spannung
Unterschiedliche Perspektiven können durchaus zur Erhöhung der Spannung dienen. Doch im vorliegenden Krimi passiert leider genau das Gegenteil. Immer wieder berichten „Der Junge“, der ganz eindeutig der gesuchte Mörder während seiner Kindheit ist, und der nunmehr erwachsene „Bible John“ selbst. Daher weiß man genau, was in der Vergangenheit der Auslöser für die grausamen Taten in der Gegenwart war und wo sich Bible John heute aufhält. Das macht die über 500 Seiten lange Lektüre zu einer zähen und wenig spannenden Angelegenheit. Die tägliche Beschattung durch Noah bietet wenig Abwechslung, weiß man doch schon, wie und wo der Hase läuft. Da können selbst die unverhoffte Verwicklung der IRA in den Fall und die laue Liebesgeschichte nichts mehr reißen. Der stets erhoffte Einfluss der Flut auf das Geschehen kommt dann erst ganz zum Schluss und ist weit weniger prägnant als durch den Titel vermutet. Das Ende setzt dem Ganzen dann noch die Krone auf und disqualifiziert den Thriller endgültig ins untere Mittelfeld.
Mehr erwartet
Nachdem ich zuerst mit Begeisterung die Baztan-Trilogie im Fernsehen gesehen und dann das Prequel zur Serie, „Todesspiel - Die Nordseite des Herzens“, verschlungen habe, war meine Erwartung an den neuen Thriller von Dolores Redondo hoch. Vielleicht zu hoch, denn dadurch ist sie ziemlich weit abgestürzt. Die Handlung zieht sich unendlich zäh dahin. Noah verfolgt den vermutlichen Bible John von Kneipe zu Kneipe, trinkt mal guten, mal schlechten Wein und schmachtet seine Angebetete aus seiner Ecke in ihrer Kneipe an. Es passiert einfach nicht viel. Zum Schluss nimmt das ganze etwas an Fahrt auf, doch da ist das Ende schon vorauszusehen. Der ziemlich seicht geratene Schluss beendet dann einen Thriller, der wenig begeisternd war, dafür aber ganz schon viel Zeit gekostet hat. Kleine Fehler, vielleicht durch die Übersetzung verursacht, vielleicht aber auch schon im Original zu finden, vermiesen das Lesevergnügen noch zusätzlich. Das auf Seite 102 erwähnte Handy dürfte es 1983 jedenfalls noch nicht gegeben haben.
Fazit
Ein Krimi, der bei mir leider nur wenig Begeisterung ausgelöst hat, der mit Bilbao aber immerhin ein kaum bekanntes Setting zeigt. Dolores Redondo kann es eindeutig besser, was mich die Hoffnung auf ihren nächsten Thriller nicht ganz aufgeben lässt. Und die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zum Schluss.

Dolores Redondo, btb
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