Die Strafe

  • Rowohlt
  • Erschienen: Dezember 2023
  • 2
Die Strafe
Die Strafe
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Thomas Gisbertz
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonDez 2023

Hubertus Borcks Kriminalromane sind nicht nur spannend, sondern stets am Puls der Zeit.

Ein bestialischer Feuerteufel scheint im spätsommerlichen Hamburg sein Unwesen zu treiben. Allerdings setzt er keine Häuser in Brand, sondern Menschen. Zunächst stirbt eine Frau im Müllkeller eines Hochhauses einen qualvollen Tod, als sie den Flammen wegen einer verschlossenen Tür nicht entkommen kann. Wenige Wochen später verbrennt ein erfolgreicher Rechtsanwalt in einem Bordell auf der Reeperbahn - eingesperrt in einen Käfig. Kurz darauf findet ein Automechaniker kopfüber hängend den Flammentod in seiner Werkstatt. Hauptkommissarin Franka Erdmann und Alpay Eloğlu vom LKA Hamburg rätseln, welche Verbindung es zwischen den Morden gibt. Doch eine Spur scheint es zu geben: Bei allen Opfern wurden Botschaften mit Leuchtschrift hinterlassen - dieselbe Farbe, die Klimaaktivisten bei einem Anschlag in den Kunsthallen verwendet haben. Wurden die Opfer verbrannt, weil sie Umweltsünden begangen haben? Wollte der Täter sie im Namen der Umwelt dafür bestrafen? Für Erdmann und Eloğlu beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, denn der Täter hat längst sein nächstes Opfer im Visier - und er ist dem ungewöhnlichen Ermittlerpaar näher, als sie denken.

Dritter Band der Erdmann-Eloğlu-Reihe

Autor Hubertus Borck, geboren 1967 in Lübeck, ist ein deutscher Kabarettist, Schriftsteller, Drehbuch- und Theaterautor. Er war viele Jahre der kreative Kopf des Hamburger Musik-Kabarett-Duos „Bo Doerek“. Borck arbeitet heute als Theater- und Drehbuchautor und schrieb u. a. für „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“, „Wege zum Glück“ und die NDR-Produktion „Rote Rosen“.

Der sympathische Wahl-Hamburger und Preisträger des Schreibwettbewerbs „Rowohlt Rotation“ legt nach „Das Profil“ (2022), dem großartigen Start seiner Erdmann-Eloğlu-Reihe, und der Fortsetzung „Die Klinik“ (2023) innerhalb von gut einem Jahr bereits den dritten Band vor. Trotz des hohen Schreibtempos sind die Romane durchweg lesenswert und äußerst spannend. Vor allem aber ist Hubertus Borck ein hervorragender Geschichtenerzähler, der einen feinen Sinn für Humor besitzt, den er auch im aktuellen Band immer wieder unter Beweis stellt. Des Weiteren bieten Borcks Romane viel Lokalkolorit, indem er seine Leser stets auf eine wilde Verfolgungsjagd quer durch Hamburg und Umgebung mitnimmt.

Gibt es eine Rechtfertigung für die Taten?

Der Rowohlt Verlag preist „Die Strafe“ als Roman für alle Fans von Sebastian Fitzek an. So verkaufsfördernd das auch sein mag, so wenig passend und zielführend ist dies. Borck ist kein Fitzek - und das ist gut so. Denn zwischen beiden liegen - ganz wertfrei - stilistisch und atmosphärisch Welten. Der Hamburger Borck müsste den Vergleich aber gar nicht scheuen. Seine große Stärke ist neben einem gewohnt spannenden sowie sehr wendungsreichen Plot die genaue, sehr differenzierte Figurendarstellung und seine inhaltliche Genauigkeit, ohne dabei jedoch die Handlung unnötig in die Länge zu ziehen. Vor allem zeichnen sich seine Romane aber durch ein authentisch wirkendes Ermittlerpaar und die gute Ermittlungsarbeit des gesamten Teams aus, die trotz notwendiger literarischer Abstriche äußerst glaubwürdig erscheint. Mehr noch: Die Figuren sind wunderbar geerdet, gewinnen zunehmend an Tiefe und entwickeln sich weiter. Stillstand kennt Borck zum Glück auch hier nicht.

Das große Plus der Reihe ist es aber, dass sie einen Mehrwert besitzt. Nachdem es im ersten Band um die Gefahren der Social Media ging, griff Borck im zweiten Teil den Pflegenotstand bzw. die Überbelastung des Pflegepersonals und die Profitmaximierung deutscher Kliniken auf. Diesmal geht es erneut um ein aktuelles gesellschaftliches Thema: der Einsatz der Klimaaktivisten. Aber Borck wäre nicht Borck, wenn er es dabei belassen würde. Denn auch „Die Strafe“ besitzt eine viel tiefer gehende Ebene. Dem Hamburger Autor sind die Täterfiguren ebenso wichtig wie die der Ermittler. Über allem schwebt die Frage: Was muss im Leben passieren, dass Menschen plötzlich vom Weg abkommen und zum Mörder werden? Borck liefert Antworten, bewertet aber nicht. Nähe zum Täter und gleichzeitig Distanz zu ihren Taten, das zeichnet die Romane des gebürtigen Lübeckers aus. So bleibt es wie immer in dieser Thrillerreihe letztendlich dem Leser überlassen, zu entscheiden, ob die Schicksalsschläge, die der Täter erleidet, als Rechtfertigung für seine Taten ausreichen.

Fazit

Hubertus Borck gehört spätestens mit seinem dritten Thriller zu den deutschsprachigen Autoren, die man nahezu blind kaufen kann und lesen muss. Auch „Die Strafe“ verbindet eine spannende, hintergründige Geschichte mit einem unterhaltsamen Ermittlerduo und einer Prise nordischem Humor. Dabei ist Borcks Schreibstil wunderbar flüssig und kurzweilig. Erdmann und Eloğlu sind längst das neue Kultermittlerteam aus Hamburg. Gerne mehr davon.

Die Strafe

Hubertus Borck, Rowohlt

Die Strafe

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