Fünf Frauen

  • Kampa
  • Erschienen: September 2023
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Monika Wenger
87°1001

Krimi-Couch Rezension vonDez 2023

Wenn nichts so ist, wie es zu sein scheint.

Während Kriminaldirektor a.D. Manz in der Kirche sitzt und sein Enkel das Gedicht „Wer bin ich?“ von Dietrich Bonhoeffer vorträgt, werden Erinnerungen an einen alten Fall wach.

Theater oder Wahrheit?

Manz und sein Kollege Borowski werden im Sommer 1983 an den Leberstieg in Berlin-Neukölln gerufen. Dort finden sie die Leiche von Pfarrer Busse. Allerdings liegt die Leiche, dem Verwesungsgeruch nach zu schließen, bereits seit mehreren Tagen in der Wohnung. Angeblich ist es den Bewohnern des Hauses nicht aufgefallen, dass der in höchsten Tönen gelobte Pfarrer seit beinahe einer Woche nicht mehr gesehen wurde. Für Manz und Borowski beginnt eine verworrene Tätersuche. Das Verhalten sämtlicher Mitbewohner mutet seltsam an. Die Aussagen scheinen vorher abgesprochen worden zu sein. Eigenartig ist außerdem, dass dem Toten ein Kissen auf das Gesicht gelegt worden ist. Da hat sich das Ehepaar Böhmer, Bewohner des Hauses, Zugang zur Wohnung verschafft, wie sich später herausstellt. Sie haben das Kissen aus Pietätsgründen auf die Leiche gelegt. Doch weshalb hat sich die Meldung an die Polizei derart verzögert? Und was hat es mit der ominösen AIDS-Stiftung auf sich, für die sich Pfarrer Busse so einsetzte?

Persönliche Rückblenden

Die ganze Geschichte um den toten Pfarrer und die Tätersuche wirkt nicht wie aus der Erinnerung erzählt, sondern es scheint, als ob sie direkt im Hier und Jetzt stattfindet. Matthias Wittekindt formuliert grandios und hält nicht nur den Moment fest, sondern beschreibt auch die Gedankengänge der beiden Kriminalisten. Dies führt gelegentlich zu herausfordernden Schachtelsätzen. Aber sie vermitteln ein wunderbar authentisches Bild und bewirken eine einzigartige Atmosphäre.

Unterbrochen werden Manz‘ berufliche Rückblenden durch private Ereignisse. Da werden Erinnerungen wach an die Abwesenheit seiner Ehefrau, die sich zu dieser Zeit intensiv ihrer Karriere widmete. Deshalb musste Manz damals, nebst dem Lösen des Falls, auch seine drei Töchter betreuen. Welch eine Herausforderung. Es sind genau die Veränderungen, die sich aus dem Perspektivenwechsel zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart ergeben, die den Roman so beleben. Ein besonderer, keinesfalls blutiger, aber spritziger Kriminalfall – eine Lektüre der besonderen Art.

„Und Sie sind nun ein Kommissar und versuchen genau das herauszufinden, was manchmal nicht mal die wissen, die doch eigentlich sie selbst sein sollten.“ […] „Ich glaube“, sagte Manz, nachdem nun auch er einen Moment lang überlegt hatte. „Da haben Sie das Problem meines Berufs sehr genau erfasst.“

Fazit

Ein Kriminalroman der speziellen Art. Es ist diese Mischung aus beruflichen und persönlichen Erinnerungen, die ein stimmiges Bild ergeben und Manz‘ Charakter so treffend zeichnen. Wunderbar durchdacht und deshalb einzigartig. 

Fünf Frauen

Matthias Wittekindt, Kampa

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