Die Marseille-Morde - Das tote Mädchen
- Lübbe
- Erschienen: Mai 2023
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Mobbing, Korruption und Corona in Marseille bilden den Auftakt zu einer neuen Serie.
Der Selbstmord der fünfzehnjährigen Emeline Bernier ist auf den ersten Blick nicht erklärbar. Bei näherem Hinsehen jedoch finden sich Hinweise, dass die Schülerin von ihren Mitschülern übel gemobbt wurde und demzufolge den Tod suchte. Die Ermittlerin Nadia Aubertin und der Staatsanwalt Pierre Frigeri untersuchen die Hintergründe, werden aber überraschend vom Fall abgezogen. Die verantwortlichen Jugendlichen und die Direktion der Schule, die sich bewusst desinteressiert gibt, scheinen einflussreiche Beschützer zu haben.
Ermittlerin und Staatsanwalt mit viel Engagement
Staatsanwalt Pierre Frigeri hat Hinweise erhalten, dass sich eine Schülerin des Lycées St. Christophe erhängt habe. Gemäss einer dürftigen Notiz in einer Marseiller Zeitung habe das Mädchen schon länger unter Depressionen gelitten. Nun weiss aber der Staatsanwalt aus zuverlässiger Quelle, dass in diesem Institut seit geraumer Zeit eine Clique ihr Unwesen treibt. Zu dieser Gruppe tyrannisierender Jugendlicher gehören auch Kinder einflussreicher Persönlichkeiten Marseilles.
Die Befragungen der Mitschüler durch die Ermittler verläuft entmutigend. Arrogant und gefühlskalt versuchen die Jugendlichen, die Befrager abzuwimmeln. Nachdenklich werden Nadia und Pierre auf Grund der einheitlichen Verhaltensweise der Mitschüler. Ihre Überheblichkeit und ihr Selbstbewusstsein, ohne dass sich auch nur die kleinste Spur von Mitgefühl zeigt, sind irritierend. Für Lieutenant Nadia Aubertin und Staatsanwalt Pierre Frigeri ist dennoch bald klar, dass nur ein überaus tragisches Ereignis Emeline zum Selbstmord getrieben haben kann. Als der Befehl ihrer Vorgesetzten eintrifft, die Ermittlungen einzustellen, sind sie absolut nicht einverstanden. Sie wollen diesen Fall unbedingt aufklären, verfolgen deshalb in ihrer Freizeit weiterhin jede mögliche Spur. Besonders wertvoll erweist sich in diesem Zusammenhang die Mithilfe verschwiegener Teamkollegen.
Polizeiliche Untersuchungen und Reisebericht zugleich
Anna-Maria Aurel beginnt ihren Roman gleich mit einem Paukenschlag – dem Selbstmord Emelines. Wie tragisch, dass sich im Umfeld der Familie und der Schule scheinbar niemand groß kümmert und das Ereignis als Folge von Emelines Depression akzeptiert. Umtriebige Ermittler finden aber schon bald Hinweise auf Mobbing in der Schule. Was jedoch genau an diesem bestimmten Tag passiert ist, muss in mühsamster Kleinarbeit ausgearbeitet werden. Das beschreibt die Autorin präzise und kenntnisreich. Die jeweiligen Kapitel erzählen aus wechselnden Perspektiven und ermöglichen so ein breites Spektrum an Eindrücken. Allerdings ist die Handlung vorhersehbar und spielt gezielt mit den Klischees von Gut und Böse.
Rund um die Ermittlungsarbeit lässt Anna-Maria Aurel viel südfranzösische Atmosphäre einfließen, so dass es sich manchmal wie ein Reisebericht anfühlt. Dies ist im Zusammenhang mit dem teils sehr belastenden Geschehen eine wohltuende Abwechslung.
Die vielen unterschiedlichen und gesellschaftskritischen Themen führen stellenweise dazu, dass das Ganze doch etwas überladen wirkt. Dasselbe gilt für die sich oft wiederholenden französischen Begriffe und Titel, und für Personen, Szenen und Ereignisse, die sich aus den unterschiedlichen Sichtweisen ergeben. Weniger wäre da mehr gewesen, ist aber vermutlich dem Eröffnungsband geschuldet, der die Schauplätze und Figuren detailreich ausleuchtet. Schlussendlich ist es aber einfach eine spannende und bemerkenswert aktuelle Lektüre als Einstieg in eine Serie.
Fazit
Marseilles Vielfältigkeit spielt neben den privaten Ermittlungen des Teams um Lieutenant Nadia Aubertin und Pierre Frigeri eine große Rolle. Die südfranzösische Atmosphäre wirkt im Hintergrund und begleitet sowohl das Berufs- wie auch das Privatleben der Hauptfiguren. Ein effektvoller Auftakt, der spannende Lesestunden verspricht.
Anna-Maria Aurel, Lübbe
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