Totes Moor

  • Ullstein
  • Erschienen: Januar 2023
  • 9
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Thomas Gisbertz
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2023

Gelungener Reihenstart um Ermittler Janosch Janssen

Janosch Janssen ist zurück. Zurück an den Ort seiner Jugend, seinen Heimatort Grimmbach, mit dem er dunkle Erinnerungen verbindet. Nachdem er vor drei Monaten aus Frankfurt zurückkehrte, um für seine Mutter da zu sein, lebt der Polizist wieder in seinem Elternhaus. Als er eines morgens von der Dienststelle in Fulda einen Anruf erhält, wird er schlagartig von seiner Vergangenheit eingeholt: Zwei Wanderer haben im Roten Moor die Leiche einer jungen Frau gefunden. Die Kriminalpolizei identifiziert diese wenig später als Matilda Nolte, die 2009 nach einer Abiparty spurlos verschwand. Für Kommissar Janosch Janssen ist die Entdeckung ein Schock: Matilda war seine heimliche Jugendliebe, sein Vater damals der Hauptverdächtige, der dem Druck der schonungslosen Ermittlungen nicht standhielt und Suizid beging. Um Matildas Mörder zu finden und die Unschuld seines Vaters zu beweisen, muss Janosch ausgerechnet mit Kriminaloberrätin Diana Quester zusammenarbeiten. Die Ermittlerin, die er für den Freitod seines Vaters verantwortlich macht.

Junger Autor vom Niederrhein

Über Autor und Werbetexter Lars Engels, Jahrgang 1992, ist wenig bekannt. Auf der Seite der Ullstein Buchverlage heißt es lediglich: „So oft wie möglich zieht es ihn vom Schreibtisch weg in die Natur, um neue Inspiration zu sammeln. Er lebt in Neuss, doch die Geschichten von der Moorlandschaft an der Rhön haben ihn schon immer fasziniert.“

Ein untypischer Polizist

Mit „Totes Moor“ gelingt Autor Lars Engels ein wohltuend unaufgeregter, aber nicht minder spannender Debütroman um einen jungen Kommissar, der mit seiner Vergangenheit nicht abschließen kann. Dabei ist der Protagonist Janosch Janssen alles andere als der geborene Polizist. Ganz im Gegenteil. Mit exakt einem Meter dreiundsechzig erreicht er soeben die einheitliche Mindestkörpergröße für Polizisten. Gerade so genügend: Diese Einschätzung zieht sich wie ein Fluch durch sein Leben. Der junge Kommissar, der mit seinen Pausbacken und den kastanienbraunen Locken an Tolkiens Auenlandbewohner erinnert, wirkt eher drollig als selbstbewusst und robust. Schon zu Jugendzeiten war er der Typ Junge, mit dem sich die Mädchen gerne unterhielten, aber der für sie wenig anziehend war.

Die Geister der Vergangenheit

Ein solches Mädchen war auch die getötete Matilda Nolte, die kurz nach einer Abifete, auf der auch Janosch ein letztes Mal mit ihr sprach, auf mysteriöse Weise verschwand. Das letzte Lebenszeichen von ihr war ein Notruf bei der Rettungsstelle Fulda. Matilda hatte in der Nacht einen Verkehrsunfall - ausgerechnet mit Janoschs Vater. Als die Polizei vor Ort eintrifft, ist das Mädchen verschwunden. Ein blutiges Messer ist die einzige Spur und Harald Janssen, der Inhaber eines Blumenladens, der einzige Tatverdächtige, lassen sich doch auch seine Fingerabdrücke am Messer finden. Die jetzige Kriminaloberrätin Diana Quester, Leiterin der Kriminalpolizei Fulda, war seiner Zeit mit dem Fall betraut und brauchte - von ihrem Vorgesetzten unter Druck gesetzt - einen schnellen Erfolg. Janonschs Vater, der stets seine Unschuld beteuerte, fühlte sich durch die Verhöre derart in die Enge getrieben, dass er sich das Leben nahm. Für Janosch ist klar, dass Quester hierfür verantwortlich ist.

Alte Wunden

Nun soll Janosch - auf ausdrücklichen Wunsch Questers - die SOKO bei der Klärung des Cold Case unterstützen. Der junge Kommissar muss sich damit auch seiner eigenen Vergangenheit stellen. Je tiefer Janssen sich mit den damaligen Ereignissen auseinandersetzt, umso deutlicher wird, dass einige Bewohner des Ortes etwas zu verbergen haben. Aber scheinbar traut sich selbst nach all den Jahren niemand, die Wahrheit zu sagen. Janssen quält besonders aus persönlichen Gründen die Frage, was damals wirklich geschehen ist.

Bei ihrer Suche nach dem wahren Täter reißt das Ermittlerduo alte Wunden auf, was nicht jedem im Ort zu gefallen scheint. Quester, die mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hat, muss ihren Kollegen Janssen nicht selten zurechtweisen und ihn in seiner stürmischen Art bremsen. Sie weiß sein kriminalistisches Gespür aber durchaus zu schätzen. Allerdings ist die Beziehung zwischen beiden Figuren nicht immer konsequent genug angelegt und Janssens Handlungsweisen nicht immer mit der eines Polizisten vereinbar.

Fazit

Lars Engels gelingt mit „Totes Moor“ ein starker Debütroman, der mit einem klug konstruierten Plot zu überzeugen weiß.Im Mikrokosmos von Grimmbach, einem kleinen Ort an der Rhön, entfaltet der Autor eine clevere Geschichte um Schuld, Verrat und Freundschaft. Es sind die leisen, nachdenklichen Momente, aus denen der Roman seine Stärken zieht, etwa wenn Janosch an seine Jugendzeit und den Tod seines Vaters denkt. Janssen ist ein Getriebener, der endlich mit seiner Vergangenheit abschließen muss und am Ende seine Heimat wiederfindet. 

Totes Moor

Lars Engels, Ullstein

Totes Moor

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