Die Hausboot-Detektei

  • Fischer
  • Erschienen: März 2023
  • 9
Die Hausboot-Detektei
Die Hausboot-Detektei
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Jörg Kijanski
65°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2023

Küchenchaos in Amsterdam

Arie Poepjes, Ex-Commissaris und Ermittler in Mordfällen, musste den Job quittieren, nachdem er seine Frau an ihrem Hochzeitstag mit einem anderen Mann in flagranti erwischte und diesem kurzerhand seine Dienstwaffe an den Kopf hielt. Seitdem ernährt er sich ungesund, hadert mit seinem Schicksal und sucht die Rettung in der Gründung einer Hausboot-Detektei. Immerhin, ein alter Kahn ist vorhanden, fehlen nur noch weitere Detektive. Diese sind bald gefunden, haben jedoch kleine Handicaps. Maddie ist vorbestraft wegen Körperverletzung, Jan (früher Janine) wegen Urkundenfälschung und Jack wegen der Manipulation von Spielautomaten. Allein Elin ist unbelastet, war bislang als Krimiautorin jedoch erfolglos. Eines haben die vier Mitstreiter von Arie allerdings gemein, denn sie haben keinerlei Ahnung von Detektivarbeit. Fachkräftemangel in Amsterdam. Was will man machen?

Zunächst ist dies nicht weiter schlimm, denn es gibt ja keine Aufträge. Woher auch, wenn niemand die Detektei kennt und diese keine Werbung macht. Also gemeinsam auf dem Hausboot abhängen, den trägen Hund namens Hund versorgen und sich vor allem um den kleinsten Mitbewohner kümmern: Fru Gunilla, ein Eichhörnchen, welches unlängst aus seinem Nest gefallen ist.

Dann die Überraschung. Ausgerechnet Spitzenkoch Gabriel Petit benötigt Hilfe, denn in wenigen Wochen sollen er und seine Konkurrentin Femke Baas ein Testessen für die Hochzeit der Tochter von Maarten van Lockhorst, einem schwerreichen Waffenhändler, kochen. Petit wie Baas sind die besten Köche in Amsterdam, haben jedoch schon länger keine Aufträge mehr und pfeifen daher finanziell aus dem letzten Loch. Der Auftrag für das Hochzeitsmahl dürfte finanziell, aber vor allem medial die Rettung bedeuten. Somit hat die Hausboot-Detektei ihren ersten Auftrag: Sie soll für Petit herausfinden, mit welchem Menü Femke Baas auftrumpfen will.

„Will das denn überhaupt jemand lesen? Der erste Fall für Amsterdams schrägste Detektei? Sofern wir hier überhaupt von einem Fall sprechen können.“ Eine berechtigte Frage von Arie in der Mitte des Romans.

Start der Hausboot-Detektei-Serie

Amy Achterop startet mit „Tödlicher Genuss“ eine neue Serie (Band 2 erscheint im September 2023) und ist womöglich einigen Krimifans unter ihrem richtigen Namen Heidi van Elderen bekannt, denn unter diesem hat sie bereits drei Kriminalromane veröffentlicht, die in Portugal spielen und mit dem Zusatz „Die saustarke Krimireihe aus Portugal“ beworben werden, was wiederum dem Polizeischwein Raquel geschuldet ist. Heidi van Elderen ist übrigens eine deutsche Journalistin und Autorin, geboren in Krefeld.

Wirft man einen Blick auf die Buchrückseite von „Tödlicher Genuss“ fällt auf, dass von einem toten Sommelier die Rede ist. Dieser ist vor Beginn der Handlung bereits tot, denn er wurde vor einigen Tagen aus einer Gracht gefischt, seine Identität ist inzwischen geklärt und Amy Achterop nutzt gleich eine der erstbesten Gelegenheiten, den Täter zu benennen, was keineswegs für zusätzliche Spannung sorgt. Stattdessen bilden sich die Möchtegerndetektive mit einer Agatha-Christie-DVD weiter und selbst Arie Poepjes lässt lange Zeit nicht erkennen, dass er mal als Commissaris tätig war. Nach rund der Hälfte des Romans tritt dann tatsächlich ein aktiver Polizist namens Wessel de Boer in Erscheinung, bei dem es sich um den früheren Partner von Arie handelt, den er unlängst im Bett seiner Ex-Frau vorfand.

Während die fünf Detektive sich noch überlegen, wie sie wohl an Femkes Menü für die Hochzeitsfeier gelangen, ergeben sich diverse Nickligkeiten zwischen den beiden Spitzenköchen, die mit harten Bandagen um den Erfolg kämpfen. Einblicke in die Sterneküche gibt es zwar nicht, dafür darf man sich an Maddies Schwester Isa, die ein wenig geistig zurückgeblieben ist, gleichwohl aber mit ihren Kommentaren für Aufsehen sorgt und natürlich an Fru Gunilla erfreuen. Es geht doch nichts über ein niedliches Eichhörnchen.

Nach zwei Dritteln des Buches folgt schier Unglaubliches: Eine Leiche wird gefunden, ausgerechnet in der Küche von Gabriel Petit. Danach überschlagen sich die Ereignisse in atemberaubender Weise und man erkennt, warum auf dem Buchcover das Wort Kriminalroman steht.

Fazit

Die Hausboot-Detektei wirkt wie eine Studenten-WG, deren Detektive in den Tag hineinleben und mangels Fachwissen durch die Handlung stolpern. Alle haben ihre Päckchen zu tragen, finden jedoch bald zueinander und reifen zu einer verschworenen Einheit. Wer keinen normalen Krimi mit konventionellem Aufbau, bestehend aus den drei Hauptbestandteilen „Verbrechen - Ermittlung - Aufklärung“ erwartet, findet eine durchaus sympathisch erzählte Krimilektüre, die sich selbst alles andere als bierernst nimmt. Wenngleich der Start etwas langatmig gerät, als sommerliche Strandlektüre einen Versuch wert.

Die Hausboot-Detektei

Amy Achterop, Fischer

Die Hausboot-Detektei

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