Das Sanatorium

  • Goldmann
  • Erschienen: Februar 2023
  • 10
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André C. Schmechta
79°1001

Krimi-Couch Rezension vonMär 2023

Eingeschneit mit einem mysteriösen Killer.

Ein imposantes Luxus-Hotel in den Bergen, das ein gewaltiger Schneesturm von der Außenwelt abgeschnitten hat. Nur wenige Gäste und Teile der Belegschaft verweilen noch an dem abgelegenen Ort mit unheimlicher Vergangenheit, der schon bald Schauplatz einer Mordserie ist.

Eine Polizistin ohne Job im Kampf gegen ihre eigenen Dämonen

Nein, das ist nicht die Fortsetzung von Stephen Kings Shining, sondern das in Großbritannien äußerst erfolgreiche Thriller-Debüt von Sarah Pearse. Sie entführt uns in die Schweizer-Alpen in ein ehemaliges Sanatorium. Hier wurden seinerzeit Patienten mit Tuberkulose beherbergt, bevor der Bau zu einem imposanten Hotel in gediegenem, sterilem Design umgestaltet wurde. Ein kostspieliges Prestigeobjekt, das bei den Einheimischen nicht unbedingt auf Gegenliebe stößt.

Auch Detective Inspector Elin Warner aus Großbritannien ist zusammen mit ihrem Lebenspartner Will angereist. Ihr Bruder Isaac hat zur Verlobungsfeier geladen. Doch nicht nur die sich dramatisch verschlechternden Wetterbedingungen, sondern vor allem ein seltsam maskierter Killer vermiest die Feierstimmung gehörig und sorgt für Angst und Schrecken. Elin Warner gerät schon bald in einen gewaltigen Strudel aus Lüge, Intrige und Mord. Und das, wo sie doch so sehr mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen hat.

Wesentlicher Bestandteil der Geschichte ist die besondere psychische Verfassung von Elin. Sie ist eine Hauptfigur, die man nicht unbedingt auf Anhieb ins Herz schließt. Ein traumatisches Kindheitserlebnis hat tiefe Spuren hinterlassen und belastet die Beziehung zu ihrem Bruder. Ihre Mutter ist kürzlich verstorben und ihr letzter Kriminalfall läuft gehörig schief. Elin wird daraufhin freigestellt und hat sich noch immer nicht entschlossen zu ihrem Job bei der Polizei zurückzukehren. Die Beziehungen zu ihren Mitmenschen - Partner Will eingeschlossen - gestalten sich entsprechend schwierig und selten durchweg harmonisch.

Auch wenn es eine Handvoll weiterer gut gezeichneter, allerdings auch nicht allzu markanter Charaktere gibt, Pearse schafft eine Figurenkonstellation, welche die Polizistin stets im Mittelpunkt hält. So gefällt auch zunächst die labile, reizbare und von Selbstzweifeln geplagte Hauptfigur mit ihren Ecken und Kanten, die versucht, zurück in ein normales Leben zu finden. Eine heldenhafte Polizistin, die abgeklärt im Alleingang den Killer stellen wird, sollte hier also niemand erwarten.

Pearse schreibt durchweg packend und hat das Tempo hervorragend im Griff. Kurze Kapitel, variierende Dynamik in den Dialogen und ein stetig steigernde Spannungsbogen fesseln an die Seiten. Geschickt werden Vergangenheit und Gegenwart verbunden. Da verzeihe ich auch mal etwas konstruierte Handlungsmomente und manch fragwürdig erscheinendes Verhalten. In nur wenigen kleineren Abschnitten sind wir bei den Opfern, erfahren von ihren Qualen. Pearse bemüht dabei aber gar nicht allzu viele grausige Details und lässt unser Kopfkino die restlichen Bilder erzeugen.

Am Ende möchte die britische Autorin aber dann doch etwas zu viel. Noch eine Wendung hier, eine weitere falsche Fährte dort, noch mehr schlimmes Unwetter und immer wieder die Erinnerung an Elins Vergangenheit, ihren Gemütszustand, die komplizierte Beziehung zu ihrem Bruder Isaac und ihrem Partner Will. Das wird mir dann gelegentlich doch überstrapaziert und gerät unnötig überzeichnet. Dann hat auch das abgelegene Hotel als perfekte Kulisse mit seiner besonderen Historie bereits an Faszination verloren. Und so enden die dramatischen Ereignisse in einem schlüssigen, aber doch eher wenig aufrüttelnden Plot.

Fazit

„Das Sanatorium“ ist ein atmosphärischer Pageturner, dem nur im letzten Drittel etwas die Luft ausgeht. Dennoch, Sarah Pearse gelingt mit ihrem ersten Thriller um Elin Warner ein vielversprechendes Debüt. Und es wird mit der eigensinnigen Polizistin weitergehen. „The Retreat“ ist im englischen Original bereits erschienen.

Das Sanatorium

Sarah Pearse, Goldmann

Das Sanatorium

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