Raum 211

  • Redrum
  • Erschienen: November 2021
  • 9
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Marcel Zenk
90°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2022

Zurzeit der beste Newcomer

Gibt es einen freien Willen? Hat ein Mensch die Entscheidung zu einer Straftat im Gehirn bereits getroffen, bevor er sich bewusst dazu entscheidet sie zu begehen? Wenn das stimmen würde, gäbe es keinen freien Willen und der Straftäter wäre auch nicht schuldfähig, denn er kann sich gar nicht gegen die Tat entscheiden.

Um dieses Thema geht es in diesem hochspannenden Thriller des jungen Autoren-Talents.

Ein bahnbrechendes Experiment

Im Jahr 2026 findet auf einer beinahe verlassenen Ostseeinsel ein geheimes Experiment von Regierung und Pharmaindustrie statt, welches dieser Frage nachgeht. Die Probanden sind Straftäter, die eigens dafür auf die Insel verlegt wurden. Bis auf eine kleine Gruppe Widerständler um Gunnar und seine Freunde befinden sich keine Bewohner mehr auf der Insel. Alex, ein junger Sozialarbeiter, der gerade erst sein Studium beendet hat, betreut als Bewährungshelfer das Experiment. Er lernt Tammy kennen, die sich mit einer grausamen Tat an ihrem untreuen Ex-Freund gerächt hat und nun als Probandin Teil des Experiments ist. Doch bevor das Experiment so richtig ins Rollen kommt, gibt es den ersten Toten und Gunnar und Alex werden misstrauisch.

Dystopisch und mit viel Intelligenz

Ich schlage das Buch auf und mir begegnet eine Mischung aus einem hochinteressanten Thema, wohldurchdachten Charakteren und einem hervorragenden Schreibstil. Dieses Muster zieht sich durch das gesamte Buch. Besonders gut gelungen finde ich die Art und Weise wie Riepegerste die Geschichte darstellt. Die kurzen und knappen Kapitel widmet er jeweils seinen Charakteren, verleiht ihnen klare Konturen und stellt ihre Interessen und Gefühle vor. Es ist das Vorspiel für das das große Aufeinandertreffen der Figuren. Im Anschluss daran vereinigt sich eine hochexplosive Spannung mit einer dystopisch–düsteren

Inselatmosphäre.

Der Täter als Mensch

Marcel Riepegerste ist selbst laut seiner Website als Sozialarbeiter und Sozialpädagoge sowie Bezugstherapeut in einer forensischen Psychiatrie, einer Hochsicherheitseinrichtung für gefährliche psychisch kranke Straftäter, tätig. Somit weiß er etwas über menschliche Abgründe, was sich in seinen Charakteren widerspiegelt. Für Tammy, die eine brutale Tat begangen hat, sowie für Manfred, dessen Tat abscheulich ist, spüre ich sowohl Abneigung als auch Sympathie. Riepegerste zeigt, dass hinter dem Täter auch ein Mensch mit tiefen seelischen Wunden steckt. Eine derartiges Täterverständnis und Ambivalenz der Gefühle kann in mir sonst nur der (große) Schriftsteller Ferdinand von Schirach auslösen. Das mag etwas heißen.

Das Ende des Buches finde ich gut gelungen, es werden nicht alle Fragen beantwortet, insofern also ein halboffenes Ende. Umso mehr freut es mich, dass es für diesen Thriller eine Fortsetzung geben wird, die voraussichtlich dieses Jahr erscheinen wird.

Fazit

Ein Buch zum Verschlingen. Riepegerste erzählt nicht nur lebendig und auf eine hochintelligente Art und Weise, er reißt den Leser in eine Welt aus der er nicht mehr entkommen kann. Ein rundum überzeugendes Debüt!

Raum 211

Marcel Riepegerste, Redrum

Raum 211

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