Die toten Mädchen vom Monte Argento

  • Heyne
  • Erschienen: Dezember 2022
  • 2

- Übersetzung: Janine Malz

- Originaltitel: "Le segnatrici"

- Paperback, Klappenbroschur

- 432 Seiten

Die toten Mädchen vom Monte Argento
Die toten Mädchen vom Monte Argento
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Carola Krauße-Reim
48°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2023

Wenig spannendes Krimi-Debüt

Sara kommt zurück in ihr abgelegenes Heimatdorf im nördlichen Apennin, das sie seit Jahren meidet. Grund dafür ist die Beerdigung ihrer Freundin Claudia, die vor mehr als zwanzig Jahren verschwand und deren Überreste man nun endlich fand. Was geschah damals mit Claudia? Diese Frage hat Sara in der Vergangenheit nie losgelassen und stürzt jetzt erneut auf sie ein. Als kurz darauf ein weiteres Mädchen aus dem Dorf vermisst wird, muss Sara handeln und herausfinden, was den toten Mädchen vom Monte Argento passiert ist.

Eine schreibende Lektorin

Emanuela Valentini legt mit „Den toten Mädchen vom Monte Argento“ ihren ersten Kriminalroman vor. Ihre bisherigen Veröffentlichungen fanden zwar in Italien bemerkenswerten Anklang, doch dieser Krimi ist ihr erstes auf Deutsch erschienenes Buch. Valentini lebt in Rom, hat jedoch familiäre Beziehungen nach Norditalien und in den südlichen Apennin. Sie kennt also die Berge, ihre manchmal einsamen Dörfer und die waldbedeckten Hänge. Da ist es nicht verwunderlich, dass sie ihren ersten Krimi in einem abgelegenen Ort zwischen den Hängen des nördlichen Apennins spielen lässt. Als freie Lektorin sollte sie wissen, wie wichtig ein schlüssiger Plot ist und, wie man Sprache einsetzt um Atmosphäre und Spannung zu schaffen. Daher bin ich von der Umsetzung umso enttäuschter.

Ein eher fragwürdiger Plot

Sara ist eine sehr engagierte Chirurgin in Bologna. Da trifft es sich schon sehr gut, dass sie ausgerechnet als das kleine Mädchen verschwindet, quasi gezwungen wird endlich einmal Urlaub zu nehmen. Das wäre als passender Zufall noch hinzunehmen. Wenn dann allerdings Sara schnellstens ins heimatliche Dorf zurückkehrt, dass sie eigentlich hasst und dem sie nur noch entkommen will, wird die Sache schon unglaubwürdiger. Als sie schließlich auch noch die Einzige ist, die zu Ergebnissen gelangt, während Unmengen von Polizisten und Freiwilligen lediglich eine Suchaktion nach der anderen unternehmen und natürlich weder das Kind finden, noch auf Saras Erkenntnisse eingehen, dann ist man wieder einmal da, woran schon viele Krimis gescheidert sind – bei einem viel zu unrealistischen und konstruierten Plot. Spannung ist dadurch bis zum Schluss kaum zu finden, auch wenn verkrampft wirkende Wendungen da wohl Abhilfe schaffen sollen. Das Ende nach über 400 Seiten schließt dann die wenig packende Geschichte zumindest zum Rest passend wenig spektakulär dafür umso konstruierter ab.

Klischees bestimmen das Buch

Schon die Handlung an sich ist wenig realistisch und zudem sehr mystisch belastet. Doch was das Buch scheitern lässt, sind die Klischees, die überall zu finden sind. Valentini beschreibt ein Dorf, das wie ein kleiner Kosmos für sich abgelegen inmitten von Bergen liegt. Die Stimmung ist düster, die Menschen hängen altem Volksglauben an, Heilerinnen sind immer noch aktiv und überhaupt scheint hier die Zeit still gestanden zu haben – mehr Klischee geht fast nicht. Mancher Nordic-Noir dürfte bei dieser Beschreibung als regelrecht rosarot erscheinen. In Borgo Cardo versinkt alles in abgrundtiefer Düsternis, selbst die Menschen, die als abergläubische Hinterwäldler mit eigenen Regeln dargestellt werden. Auch die übrigen Figuren sind wandelnde Stereotype. Natürlich ist es Saras Jugendclique, die eine große Rolle spielt: Emilia, ihr Gegenstück, ist gescheiterte Polizistin, die lieber raucht und Alkohol konsumiert, als auf ihr Äußeres zu achten und Marco, der auch Arzt ist, aber noch ganz der Dorfgemeinschaft verschrieben zu sein scheint. Beiden fehlt jegliche Individualität. Selbst Emilias Vorgesetzte sind natürlich wieder einmal passgenau arrogant und begriffsstutzig. Da darf die Nonna ebenfalls nicht aus der Rolle fallen und muss als fauchende Verteidigerin der Enkelin Leckereien in der heimeligen nach Kräutern duftenden Küche zaubern.

Fazit

Ein Debüt, dessen Plot an Realitätsferne krankt und Klischees zu oft bemüht werden. Wen das nicht stört und wer zudem gerne düstere Geschichten mit viel mystischem Einschlag liest und auf Spannung verzichten kann, könnte es aber mit „Den toten Mädchen vom Monte Argento“ probieren.

Die toten Mädchen vom Monte Argento

Emanuela Valentini, Heyne

Die toten Mädchen vom Monte Argento

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