Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar

  • KiWi
  • Erschienen: Februar 2022
  • 4
Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar
Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar
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Carola Krauße-Reim
50°1001

Krimi-Couch Rezension vonMär 2022

Kein neuer Stern am Cozy-Krimi-Himmel

Robert Thorogood ist vor allem als Drehbuchautor für die BBC-Serie „Death in Paradise“ bekannt geworden. Jetzt legt er mit „Mrs Potts‘ Mordclub und der tote Nachbar“ den Beginn einer Krimi-Reihe vor, die als „Simply wonderful: Der gute alte englische Krimi ist zurück“ beworben neugierig macht.

Die englische Provinz ist gefährlich

Die 77-jährige Judith Potts wohnt auf einem Villenanwesen in Marlow, einer kleinen Gemeinde an der Themse. Als ihr Nachbar erschossen wird, ist sie mit den Ermittlungen der Polizei unzufrieden und beginnt selbst nachzuforschen. Bald erhält sie Unterstützung von Hundesitterin Suzie und Pfarrersfrau Becks – der Mordclub ist geboren. Und er hat mehr als genug zu tun, denn bald geschieht ein zweiter rätselhafter Mord.

Miss Marple und Agatha Raisin lassen grüßen

Wenn man die Inhaltsangabe des Buches liest, fallen einem unweigerlich Miss Marple als ältere und Agatha Raisin als exzentrische Hobbydetektivinnen ein, die beide in einem idyllischen Häuschen in einem ebenso idyllischen Dörfchen wohnen. Und genau das sind auch die zwei Zutaten, die in einem Cozy-Crime den Ton angegeben: Schrullige Charaktere und gelungene Atmosphäre. Doch was in den Romanen von Agatha Christie und M.C. Beaton wunderbar funktioniert, bleibt im vorliegenden Buch teilweise auf der Strecke.

Marlow und der Mordclub

Thorogood hat es geschafft, die Atmosphäre einer kleinen englischen Ortschaft einzufangen: der Nachbar weiß über alles Bescheid; der Pfarrhaushalt spielt eine große Rolle und der Tearoom darf natürlich auch nicht fehlen. In Marlow kommt noch die Exklusivität der Themseanrainer mit ihren noblen Behausungen dazu. Das alles setzt das Kopfkino in Gang. Doch bei der Figurenzeichnung ist Thorogood zu eindimensional geblieben.

Die Charaktere sind zwar wahrlich originell genug, doch fehlt es ihnen an Tiefe und Vielschichtigkeit. Judith als ältere Dame badet nackt in der Themse und hält sich gerne mit einem grauen Cape warm; Suzie wohnt mit ihren Hunden in einer Dauerbaustelle und fährt einen Schrotthaufen, der einmal ein Transporter war und Pfarrersfrau Becks ist putzsüchtig und hat zusätzlich mehr als eine Neurose. Jede der Damen bewegt sich allerdings ausschließlich innerhalb dieser Typisierung, was die Glaubwürdigkeit untergräbt. Und eine Entwicklung ist leider auch kaum zu sehen, was die Bindung der Leserschaft an die Geschichte wenig fördert.

Ein Roman ist kein Drehbuch

Bei einem Drehbuch liegt der Fokus auf der Handlung und naturgemäß nicht auf den Gedanken oder Empfindungen der Figuren. Doch was in einem Film wunderbar funktioniert, kann für ein Buch den Todesstoß bedeuten. Diesen Fehler hat Drehbuchautor Thorogood leider begangen. Seine Geschichte wird nur durch den Ablauf der Handlungen erzählt, eine emotionale Komponente fehlt völlig. Was in den Köpfen der Figuren abläuft, was sie empfinden, welche Ängste oder auch nur Gedanken sie haben – alles bleibt verborgen. Selbst als sich Judith in höchster Gefahr befindet, wissen wir nur sehr rudimentär was sie denkt. Das belässt die Leserschaft in der Rolle der Beobachter, ein Eintauchen in den Krimi ist damit kaum möglich. Das wiederum schmälert die Spannung, auch wenn Thorogood zu einem fulminanten Showdown ausholt Der Schluss allerdings ist ebenso unrealistisch, wie der Plot überhaupt, denn die Lösung wurde schon mehr als einmal bemüht.

Fazit

Robert Thorogood verpasst die Chance eine weitere spannende Cozy-Crime-Serie zu starten. Zwar sind die Charaktere schrullig und die Atmosphäre englisch genug, doch die Geschichte wirkt konstruiert, die Figuren halten die Leserschaft auf Abstand und die Spannung köchelt dadurch auf Sparflamme.

Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar

Robert Thorogood, KiWi

Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar

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