Leichenschilf

  • Blanvalet
  • Erschienen: April 2022
  • 2

- Kristoffer Bark 1

- Übersetzung: Susanne Dahmann

- Originaltitel: "Dotter saknad (Kristoffer Bark 1)"

- Taschenbuch, Klappenbroschur

- 496 Seiten

Leichenschilf
Leichenschilf
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Thomas Gisbertz
68°1001

Krimi-Couch Rezension vonApr 2022

Ein klassischer Schweden-Krimi

Jedes Jahr am Karfreitag schreitet Mordermittler Kristoffer Bark am Ufer des Hjälmarensees entlang. Er sucht nach seiner Tochter - vergeblich. Denn vor fünf Jahren verschwand Vera am Abend ihrer Junggesellinnenfeier spurlos, nachdem sie auf den See hinaus gerudert war. Ihre Leiche wurde nie gefunden. Bark hat nicht nur seine Tochter verloren, sondern auch seine Frau Ella an den Alkohol. Inzwischen sind beide geschieden und Barks einziger Lebensinhalt ist die Suche nach Vera. Als nun eine Tote auftaucht, die seiner Tochter verblüffend ähnlichsieht, lässt ihm die Vorstellung, dass beide Fälle miteinander verknüpft sind, keine Ruhe. Obwohl ihm bei der Polizei niemand Glauben schenkt, lässt sich der hartnäckige Ermittler nicht abwimmeln. Zu Recht, denn die Wasser des Hjälmaren verbergen mehr als ein einziges Verbrechen und Kristoffer Bark setzt alles daran, diese aufzudecken.

Suche nach einem Serientäter

Die Ermittlungen im Fall der vermissten Vera wurden vor zwei Jahren offiziell eingestellt. Die meisten Anwohner des Sees sind der Ansicht, dass die junge Frau genauso wie ihre beste Freundin Matilda, die in der verhängnisvollen Nacht im selben Boot saß, ertrunken ist. Aber ohne Beweis kann Bark diesen Gedanken nicht akzeptieren. Der Ermittler reagiert zunehmend aggressiv und impulsiv seinen Mitmenschen gegenüber. Deswegen ist er für die Mordkommission, für die er jahrelang gearbeitet hat, nicht länger tragbar. Er wird in die Abteilung für Cold Cases versetzt. Doch gleich der erste Fall weist starke Parallelen zu Veras Verschwinden auf: Eine junge Frau wurde zuletzt vor zwei Jahren gesehen, die letzte Spur führt an den Hjälmaren, auch ihre Leiche wurde nie gefunden - und sie sieht Vera zum Verwechseln ähnlich...

Schwedische Bestsellerautorin

Anna Jansson wurde 1958 auf Gotland geboren, wo auch all ihre Bücher spielen. Große Bekanntheit erlangte die Schwedin durch ihre Kriminalromane über Kommissarin Maria Wern von der Kripo Gotland, die weltweit fast zwei Millionen Mal verkauft wurden und außerdem als Fernsehserie sehr erfolgreich waren. Nach mittlerweile 21 Bänden, von denen allerdings nur fünf in Deutschland in nicht chronologischer Reihenfolge bei diversen Verlagen erschienen (und nur noch antiquarisch zu erwerben sind), ruht die Serie seit 2019.

Gleichzeitig begann Anna Jansson mit der Arbeit an ihrem neuen Projekt: der Kommissar-Bark-Reihe. Der erste Teil „Leichschilf“ erscheint nun bei Blanvalet.  Mit ihrem Lebensgefährten lebt Jansson in der Nähe der mittelschwedischen Stadt Örebro, wo auch ihre Reihe um den Kriminalkommissar Kristoffer Bark spielt. „Witwenwald“, der zweite Band der Reihe, erscheint am 16. November 2022.

Altbekanntes statt Neues

Anna Jansson ist eine erfahrene Autorin und versteht ihr Handwerk. Ihr gelingt ein solider Start der neuen Reihe mit authentischen Figuren und mit zum Ende hin durchaus überraschenden Wendungen. Allerdings wirkt vieles auch zu routiniert und dadurch zum Teil wie ein Kriminalroman aus den 90er-Jahren.

Dies betrifft vor allem die Figurendarstellung, insbesondere Kristoffer Bark. Traumatisiert durch den mysteriösen Verlust seiner Tochter Vera ist er aufgrund seines aggressiven und unkontrollierbaren Verhaltens eigentlich längst nicht mehr für den Polizeidienst tragbar. Dies erkennt nach fünf Jahren (!) auch seine Chefin und verdonnert ihn zu Stunden bei einer Psychotherapeutin. Seine Ex-Frau Ella ist drogen- und alkoholabhängig und gefühlt sämtliche Anwohner am Hjälmarensee haben irgendwann ein Familienmitglied auf tragische Weise verloren. Die düstere Stimmung, die Jansson zu erzeugen versucht, erinnert an klassische skandinavische Spannungsliteratur und besitzt einen leicht angestaubten Charme. Damit grenzt sich die Reihe (noch) zu wenig von anderen Krimiserien aus dem Norden, aber auch von Janssons bekannten Gotland-Serie ab.

Neue Cold-Case-Einheit

Wie schon bei den Fällen von Maria Wern nimmt sich die Autorin viel Zeit für ihre Figuren, deren Privatleben und Probleme, was eher für ein behäbiges Erzähltempo und eine häufige Unterbrechung des Spannungsbogens sorgt, da der Roman dadurch zahlreiche Nebenhandlungen erhält. Trotzdem bleibt die Figurendarstellung zu oberflächlich und teilweise zu schablonenhaft. Dies gilt insbesondere für das neue Team der Cold-Case-Gruppe. Von einem unerfahrenen, aber überheblichen Polizeianwärter, über einen fünffachen Familienvater, der nur unregelmäßig Dienst schiebt, bis hin zu einer Kriminalinspektorin, die einen Zusammenbruch erlitt und im ganzen Roman kein einziges Mal auftaucht, ist hier eine große Bandbreite unterschiedlicher Charaktere vertreten - oder anders gesagt: eine Gruppe, von der eigentlich kein einziges Mitglied mehr im Polizeidienst sein dürfte.

Fazit:

Anna Jansson gelingt ein unaufgeregter, nach zähem Start erst allmählich spannend werdender Roman, der aber erst zum Ende hin wirklich zu überzeugen weiß. Wer die Maria-Wern-Reihe mag, der wird aber sicherlich auch die Fälle um Kommissar Kristoffer Bark gerne lesen.

Leichenschilf

Anna Jansson, Blanvalet

Leichenschilf

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