Die tote Lady

  • Goldmann
  • Erschienen: Oktober 2021
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- OT: In the Crypt with a Candlestick

- aus dem Englischen von Sonja Hauser

- TB, 320 Seiten

Die tote Lady
Die tote Lady
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Carola Krauße-Reim
50°1001

Krimi-Couch Rezension vonDez 2021

Leider eine Enttäuschung

Hochbetagt stirbt der wenig beliebte Sir Ecgbert Tode auf seinem Anwesen Tode Hall. Seine wesentlich jüngere Witwe will sich nach Jahren des aufopfernden Arbeitens für Herrenhaus und Familie nach Capri zurückziehen, doch ihre drei Kinder sind alle ungeeignet ihren Platz einzunehmen. Die Lösung ist ein entfernter Verwandter, doch kaum ist der da, findet man Lady Tode tot im Mausoleum der Familie auf.

„Ein Herrenhaus-Krimi“...

…so wurde „Die tote Lady“ angepriesen. Für einen guten Cozy-Krimi immer zu haben, war ich gespannt auf die Geschichte und als ich auf dem Cover auch noch „Ein cleverer und humorvoller Kriminalroman voll britischem Charme“ las, habe ich mich gleich mit Vorfreude auf die Lektüre gestürzt. Doch, was Daisy Waugh – Kolumnistin, Autorin zahlreicher Bücher und Tarotkartenlegerin - hier abliefert, ist sehr enttäuschend. Die Autorin wirbt damit die Enkelin von Evelyn Waugh („Wiedersehen in Brideshead“) zu sein, doch sein Talent hat sie scheinbar nur sehr rudimentär geerbt, denn dieses, ihr erstes auf Deutsch erschienenes Buch, überzeugt nicht wirklich.

Ein riesiges Herrenhaus in Yorkshire

Cozy-Krimis leben weniger von einem komplizierten und ausgeklügelten Plot, als viel mehr durch eine Atmosphäre, die man für typisch englisch hält: Herrenhäuser in heimeligen Örtchen voller reetgedeckter Cottages, ein kuscheliges Pub, täglicher Afternoon-Tea und natürlich der Sherry vor dem Dinner mit Yorkshire-Pudding und einem köstlichen Roast – das sind einige Zutaten, die nicht fehlen sollten. Auf die greift auch die Autorin zurück, wenn sie Tode Hall als fast monströs großes Anwesen skizziert, das in manchen Bereichen schon ein wenig baufällig ist und von Touristenscharen heimgesucht wird, mit deren Eintritt man allerdings den National Trust verhindern will. Man kann sich gut an diesen Ort versetzen, der das (sehr weitläufige) Heim einer Familie ist und gleichzeitig als Museum mit diversen Tearooms und Souvenirläden herhalten muss. Die Atmosphäre ist Waugh wirklich gut gelungen – alles andere leider weniger.

Die Figuren laufen ins Leere

Erst auf Seite 124 wird Lady Tode tot aufgefunden. Bis dahin sind so manche Figuren prominent eingeführt worden, bloß um nach ein paar Seiten nie wieder erwähnt zu werden. Für die sehr dürftige Charakterisierung der drei wenig talentierten Erben, hätten einige Sätze gereicht, doch gerade ihnen wird durch ständige Wiederholungen viel Raum gegeben. Anderen wiederum, wie Alice, die neue Verwalterin oder Butler Carfizzi spielen tragendere Rollen, sind aber so unzureichend beschrieben, dass sie kaum zu fassen sind.

Was dagegen alle Figuren auszeichnet, ist eine fast schon karikaturistische Überzeichnung, die allerdings so wenig überzeugend ist, dass sie eher zu simpel erscheint. Wenn dann auch noch der Geist einer längst verstorbenen Ahnin ganz selbstverständlich für alle an der Aufklärung des Falles mitwirkt, ist für mich der Bogen endgültig überspannt. Einzig Egbert (der ohne „c“) versucht halbwegs realistisch den Laden am Laufen zu halten und sich von seiner völlig überzogen dargestellten Gattin India nicht zu sehr in die wenig glaubhaft gezeichnete aristokratische Herrenhausbesitzer-Ecke schieben zu lassen.

Spannung gibt es nicht

Auch wenn, wie gesagt, Cozy-Krimis von der Atmosphäre leben, sind auch sie nur mit einem ausreichenden Maß an Spannung interessant. Die fehlt diesem Buch aber leider völlig - und das liegt nicht nur an der erst sehr spät aufgefunden Leiche der toten Lady. Eine packende Suche nach der Wahrheit hätte so manches genannte Manko ausbügeln können, doch auch hier versumpft alles in trivialen Dialogen und unrealistischen Handlungen. Und der ständige, aber doch etwas verkrampft wirkende Humor ist eher kontraproduktiv für die Leser-Bindung. Der gezwungen spektakulär aufgezogene Schluss, nach immerhin 400 Seiten, irritiert höchstens, passt aber in seiner Art zum Rest des Buches.

Fazit

Für Fans spannender Geschichten und auch für Cozy-Krimi-Liebhaber könnte „Die tote Lady“ eine Enttäuschung sein, denn lediglich die Beschreibung des ausgedehnten Anwesens ist der Autorin gelungen. Da sie das Buch allerdings als Beginn einer „Reihe von humorvoll-nostalgischen Kriminalromanen“ angekündigt hat, bleibt die Hoffnung, dass die nachfolgenden Bücher besser werden.

Die tote Lady

Daisy Waugh, Goldmann

Die tote Lady

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